Was treibt den Preis?

Kostenexplosion: Stromtarife steigen abrupt auf ein Rekordhoch

  • Amy Walker
    VonAmy Walker
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Die Stromtarife in Deutschland sind unerwartet stark gestiegen. Ende August wurde das Jahreshoch vom Januar 2024 erreicht. Was ist die Ursache dafür?

München – Ende August sind die Strompreise in Deutschland plötzlich auf den Höchststand vom Januar 2024 geklettert. Das zeigen Daten des Vergleichsportals Verivox, das die Preise für Stromtarife täglich untersucht. So haben Kunden am 27. August 2024 für einen neuen Stromtarif bei einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr im Schnitt 28 Cent/kWh zahlen müssen. Zuletzt lag der Strompreis am 15. Januar auf diesem Niveau.

Strompreise steigen im August stark an – Unsicherheit durch Nahost-Konflikt?

Die Strompreise sind noch immer weit unter dem Niveau der Energiekrise. Im Januar 2023 zahlten Neukunden bei Abschluss eines Stromtarifs noch satte 45 Cent pro kWh. Dieser Preis hat sich im Laufe des Jahres 2024 fast halbiert – bis jetzt der plötzliche Sprung kam.

Warum die Strompreise so aus dem Nichts ansteigen, war zunächst nicht klar. Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA sagte Verivox, dass aktuell der Wettbewerb um Neukunden sehr dynamisch sei. „Aktuell haben die günstigsten Versorger ihre Preise offenbar vorübergehend angehoben“, so ein Sprecher.

Bei den Gaspreisen geht es seit dem Frühjahr relativ konstant bergauf, von 7,36 Cent/kWh im April auf 8,87 Cent/kWh am 27. August. Da die Strom- und Gaspreise aneinander gekoppelt sind, verlaufen deren Kurven meistens parallel zueinander. In diesem Fall scheint das nicht so zu sein.

Einziger Risikofaktor für die Energiepreise sind aktuell die Spannungen im Nahen Osten sowie in der Ukraine. Diese geopolitischen Spannungen spiegeln sich allerdings in der Regel zuerst beim Öl- und beim Gaspreis wider. Die erneute Eskalation zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah treibt deshalb auch seit Tagen die Ölpreise nach oben. Am 27. August lag der Preis beispielsweise für Heizöl bei 95,61 Euro pro 100 Liter. Das ist zwar wesentlich höher als das Vorkrisenniveau von Januar 2022 – doch für 2024 ein eher moderater Wert. Dennoch sind die Preisspitzen im August ein Indikator dafür, dass die Ölpreise sich aktuell stark an den geopolitischen Spannungen ausrichten.

Strompreise sinken an der Börse: Negative Preise für Strom

Dabei müsste der Strompreis eigentlich weiter in Richtung Keller gehen. Aktuell wird sehr viel Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere aus Solaranlagen, produziert. Der Strom überflutet vor allem tagsüber die Netze, weshalb die Strompreise immer wieder unter die Schwelle von 0 Euro rutschen – oder es entstehen sogar negative Strompreise an der Börse. In der Woche vom 19. bis 25. August 2024 lag der Strompreis an fünf von sieben Tagen zeitweise unter null.

Impression vom RWE-Kraftwerk Bergheim Niederaußem. Die Strompreise sind Ende August plötzlich angestiegen. (Archivbild)

Stromkunden mit festen Tarifen bekommen davon allerdings nichts zu spüren, da sie eine Preisgarantie haben. Sie spüren nur die Auswirkungen eines durchschnittlichen Trends. Für Kunden mit dynamischen Stromtarifen sind solche negativen Strompreise aber eine gute Nachricht: Sie können ihren Verbrauch so flexibilisieren, dass sie möglichst von den günstigen Strompreisen profitieren können (und sollten).

Einer der wichtigsten Preistreiber bei den Strompreisen sind heutzutage allerdings die Netzentgelte. Diese sind nach Angaben von Verivox zwischen 2023 und 2024 um durchschnittlich 25 Prozent gestiegen. Die Netzentgelte variieren von Region zu Region, je nachdem, wie viel Geld der jeweilige Netzbetreiber in die Wartung, Instandsetzung und in den Ausbau der Netze investieren muss. Aufgrund der Energiewende dürften diese Kosten in den kommenden Jahren nochmal deutlich steigen.

Rubriklistenbild: © IMAGO/Christoph Hardt