Olaf Scholz am Mittwochabend in der ARD.
+
Olaf Scholz am Mittwochabend in der ARD.

Kanzler bei „Maischberger“

Scholz verrät Interna: So reagierten die West-Mächte während des Wagner-Aufstandes

  • Andreas Schmid
    VonAndreas Schmid
    schließen

Olaf Scholz spricht in der ARD über Wladimir Putin nach der Wagner-Revolte. Zu Gast bei „Maischberger Extra“ geht der Bundeskanzler auch auf den Streit in der Ampel ein.

Update vom 29. Juni, 6.50 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz hat in der ARD-Sendung „Maischberger Extra“ scharf dafür kritisiert, wiederholt falsche Behauptungen aufzustellen. So habe Putin behauptet, dass die Ukraine Russland bedroht habe und der Angriff auf die Ukraine deshalb nötig gewesen sei. Er habe sich am Tag des Wagner-Aufstands nicht nur mit US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Rishi Sunak beraten, sondern auch mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki telefoniert. „Wir haben uns sehr schnell verständigt, dass wir sehr ruhig bleiben. Wir haben nichts zu tun mit der Auseinandersetzung in Russland“, sagte Scholz. „Das Ziel unserer Unterstützung in der Ukraine ist nicht ein ‚regime change‘ in Russland.“

Zudem übte Scholz herbe Kritik an den Söldnern der Wagner-Gruppe, die teilweise nach Belarus verlegt werden sollen. „Jetzt ist klar geworden: Eine Privatarmee ist immer bedrohlich, auch für die Staaten, die sie sich halten“, sagte Scholz in Anspielung auf Russland. Die Wagner-Söldner trieben in vielen Länder in Afrika „ihr schlechtes Wesen“, brächten Unheil und beuteten Ressourcen aus, wobei das Geld in private Taschen verschwinde. Zugleich dämpfte Scholz Ängste etwa in Polen und Litauen, dass die Wagner-Truppe in Belarus eine zusätzliche Gefahr für sie darstelle. Die Nato sei in der Lage, jeden Quadratzentimeter des eigenen Territoriums zu verteidigen. „Gleichzeitig rechne ich derzeit nicht mit einer veränderten Lage“, betonte der Kanzler.

Scholz bei „Maischberger“: Scholz sieht Putin geschwächt – und gesteht eigene Fehler ein

Erstmeldung vom 28. Juni: Berlin – Olaf Scholz ist in der ARD zu Gast. Bei „Maischberger Extra“ gibt der Bundeskanzler Einblick in aktuelle politische Themen wie dem gescheiterten Wagner-Aufstand in Russland, dem Ampel-Zwist oder der Inflationsprämie. Zu sehen ist die zuvor aufgezeichnete Sendung am Mittwochabend um 22.50 im Ersten. Die wichtigsten Aussagen des Kanzlers im Überblick.

Scholz sieht Putin nach Söldneraufstand geschwächt

Scholz geht davon aus, dass der abgebrochene Aufstand der Söldnergruppe Wagner den russischen Präsidenten Wladimir Putin geschwächt hat. „Auf alle Fälle wird das sicherlich langfristig auch Auswirkungen haben in Russland“, sagte der SPD-Politiker. „Ich glaube schon, dass er (Putin) geschwächt ist.“ Der Aufstand zeige, „dass die autokratischen Strukturen, die Machtstrukturen Risse haben“ und Putin keineswegs so fest im Sattel sitze, wie er immer wieder behaupte.

Nicht festlegen wollte sich der Kanzler in der Frage, ob er einen Sturz Putins für wünschenswert gehalten hätte. „Wir wissen ja nicht, ob nach Putin jemand kommt, der besser oder schlechter ist“, sagte er. „Aber ich möchte mich nicht an einer Spekulation beteiligen, wie lange er noch im Amt sein wird“, fügte Scholz hinzu. „Das kann lang sein oder auch kurz. Das wissen wir nicht.“

Olaf Scholz reiste im Februar 2022 für Gespräche mit Wladimir Putin nach Moskau. Wenige Tage später startete die russische Invasion in die Ukraine. (Archivbild)

Scholz räumt ein: BND wurde vom Aufstand in Russland überrascht

Des Weiteren räumte Scholz ein, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) von der Wagner-Meuterei überrascht worden ist. Die Dienste in Deutschland „haben das natürlich nicht vorher gewusst“, sagte Scholz. „Aber sie haben uns dann auch immer weiter berichtet, was zu beobachten ist.“

Scholz kündigte auch an, den Informationsfluss mit den Verbündeten besprechen zu wollen. Zu Berichten, dass die US-Geheimdienste angeblich früher Bescheid gewusst hätten, sagte er: „Das werden wir alle gemeinsam zu besprechen haben – auch, was der Fall ist von den Dingen, die jetzt spekuliert werden.“

Scholz über Ampel-Streit: „Macht keinen guten Eindruck“

Selbstkritisch zeigte sich der Kanzler, als ihn Maischberger nach dem Erscheinungsbild der von ihm geführten Ampel-Koalition fragt. Vor allem die lange Debatte über das Heizungsgesetz habe den Eindruck der Zerstrittenheit entstehen lassen, sagte Scholz. „Sie haben Recht, dass – wenn so ein Streit so lange öffentlich ausgetragen wird, – das keinen guten Eindruck macht.“

In der Ampel-Koalition sei es so, „dass wir manchmal sehr lange laut allen mitteilen, wie worüber diskutiert wird“, sagte der Kanzler. In der Debatte um das Heizungsgesetz hätte er sich gewünscht, „dass das manchmal etwas geschmeidiger gegangen wäre“. Seine eigene Rolle in der Koalition sieht Scholz als Vermittler: „Ich bringe ständig Ordnung in alle möglichen Streitereien“, berichtete er.

Den Vorwurf der Union, dass die Koalition mit dem Heizungsstreit Wählerinnen und Wähler in Richtung AfD getrieben habe, wies Scholz aber zurück. Wer dies behaupte, mache es sich „ein bisschen sehr leicht“. Auch Kritik an seinem Kommunikationsstil wies Scholz zurück: „Ich bin wahrscheinlich der Regierungschef in Deutschland, der am meisten kommuniziert“, sagte der Kanzler. „Wir sind in Zeiten, in denen alles jeden Tag nochmal nochmal nochmal gesagt werden muss, weil sich ja so viele Dinge ändern.“ Dieser Aufgabe wolle er sich stellen – etwa bei weiteren Bürgergesprächen mit den Menschen vor Ort.

Scholz verzichtet auf 3000 Euro Inflationsausgleich

Scholz will die ihm wahrscheinlich zustehende Zahlung von 3000 Euro Inflationsausgleich nicht für sich in Anspruch nehmen. „Ich persönlich brauche das nicht“, sagte Scholz. „Ich werde das verwenden für gute Zwecke.“

Der Inflationsausgleich von 3000 Euro geht auf eine Tarifvereinbarung für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen aus dem Frühjahr zurück, die in der Regel auf die Beamtenbesoldung des Bundes übertragen wird. Danach richtet sich auch das Gehalt des Bundeskanzlers und seiner Ministerinnen und Minister. Das Gesetz zur Übertragung des Tarifabschlusses muss aber erst noch beschlossen werden. „Wir haben in der Regierung verabredet, dass jeder für sich, wenn es denn so weit ist, eine Entscheidung trifft“, sagte Scholz. Er brauche das Geld jedenfalls nicht. (as/dpa)