Wer muss blechen?
Weniger Netto vom Brutto: Folgen Rentenpläne von Union und SPD für Steuerzahler
VonBona Hyunschließen
Mehrere Rentenreformen sind von Union und SPD geplant. Einige dieser Vorhaben könnten teuer ausfallen. Aber wer wird schlussendlich die Kosten tragen?
Berlin – Es gibt kein Thema, was Politik und Gesellschaft derzeit so beschäftigt, wie die Rente. Immer mehr Babyboomer gehen in Rente und die Zahl der Beitragszahler sinkt. Die Union und SPD haben im Koalitionsvertrag diverse Vorhaben festgehalten, um das Rentensystem zu verbessern. Bereits jetzt ist klar: einige Pläne werden sicherlich teuer.
Union und SPD planen Änderungen bei der Rente – Mütterrente und Rentenniveau im Visier
Zunächst eine Übersicht der wichtigsten Punkte, was SPD und Union bei der Rente planen (nicht vollständig):
- Rentenniveau stabilisieren: Das Rentenniveau soll bis 2031 bei 48 Prozent gesichert werden.
- Mütterrente anpassen: Die Mütterrente wird auf drei Rentenpunkte pro Kind erweitert, unabhängig vom Geburtsjahr des Kindes.
- Frühstart-Rente: Für jedes Kind in Deutschland zwischen 6 und 18 Jahren, das eine Bildungseinrichtung besucht, soll der Staat monatlich 10 Euro in ein privates Altersvorsorgekonto einzahlen. „Der in dieser Zeit angesparte Betrag kann anschließend ab dem 18. Lebensjahr bis zum Renteneintritt durch private Einzahlungen bis zu einem jährlichen Höchstbetrag weiter bespart werden“, heißt es im Koalitionsvertrag.
- Aktivrente: Alle Rentner, die freiwillig nach Erreichen des Renteneintrittalters weiterarbeiten, erhalten 2.000 Euro im Monat steuerfrei.
Nun stellt sich die Frage, wer die Vorhaben für die Rente finanzieren soll. Vor dem Hintergrund der Finanzierungsfrage gibt es schon länger Kritik– besonders an den Plänen für das Rentenniveau und der Mütterrente.
Finanzierung der Rentenpläne: Druck wächst – wer trägt die Kosten?
Die künftige schwarz-rot-Koalition will Mehrkosten für die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent und für Verbesserungen bei der Mütterrente aus der Staatskasse zahlen. Aktuelle Vorausberechnungen könnten zunächst ein wenig Entwarnung geben. Demnach würde das Sicherungsniveau erst zwischen 2029 und 2031 erstmalig unter 48 Prozent fallen – und zwar zunächst nur wenig, sagte Wirtschaftsweise und Rentenexperte Martin Werding dem Handelsblatt. „Die Kosten bleiben daher erst einmal begrenzt.“
Doch die Alterung der Gesellschaft setzt das Rentensystem künftig unter Druck. Experten befürchten, dass die Rentenpläne der Union und SPD künftig die Arbeitnehmer belasten werden. Die Pläne von Union und SPD für ein stabiles Rentenniveau und bessere Mütterrenten kosten nach Berechnung der Arbeitgeber bis 2031 rund 50 Milliarden Euro.
Finanzierung der Mütterrente und des Rentenniveaus: Experten verüben Kritik
Die Mehrausgaben für die Stabilisierung des Rentenniveaus soll mit Steuermitteln ausgeglichen werden. So steht es im Koalitionsvertrag. Eine Erhöhung des Rentenbeitrags schließen Experten trotzdem nicht aus. „Der Koalitionsvertrag lässt leider jegliche Anstrengungen vermissen, das Ausgabenwachstum in der Rentenversicherung zu begrenzen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, der Deutschen Presse-Agentur Mitte April 2025.
Schon in dieser Wahlperiode drohe ein Anstieg des Rentenbeitragssatzes von heute 18,6 auf mehr als 20 Prozent. „Das heißt noch höhere Arbeitskosten für die Arbeitgeber und noch weniger Netto für die Beschäftigten“, kritisierte Kampeter. Werding rechnete in der Wirtschaftswoche vor, dass der Satz ohne Zusatzkosten 2027 auf 19,7 Prozent steigen würde und bis 2035 auf 21,2 Prozent. Würde die Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent aus der Rentenkasse bezahlt, läge der Beitragssatz 2035 nach seinen Berechnungen noch einmal 0,4 Punkte höher.
Auch mit der Mütterrente gehen Experten hart ins Gericht. Mehrkosten von etwa fünf Milliarden Euro im Jahr werden von der geplanten Verbesserung der Mütterrente erwartet. Und auch dieses Geld soll aus der Staatskasse kommen. Kampeter übt dennoch Kritik. Das führe lediglich dazu, dass die Beitragssätze „nicht noch stärker anwachsen als ohnehin”, sagte er. Die geschätzten Ausgaben von fünf Milliarden Euro pro Jahr würden an anderer Stelle fehlen. „Die zusätzliche Mütterrente hätten die Koalitionäre sein lassen sollen“, kritisierte Kampeter.
Finanzierung der Rente in Gefahr? Es gibt auch Entwarnungen
Generell bleibt die langfristige Finanzierung der Rente im Koalitionsvertrag vage. „Nur eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik, eine hohe Beschäftigungsquote und eine angemessene Lohnentwicklung ermöglichen es, dies dauerhaft zu finanzieren“, heißt in dem Papier. IW-Ökonom Pimpertz ist skeptisch. Die Rentenpläne „durch Mehreinnahmen durch Wachstum und mehr Beschäftigung zu finanzieren, dürfte schwierig werden“.
Vielmehr fürchtet der Forscher eine „Negativspirale“, in der die hohe Ausgabenlast die Wirtschaftsdynamik hemmt und so der Bedarf an Steuer- und Beitragsgeld umso höher wird. 2029 will Schwarz-Rot die Entwicklung überprüfen. Vorher soll eine Rentenkommission bis etwa 2027 das ganze System unter die Lupe nehmen.
Diskussionen über die Finanzierung der Rente und den möglichen Folgen reißen nicht ab. Ein Lichtblick dürfte eine Analyse des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen geben. Demnach ist eine Krise der Finanzierung des gesetzlichen Alterssicherungssystems „weit und breit nicht erkennbar.“ (bohy)
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