Erbrecht

Wann es ein Nachlassverzeichnis braucht – und was unbedingt drinstehen muss

  • Laura Hindelang
    VonLaura Hindelang
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Ein Nachlassverzeichnis listet auf, was ein Verstorbener hinterlässt, inklusive Vermögen und Schulden. In einigen Fällen ist die Erstellung des Verzeichnisses Pflicht.

Ein Nachlassverzeichnis schafft einen Überblick über die Vermögenswerte, Schulden und Verbindlichkeiten des Verstorbenen. Es handelt sich um eine ausführliche und detailliere Auflistung der Finanzen und aller finanziellen Verpflichtungen. Das kann für die Erben, vor allem wenn eine Erbgemeinschaft entsteht, hilfreich sein. Besonders, wenn der Nachlass sehr umfangreich ist und den Erben die Übersicht fehlt.

Wann muss ein Nachlassverzeichnis erstellt werden?

Das Nachlassverzeichnis bildet außerdem die Grundlage für die Ermittlung des Nachlasswerts, informiert das Erbenzentrum. Der Wert spielt in einigen Fällen eine unerlässliche Rolle – deshalb ist das Erstellen des Nachlassverzeichnisses bestimmten Situationen eine Pflicht, die die Erben erfüllen müssen:

Ein Nachlassverzeichnis schafft eine Übersicht über alle Nachlassgegenstände und Nachlassverbindlichkeiten.
  • Beantragung des Erbscheins: Der Erbschein ist ein gerichtlich ausgestellter Nachweis darüber, wer Erbe ist und wie groß der Erbteil ist. Um den Erbschein zu beantragen, benötigt das Nachlassgericht den Nettowert des Nachlasses. Das Nachlassverzeichnis hat dann den Zweck, die Gebühren für den Erbscheinantrag festzulegen. Denn die Summe richtet sich nach dem Wert des Nachlasses, informieren die Rechtsanwälte Rose & Partner. Die Anforderungen an das Nachlassverzeichnis, etwa wie detailliert die Angaben sein müssen, hängen vom jeweiligen Gericht ab.
  • Für Pflichtteilsberechtigte: Personen, die enterbt wurden, steht ein Pflichtanteil des Erbes zu. Um die genaue Höhe des Anteils zu ermitteln, muss die Erbgemeinschaft ein Nachlassverzeichnis vorlegen. Der Enterbte kann auch verlangen, dass die Auflistung von einem Notar erstellt wird. Die dabei anfallenden Gebühren werden aus dem Nachlass bezahlt.
  • Bei minderjährigen Erben: Wie das Portal Erblotse informiert, haben die Eltern eines minderjährigen Erben ein Nachlassverzeichnis zu erstellen und beim Familiengericht einzureichen, wenn das Erbe einen Wert von 15.000 Euro übersteigt und der Verstorbene in der letztwilligen Verfügung keine andere Anordnung getroffen hat.
  • Bei der Erbschaftssteuererklärung: Die Erben sind verpflichtet, den Erbfall beim zuständigen Finanzamt zu melden. Falls die Behörde eine Erbschaftssteuererklärung fordert, muss dieser ein Nachlassverzeichnis beigefügt werden.

In anderen Fällen wiederum ist ein Nachlassverzeichnis nicht verpflichtend, aber nützlich. Etwa für die „sachgerechte und konfliktfreie Verteilung“ unter den Erben, empfiehlt das Portal Erbloste. Die Auflistung kann als Basis dafür dienen, die notwendigen Verwaltungsmaßnahmen zu verteilen und den Nachlass dem Willen des Erblassers entsprechend in der Erbgemeinschaft zu verteilen.

Nachlassverzeichnis können die Erben selbst erstellen

Allerdings sind Erben nicht dazu verpflichtet, anderen Miterben ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, erklären die Rechtsanwälte Rose & Partner. Denn jeder Miterbe hat aufgrund seiner Stellung als Gesamtrechtsnachfolger die rechtliche Möglichkeit, sich alle Informationen selbst zu beschaffen. Anders sieht es hingegen aus, wenn Miterben bestimmte Nachlassgegenstände, beispielsweise das Auto des Verstorbenen, in Besitz genommen haben. In diesem Fall gilt nach Angabe der Juristen der „Auskunftsanspruch gegenüber Erbschaftsbesitzer“. Das heißt, dass derjenige, der den Besitz in Anspruch genommen hat, die Miterben auf Nachfrage darüber informieren muss.

Aufbewahrungsfristen: So lange müssen gängige Dokumente aufbewahrt werden

Ein Mann hält zwei deutsche Reisepässe in der Hand
Pässe und Ausweise: Generell gilt, dass Ausweisdokumente wie Personalausweis oder Reisepass (s. Foto) ein Leben lang aufbewahrt werden müssen. Als Ausweisinhaber darf man Kopien anfertigen – das ist z.B. auf Reisen praktisch, sollte man dort das Original verloren haben. Bei Verlust von Ausweis oder Pass muss man zeitnah Polizei oder Bürgeramt benachrichtigen. Gegen eine Gebühr von zehn Euro stellt das Bürgeramt ein vorläufiges Dokument aus, bis man das neu beantragte Original wieder in Händen hält. © Michael Bihlmayer/Imago
Neugeborene im Krankenhaus, Washington
Urkunden: Ebenfalls ein Leben lang begleiten sollten einen Menschen die Geburtsurkunde (nötig u.a. zur Kindergeldbeantragung, Eheschließung und den Rentenantrag), die Heirats- und Scheidungsurkunde und später auch die Sterbeurkunde, auch wenn diese eher für die Angehörigen wichtig sein wird. Sie sollten immer im Original aufbewahrt werden, in manchen Fällen reicht auch eine beglaubigte Kopie. Bei Verlust können Geburtsurkunde und Co. im Standesamt des Geburtsortes angefragt werden (Symbolbild)  © Edwin Remsberg/Imago
Symbolbild, Hängesortierung mit verschiedenen Etiketten, im Fokus ist „Erbschaft“.
Erbschein: Der Erbschein gehrt, wie auch die Geburts- oder Heiratsurkunde, du den Dokumenten, die man ein Leben lang aufbewahren sollte. Im Idealfall lässt man sich gleich mehrere Exemplare aushändigen, da das Original an mehreren Stellen vorgelegt werden muss (z.B. Banken, Versicherungen oder Grundbuchamt). Bei Verlust kann ein neuer Erbschein beim Nachlassgericht beantragt werden, die Kosten richten sich hier nach der Höhe des Erbes. (Symbolbild) © Zerbor/Imago
Ein Stempel aus Holz liegt auf einem Dokument. Deutsche Aufschrift: Sozialversicherung
Sozialversicherungsausweis: Wie andere Ausweisdokumente auch muss das Sozialversicherungsdokument ein Leben lang aufbewahrt werden. Die Nummer ist etwa für Arbeitgeber wichtig (Anmeldung Sozialversicherung), hier kann auch das Original gefordert werden. Die Nummer selbst steht auch auf der entsprechenden Meldebescheinigung. Bei Verlust können gesetzliche Krankenversicherung oder Rentenversicherung einen neuen Ausweis erstellen. (Symbolbild) © BBO/McPHOTO/Imago
Symbolbild, Zeugnis eines Gymnasiums
Zeugnisse: Das Zeugnis der ersten Klassen ist hierbei nicht ganz so wichtig. Abschlusszeugnisse jeglicher Art sollten jedoch immer lebenslang aufbewahrt werden. Ausbildungs-Dokumente ab dem 16. Lebensjahr sind für die spätere Rente wichtig, und die jeweiligen Abschlusszeugnisse für zukünftige Ausbildungs- oder Jobstellen. Wenn möglich, sollten sie im Original vorhanden sein, bei Bewerbungen kann auch eine beglaubigte Kopie ausreichen. Bei Verlust können sie in der jeweiligen Ausbildungsstätte neu angefordert werden. Kostenlos ist das in der Regel aber nicht. (Symbolbild) © Thomas Trutschel/photothek/Imago
Symbolbild für einen Arbeitsvertrag
Arbeitsverträge: Den aktuellen Arbeitsvertrag sowie Arbeitszeugnisse sollte man bis zur Rente behalten. Auch, wenn man in eine Tochterfirma wechseln oder ins alte Unternehmen zurückmöchte, sollte der betreffende Arbeitsvertrag aufbewahrt werden. Ist dies nicht der Fall, können alte Verträge entsorgt werden – die Abschlusszeugnisse bewahrt man allerdings auf. Bei beiden Dokumenten reichen Kopien aus, auch digitale. Sie bei Verlust neu anzufragen, kann sich als schwierig gestalten. Ansprechpartner sind hier aber die jeweiligen Personalabteilungen. (Symbolbild)  © bspieldenner/Imago
Lohnsteuerbescheinigung mit Euroscheinen
Lohnsteuerbescheinigungen: Hier reicht eine Kopie und die Aufbewahrung von einem Jahr, nach Erhalt des Steuerbescheids (dieser muss übrigens mindestens elf Jahre aufbewahrt werden). Arbeitnehmer prüfen mithilfe der Bescheinigung, ob vom Arbeitgeber korrekte Daten ans Finanzamt übermittelt wurden. Vom Arbeitgeber gibts bei Verlust auch eine Ersatzbescheinigung. (Symbolbild) © B. Leitner/McPHOTO//Imago
Symbolbild Lebensversicherung, Unterlagen
Versicherungspolicen: Bei Versicherungspolicen gilt es, sie bis zum Vertragsende plus drei zusätzliche Jahre aufzubewahren. Das ist die sogenannte Verjährungsfrist. Ausnahme hier: die Lebensversicherung. Die ist auch über den Tod hinaus aufzubewahren. Im Idealfall liegen Original oder ein entsprechendes Ersatzdokument vor, bei Verlust werden vom Versicherer Zweitdokumente ausgestellt. Für alltägliche Anliegen reicht in der Regel aber immer die jeweilige Versicherungsnummer aus. (Symbolbild) © imagebroker/Imago
Symbolbild für Buchhaltung, Lohnabrechnung
Gehaltsabrechnungen: In der Regel sammelt man diese für das laufende Jahr und gleicht sie mit der Lohnsteuerbescheinigung am Ende des Jahres ab. Stimmt alles, können die Monatsabrechnungen weg. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann sie z.B. digitalisieren und so platzsparend aufbewahren. Ersatz gibt es bei der jeweiligen Personalabteilung. Lohnabrechnungen werden dann wichtig, wenn man Arbeitsverhältnisse oder Betriebsrentenzahlungen nachweisen muss. (Symbolbild) © DocRB_PhotoDesign/Imago
Eine Hand blättert durch einen Kontoauszug-Ordner
Kontoauszüge: Privatleute bräuchten Kontoauszüge gar nicht aufzubewahren, es gibt diesbezüglich kein Gesetz. Empfohlen ist aber, u.a. von der Stiftung Warentest, eine Frist von drei Jahren. So können Nachweise für die Zahlung von Rechnungen, Miete oder Versicherungen nachgewiesen werden. Kunden mit Online-Banking sollten sich die entsprechenden PDFs regelmäßig speichern, bei manchen Banken ist das nur eine gewisse Zeit lang nötig. Bei Bedarf können ältere Auszüge bei den jeweiligen Banken angefragt werden (meist etwa zehn Jahre lang). (Symbolbild) © HelmaSpona/Imago

Ebenfalls sinnvoll ist die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses, wenn der Nachlass möglicherweise überschuldet sein könnte. Erben können dann besser einschätzen, ob sie das Erbe annehmen oder ausschlagen sollten. Das Erbenzentrum weist zudem daraufhin hin, dass ein Nachlassverzeichnis hilfreich sein kann, um eine Nachlassverwaltung oder ein Nachlassinsolvenzverfahren zu erreichen. Beide Optionen bieten für Erben den Vorteil, dass sie ihre Haftung auf den Nachlass begrenzen.

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Das Nachlassverzeichnis können die Erben selbst erstellen. Außer der Verstorbenen hat einen Testamentsvollstrecker eingesetzt. Dann fällt ihm diese Aufgabe zu. Kosten fallen laut Erblotse nur dann an, wenn die Hilfe eines Anwalts oder eines Steuerberaters in Anspruch genommen wurde oder das Nachlassverzeichnis von einer Behörde oder einem Notar erstellt wurde. Zusätzliche Kosten können anfallen, wenn ein Sachverständiger hinzugezogen wurde – etwa, um den Wert einer Immobilie zu ermitteln.

Was in einem Nachlassverzeichnis stehen muss

Laut dem Erbenzentrum wird ein notarielles Nachlassverzeichnis stets als vollständig und korrekt angesehen. Anders sieht es aus, wenn die Auflistung von den Erben selbst kommt. Besteht der Verdacht, dass es fehlerhaft oder unvollständig sein könnte, kann zusätzlich ein notarielles Nachlassverzeichnis angefordert werden. Wenn die Erben eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben, können sie strafrechtlich verfolgt werden, falls sie Falschangaben gemacht haben.

Daher ist es wichtig, beim Erstellen des Nachlassverzeichnisses sehr akribisch vorzugehen. Die Auflistung besteht im groben aus drei Teilen: allgemeine Informationen zum Erblasser, Vermögenswerte, Schulden und Verbindlichkeiten. Im Detail werden folgende Punkte darunter aufgezählt:

  • Allgemeine Informationen zum Erblasser: Name und Geburtsdatum, Todestag, letzte Wohnanschrift, Güterstand (sofern verheiratet), Erbe, Erbschein, Pflichtteilsberechtigte Personen
  • Vermögenswerte: Fahrzeuge, Häuser, Wohnungen und Grundstücke, Schmuck, Möbel, Bargeld, Bankguthaben und Finanzanlagen.
  • Schulden und Verbindlichkeiten: Noch ausstehende Kredite und Darlehen, die der Verstorbene zu Lebzeiten aufgenommen hat und noch nicht zurückgezahlt hat, Versicherungsverträge.

Die einzelnen Posten müssen im Nachlassverzeichnis möglichst detailliert beschrieben werden, informiert das Erbenzentrum. Beispielsweise müssen bei Auflistung eines Fahrzeuges auch Zulassungsnummer, Angaben zum Modell, Hersteller, Baujahr, Kilometerstand hinterlegt werden. Bei Immobilien Angaben zum Objekt, gegebenenfalls Mieterliste und Mieterträge. Bei Firmenanteilen der Firmennamen, Handelsregistereintrag, Anteil und Anschrift.

Rubriklistenbild: © Westend61/Imago

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