„Hass auf Russland“ ist schwierig
Ein Nord-Stream-Befürworter verhandelt gerade für die CDU – er strebt eine Rückkehr zum russischen Gas an
VonLars-Eric Nievelsteinschließen
Ein CDU-Politiker plädiert dafür, dass Deutschland erneut Gas über Nord Stream bezieht. Allerdings gibt es Hindernisse.
Berlin – Nord Stream 2 steht wieder mitten im öffentlichen Interesse. Seit einigen Monaten sollen Kreml-Diktator Wladimir Putin und der US-Präsident Donald Trump über einen Kauf der Nord-Stream-Infrastruktur verhandeln. Weitere Infrastruktur, die russischen Konzernen gehört, könnte die US-Konzerne ebenfalls interessieren. Aus der CDU kam nun der Vorschlag, doch wieder russisches Gas durch Nord Stream fließen zu lassen.
„Natürlich kann Gas fließen“ – CDU-Mann schlägt Aktivierung von Nord Stream vor
Konkret geht es um den CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Bareiß. Dieser hatte über einen Beitrag auf der Plattform LinkedIn vorgeschlagen, die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zu reparieren und in Betrieb zu nehmen. „Natürlich kann dann auch wieder Gas fließen, vielleicht diesmal dann in einer Pipeline unter US-amerikanischer Kontrolle“, schrieb er dazu. Dieser Schritt könnte „Teil eines Trump-Deals“ mit Russland werden.
Dabei gehe es jedoch nicht darum, die Kriegskasse von Kreml-Diktator Wladimir Putin zu füllen. Man müsse „über diese Zeit hinaus“ denken, „wenn wieder Frieden herrscht“. Er finde „Hass auf Russland“ schwierig, hatte er gegenüber dem Südkurier gesagt. Am Dienstag (18. März) stand ein Telefonat zwischen dem US-Präsidenten Donald Trump und Putin bevor. Dabei planten die beiden Staatsoberhäupter, über einen eventuellen Waffenstillstand in der Ukraine zu diskutieren, wenn nicht sogar über ein mögliches Kriegsende.
Kritik nach Nord-Stream-Vorstoß – man kann Russland „nie mehr trauen“
Das hatte heftige Kritik aus verschiedenen Parteien nach sich gezogen. Bareiß‘ Parteikollege Ruprecht Polenz etwa warf ihm im Tagesspiegel vom Montag „eine völlig abwegige Einschätzung“ vor. Man könne Russland „nie mehr trauen“, und auf der anderen Seite des Atlantiks habe Trump „das Vertrauen in Amerika erschüttert“. In einem möglichen Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD müsse ausgeschlossen sein, „dass die Nord-Stream-Pipelines wieder in Betrieb genommen werden“.
Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth nannte den Vorschlag „das völlig falsche Signal zur völlig falschen Zeit“. Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter sprach von einer „skandalösen Aussage“. Und auch der Grünen-Politiker Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, warf Bareiß vor, sich mit seinem Vorstoß auf die falsche Seite zu stellen.
„Herr Bareiß ist Abgeordneter im Deutschen Bundestag und nicht in der russischen Duma oder im amerikanischen Kongress“, zitierte die Nachrichtenagentur AFP Kellner, der vorher mit dem Nachrichtenportal t-online gesprochen hatte. Es liege „im deutschen Interesse, sich von Energielieferungen aus Russland unabhängig zu machen und wichtige Energieinfrastruktur in den eigenen Händen zu halten“.
„Zertifizierung ist nicht vorgesehen“ – Regierung glaubt nicht an Nord Stream 2
Die Nord-Stream-Pipelines standen schon vor ihrer teilweisen Zerstörung seit vielen Jahren in der Kritik. Unter der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel habe sich Deutschland durch sie abhängig von russischen Gaslieferungen gemacht. Allerdings gilt es dabei zu beachten, dass Nord Stream 2 nie in Betrieb war – dafür war eine entsprechende Zertifizierung notwendig, die es nie gegeben hatte und auch bis heute (Stand 18. März 2025) nicht gibt.
Pro-Kreml-Stimmen werfen genau das der Regierung immer wieder vor. Deutschland könnte billiges russisches Gas beziehen, wenn diese Zertifizierung nur erfolge. Auf eine AfD-Anfrage hin, warum die Bundesregierung die Zertifizierung nicht liefere, sagte der Staatssekretär Dr. Philipp Nimmermann am 7. November 2023: „Eine Zertifizierung der Nord-Stream-2-Pipeline durch die Bundesregierung ist nicht vorgesehen. Russland hatte bereits vor der Zerstörung der Nord-Stream-1-Pipeline die Belieferung mit Erdgas über die Nord-Stream-1-Pipeline eingestellt und bestehende Alternativen, wie das ukrainische Gastransitsystem und die Jamal-Pipeline über Polen, nicht für den Gastransport nach Deutschland bzw. Europa genutzt.“
Dementsprechend teilte die Regierung mit, es sei „nicht davon auszugehen“, dass Russland die Belieferung mit Erdgas wiederaufnehmen würde, sobald Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen an den Pipelines abgeschlossen wären.
Keine Gaslieferungen aus Russland – Nord Stream 2 als neues Kreml-Druckmittel?
Das alles bedeutet: Selbst, wenn Nord Stream 2 eine Zertifizierung erhalten sollte, würde es immer noch an den Launen des Kremls liegen, ob jemals Gas durch die Pipeline fließt. Schon damals hatte Putins Regierung verschiedene Gründe dafür vorgeschoben, dass die Gaslieferungen nicht stattfinden.
„Ab dem Frühjahr 2022 wurde die Gasversorgung ohne Grund immer mehr zurückgefahren“, hatte eine Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf Anfrage von IPPEN.MEDIA mitgeteilt. „Russland hat die Gasversorgung einseitig und ohne rechtliche Gründe eingestellt.“ Deutschland und viele andere EU-Staaten hatten sich seit 2022 bemüht, sich von russischen Gaslieferungen zu lösen. (laernie mit afp)
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