„America First“

So sorgt Putin bei der US-Wahl für Verunsicherung – „leichtes Spiel“

  • Jana Stäbener
    VonJana Stäbener
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Desinformation wird einen großen Einfluss auf die US-Wahl haben. Darin sind sich Fachleute einig. Putin ist ebenfalls beteiligt – aber nicht, wie man erwarten würde.

Bei den Umfragen zur US-Wahl 2024 liegt Kamala Harris aktuell knapp vor dem Republikaner Donald Trump. Allerdings sind landesweite Umfragen in den USA aufgrund des Wahlsystems nur begrenzt aussagekräftig. Und: Donald Trump hat einen Vorteil, der die US-Wahl entscheiden könnte: Er lügt so oft, verbreitet so viel Desinformationen, dass er von US-amerikanischen Medien an einem anderen Standard gemessen wird als Kamala Harris. Man erwartet es nicht besser von ihm. Bei Harris dagegen wird jedes Wort, jede Handlung genau analysiert und zerpflückt.

Doch es gibt noch eine dritte Partei, die den US-Wahlkampf beeinflussen, wenn nicht sogar entscheiden könnte. „Russland hat ein geopolitisches Interesse daran, dass die Mittel für die Ukraine gekürzt werden“, sagt der Desinformationsexperte Curd Knüpfer, BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA in einem Pressegespräch. Welche Rolle spielt das Land also bei Desinformation im Rahmen der US-Wahl und was dürfen wir rund um den 5. November erwarten?

Desinformation bei der US-Wahl: „America First wird umgedeutet“

„Man darf der Forschung natürlich nichts vorwegnehmen“, sagt Knüpfer, der an der Universität Odense Professor für politische Kommunikation ist. Es müsse erst noch erhoben werden, welche Desinformationen und Falschnachrichten bei der US-Wahl 2024 konkret über welche Kanäle verbreitet wurden. Auch Elon Musk beispielsweise dürfte die US-Wahl mitbeeinflusst haben.

Was der Experte jedoch sagen könne, sei, dass russische Desinformationen in den USA ausgesprochen gut verfingen. Das liege an einer Mischung aus geopolitischem Interesse, der Zwei-Seiten-Ideologie von konservativ und liberal und dem US-amerikanischen Mediensystem, das Außenseiterpositionen belohne.

Auf diesen Außenseiter-Plattformen habe man es weniger mit gezielten Falschinformationen durch russische Agenten oder Werbung für einen bestimmten Kandidaten zu tun, sondern eher mit Inhalten aus dem rechten verschwörungstheoretischen Sektor der USA. „In diesen Netzwerken wird ‚America first‘ sehr schnell umgedeutet zu ‚Streich die Mittel für die Ukraine‘“, sagt Knüpfer. Das spielt Wladimir Putin über Umwege in die Hände.

Wladimir Putin hat ein geopolitisches Interesse daran, dass Donald Trump 2024 erneut US-Präsident wird. (Archivbild)

Moskaus Strategie bei der US-Wahl: „Russland muss gar nicht mehr viel machen“

„Allgemein wird die Werbewirkung von Inhalten, die wir online sehen, überschätzt. Das gilt nicht nur für Desinformation“, sagt Edda Humprecht, Professorin für Digitalisierung und Öffentlichkeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena auf BuzzFeed News Deutschland-Nachfrage. Russische Desinformation rund um die US-Wahl am 5. November sorge mehr zu einer „generellen Verunsicherung“, als dafür, dass Amerikaner spezifischen Fake News glaubten.

„Russland verfolgt die Strategie, mit Desinformation in vielen Ländern für Verunsicherung zu sorgen“, sagt Humprecht. Auch bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen haben russische Seiten Desinformation verbreitet. „Die USA sind so polarisiert, dass Russland gar nicht mehr viel machen muss, außer Narrative, die sowieso schon vorhanden sind, mit Trollen und Bots noch weiter zu streuen. Da ist schon so viel Unruhe im System, dass Russland leichtes Spiel hat.“

„Auch das sehr liberale Geschäftsklima macht es Russland leicht“, ergänzt Knüpfer. Aktuell laufe beispielsweise ein Verfahren gegen eine russische Firma, die mutmaßlich rechte und konservative Gaming-Influencer wie Dave Rubin oder Tim Pool bezahlt und mit pro-russischem Videomaterial versorgt haben soll. „Also man weiß jetzt schon, dass Moskau bei der US-Wahl die Strategie fährt, bekannte Desinformations-Narrative in den USA gezielt über das Zusammenspiel von Ideologie und Nischenprodukten, zu verbreiten.“

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