Spannungen zwischen den Supermächten
Israel und Ukraine im Fokus: Chinas Außenminister in Washington erwartet
Es steht schlecht um die Beziehungen zwischen Peking und Washington. Bei einem USA-Besuch von Chinas Außenminister wird es wohl auch um den Konflikt in Israel gehen.
Inmitten wachsender Spannungen zwischen China und den USA kommt zunehmend Bewegung in die Beziehung der beiden Supermächte: Nachdem mehrere US-Spitzenpolitiker zuletzt in Peking empfangen worden waren, wird ab Donnerstag Chinas Außenminister Wang Yi zu einem dreitägigen Besuch in Washington erwartet. Wang werde mit seinem US-Amtskollegen Antony Blinken sowie Joe Bidens Nationalem Sicherheitsberater Jake Sullivan „eine Reihe bilateraler, regionaler und globaler Themen im Rahmen der laufenden Bemühungen erörtern, die Beziehungen zwischen den USA und China verantwortungsvoll zu gestalten“, teilte das US-Außenministerium am Montag mit. Ziel des Treffens sei es zudem, „Meinungsverschiedenheiten auszuräumen und Fortschritte bei gemeinsamen transnationalen Herausforderungen zu erzielen“.
Unklar war zunächst, ob Wang auch von US-Präsident Joe Biden empfangen wird. Bei seinem Peking-Besuch Mitte Juni war US-Außenminister Blinken mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammengetroffen.
Zu besprechen gibt es einiges. So wird erwartet, dass Wang in Washington einen Besuch von Xi beim Apec-Gipfel in San Francisco im November vorbereiten will; bei dem Treffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft könnte es erstmals seit rund einem Jahr wieder zu einer direkten Begegnung zwischen Xi und Biden kommen. Die beiden Staatsoberhäupter hatten sich zuletzt im November 2022 am Rande des G20-Gipfels auf Bali persönlich getroffen. Noch wurde Xis Teilnahme am Apec-Gipfel allerdings nicht bestätigt. Xi verlässt China nur selten, das letzte G20-Treffen in Neu-Delhi ließ er kürzlich aus unbekannten Gründen ausfallen.
China und USA: Beziehungen auf Tiefpunkt
Die Beziehungen zwischen China und den USA befinden sich seit Monaten an einem Tiefpunkt. Peking wirft Washington vor, mit Maßnahmen wie Ausfuhrbeschränkungen für hoch entwickelte Mikrochips die Entwicklung des Landes ausbremsen zu wollen. Auch die Affäre um einen angeblichen chinesischen Spionageballon sowie der Taiwan-Besuch der damaligen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi im Sommer 2022 belasteten lange das bilaterale Verhältnis.
Die USA werfen Peking zudem vor, den militärischen Druck auf Taiwan zu erhöhen – China betrachtet die demokratisch regierte Republik als Teil des eigenen Staatsgebiets und droht mit der militärischen Eroberung der Insel. Außerdem wird die Nähe der Führung in Peking zu Russland seit Beginn des Ukraine-Kriegs in Washington äußerst kritisch gesehen. Für Spannungen sorgen seit Monaten auch Zusammenstöße zwischen der chinesischen Marine und Schiffen des US-Verbündeten Philippinen im Südchinesischen Meer.
USA kritisieren Chinas Haltung im Israel-Konflikt
Seit Beginn des Hamas-Terrors gegen Israel gerät zudem die chinesische Nahost-Politik in den Fokus der Amerikaner. Peking macht vor allem die USA und Israel für die jüngste Eskalation verantwortlich und weigert sich, den Terror der Hamas explizit zu verurteilen. Stattdessen ruft China nur allgemein zu einem Waffenstillstand auf. Bei einem Telefonat mit seinem israelischem Kollegen Eli Cohen sagte Wang laut chinesischem Außenministerium am Dienstag, „alle Länder haben das Recht auf Selbstverteidigung“, müssten aber gleichzeitig „das humanitäre Völkerrecht einhalten und die Sicherheit der Zivilisten schützen“.
Bei Wang Yis Washington-Besuch wollen die USA China nun zu einem „konstruktiveren Vorgehen“ sowohl im Ukraine-Krieg als auch im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern drängen, sagte ein US-Regierungsbeamter laut der Nachrichtenagentur Reuters. Der namentlich nicht genannte Beamte sagte zudem, dass es für Washington Priorität habe, mit China wieder Beziehungen auf Verteidigungsebene herzustellen. Chinas Verteidigungsminister Li Shangfu ist seit fast zwei Monaten verschwunden; angeblich wird wegen Korruption gegen den General ermittelt. (sh)