46 Prozent der Fälle
Witwenrente wird oft Kürzungen: Eine Initiative der ehemaligen Ampel könnte dies korrigieren
VonAmy Walkerschließen
Viele Personen, die eine Witwenrente beziehen, sind noch im Arbeitsleben und verdienen ihr eigenes Geld. Deshalb wird die Rente oft gesenkt. Die Ampel hatte den Plan, dies zu reformieren.
Berlin – Im Jahr 2023 hat die Deutsche Rentenversicherung (DRV) über fünf Millionen Renten an Hinterbliebene ausgezahlt. Das geht aus dem aktuellen Rentenversicherungsbericht hervor. Demnach sind 4,39 Millionen Witwenrenten und 715.000 Renten an Witwer ausgezahlt worden. Die Rente für Hinterbliebene soll Menschen in schweren Zeiten unterstützen und sie finanziell absichern, während sie sich auf die neuen Realitäten einstellen.
Rente für Hinterbliebene wird in vielen Fällen gekürzt: So viel Netto-Rente erhalten Witwen und Witwer
Die Hinterbliebenenrente wird unabhängig vom Alter ausgezahlt. Ehepartner und die Kinder des Verstorbenen werden dabei berücksichtigt. Dadurch kommt es natürlich auch häufig vor, dass Menschen eine Hinterbliebenenrente beziehen, während sie noch voll im Erwerbsleben stecken. Die Rente für Witwen und Witwer unterliegt dabei einer Hinzuverdienstgrenze: Seit 1. Juli 2024 beträgt diese 1038,05 Euro netto. Das bedeutet, wer mehr als diesen Betrag monatlich netto zur Verfügung, muss eine Kürzung der Rente hinnehmen. 40 Prozent des darüberliegenden Betrags wird dann für die Anrechnung an die Witwenrente hinzugezogen.
Wie aus dem Rentenversicherungsbericht hervorgeht, wurden im Jahr 2023 in 46 Prozent der Fälle die Renten von Witwen oder Witwern also gekürzt. „Die entsprechenden Renten wurden bei Witwen durchschnittlich um rund 142 Euro/Monat auf 717 Euro/Monat und bei Witwern um rund 242 Euro/Monat auf 379 Euro/Monat gekürzt“, heißt es im Bericht. Die Diskrepanzen zwischen Witwen und Witwern kommen einerseits durch die längere Lebenserwartung von Frauen zustande (also die Tatsache, dass deutlich mehr Witwenrenten ausgezahlt werden), und durch die durchschnittlich höheren Gehälter von Männern im Vergleich zu Frauen (die Tatsache, dass Witwer eine geringere Rente im Schnitt beziehen).
Ampel wollte Hinzuverdienstgrenze für Witwen und Witwer ändern: Mehr Rente für Hinterbliebene
Die Ampel-Regierung hatte im Zuge ihrer Wachstumsinitiative eigentlich eine Änderung an den Hinzuverdienstgrenzen für Hinterbliebene vorgesehen. „Die geltende Regelung für die Verrechnung des Erwerbseinkommens mit der Rente macht das Arbeiten vergleichsweise unattraktiv“, heißt es in dem Dokument der ehemaligen Koalition. So sollten zusätzlich zu den bestehenden Hinzuverdienstgrenzen weitere 545 Euro des eigenen Einkommens unberücksichtigt werden, bevor es zur Kürzung kommt. Mit dem Aus der Ampel ist völlig unklar, ob diese Regelung noch beschlossen wird. Teile der Wachstumsinitiative möchte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch mit Stimmen der Opposition durch den Bundestag bringen.
Aus Sicht der Rentenversicherung ist allerdings nicht klar, ob diese Regelung für die Finanzen der Rentenkasse positive oder negative Effekte hätte. „Es kommt darauf an, ob es dadurch wirklich zu einer Verhaltensänderung kommt“, erläuterte Alexander Gunkel, alternierender Vorsitzender des Bundesverbands der DRV, bei einem Pressegespräch in Würzburg. In einer ersten Schätzung ging die DRV von einem zusätzlichen Minus in Höhe von 500 Millionen Euro aus. Diese Zahl sei allerdings extrem ungewiss.
Beispiel zeigt: So viel mehr Rente könnten Hinterbliebene behalten
Dazu ein Beispiel: Witwe Ellen hat Anspruch auf eine monatliche Witwenrente von 900 Euro im Monat. Da sie noch ein Erwerbseinkommen hat, wird die Rente allerdings gekürzt. Ellen verdient monatlich 2000 Euro netto, das sind also 961,95 Euro mehr als der Freibetrag. Von diesen 961,05 Euro werden 40 Prozent für die Kürzung herangezogen, das sind 384,42 Euro. Um diesen Betrag wird die Witwenrente aktuell gekürzt, sie erhält monatlich also 515,58 Euro als Rente. Zusammen mit ihrem Einkommen sind das also 2515,58 Euro netto, die Ellen monatlich hat.
Würde die neue Regelung der in Kraft gesetzt werden, blieben weitere 545 Euro bei der Einkommensanrechnung unberücksichtigt. Statt um 384,42 Euro würde die Rente künftig also um 166,42 Euro gekürzt werden. Sie hätte also monatlich dadurch 2733,58 Euro netto zur Verfügung.
Die DRV befürchtet, dass Menschen wie Ellen dadurch aber auch entscheiden könnten, weniger zu arbeiten, da sie nicht mehr so viel dazuverdienen müssen, um gut über die Runden zu kommen. Ellen könnte also entscheiden, auf Teilzeit zu wechseln und eine Einkommenskürzung hinzunehmen, weil sie auf mehr Rente hoffen kann. Das ist aber sehr schwer zu wissen, wie die Menschen am Ende auf diese Änderung reagieren werden.
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