„Weit hergeholt und unplausibel“

Trumps „Mafia-Methoden“ aus Mar-a-Lago – dubiose Pläne für Europa-Handel

  • Lars-Eric Nievelstein
    VonLars-Eric Nievelstein
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Die USA erzeugen durch eine wirre Zollpolitik Verunsicherung. Europa ist auf der Suche nach Auswegen. Trump könnte eine kriminelle Taktik anwenden.

Washington – Die Zollpolitik des US-Präsidenten Donald Trump sorgt für Chaos an den Weltmärkten. Mehrere Handelspartner, darunter Kanada, Europa und China, hatten ihrerseits höhere Zölle auf US-Waren angekündigt. Wegen wiederholter Aufschübe, Ausnahmen und anderen kurzfristigen Richtungsänderungen herrscht Unsicherheit. In den USA brachen zuletzt die Börsenkurse ein. Seit einiger Zeit herrscht allerdings die Meinung, dass dieses Chaos Methode haben könnte.

Mar-a-Lago-Accord – Trumps Schablone für die Reform des Welthandels

In den vergangenen Wochen geriet der sogenannte Mar-A-Lago-Accord zunehmend ins Rampenlicht von Medien und Ökonomen. Dahinter steckt ein 40-seitiges Dokument, veröffentlicht kurz nach Trumps Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl, das auf den Namen „A User‘s Guide to Restructuring the Global Trading System“ hört (hier zu lesen als PDF, englisch). Verfasst hatte es der Ökonom und Stratege bei der Investmentfirma Hudson Bay Capital Stephen Miran – derselbe Miran, den Trump angeblich zu einem führenden Berater ernennen will.

Schon in der Einleitung schreibt der Analyst von Hudson Bay Capital: „Die Wurzel der wirtschaftlichen Ungleichgewichte liegt in der anhaltenden Überbewertung des Dollars“. Das globale Handelssystem brauche eine Reform und müsse gegenüber dem Rest der Welt fairer sein – das sei „seit Jahrzehnten ein ständiges Thema für Präsident Trump“. Nach Miran ergibt sich das „tiefe Unglücklichsein“ der aktuellen ökonomischen Ordnung sowohl aus dem zu starken Dollar als auch in „asymmetrischen Handelsbedingungen“. Die Überbewertung des Dollar mache US-Exporte weniger wettbewerbsfähig, US-Importe billiger und schwäche das produzierende Gewerbe.

Donald Trump in Washington (Symbolfoto). Die USA sorgen durch eine chaotische Zollpolitik für Unsicherheit. Europa sucht nach Lösungen. Trump könnte eine mafiöse Strategie verfolgen.

In seinem Essay (von dem Miran selbst schreibt, dass er eigentlich keine Vorlagen für Gesetzesgebung schaffen solle), zeigte der Ökonom mehrere Wege auf, die das Handelsdefizit der USA bekämpfen sollen. Ein Blick auf die bisherigen Entscheidungen Trumps lässt erahnen, dass sich der Präsident zumindest lose an Mirans Ausführungen hält. Das geht bei den erhöhten Zöllen los. Diese sollen die Einnahmen der US-Regierung erhöhen. Das zweite Instrument soll ein Staatsfonds sein, der Fremdwährungen wie den Euro, Yen und Renminbi anhäuft. Unter Berufung auf Torsten Sløk, Chefökonom der New Yorker Private-Equity-Firma Apollo Global Management, berichtete die WirtschaftsWoche, dass diese Maßnahme den US-Dollar zusätzlich unter Druck setzen soll. Ein solcher Fonds existiert mit Exchange Stabilization Fund (ESF) von 1934 bereits.

Mafia-Plan aus Mar-a-Lago – müssen US-Verbündete bald Schutzgeld zahlen?

Die dritte Maßnahme aber ist die, die derzeit zunehmend für Unmut bei den Verbündeten der USA sorgt. Und zwar sollen Gläubiger wie Deutschland, China, Kanada oder Japan ihre US-Staatsanleihen gegen unverzinste hundertjährige Bonds eintauschen. Diese neuen Anleihen würden mit einem Abschlag auf ihren Nennwert verkauft, berichtete Bloomberg, und nur, wer sie 100 Jahre lang halte, könnte die Investition und die damit verbundene Rendite wieder hereinholen.

„Faktisch würde die ganze Welt den USA kostenlos ihr Schuldendefizit finanzieren“, zitierte die WirtschaftsWoche Thomas Altmann, Partner des Frankfurter Vermögensverwalters QC Partners. Falls der Dollar aber tatsächlich an Wert verliert, würden diese Staaten dadurch „permanent Verluste“ machen.

Dahinter steckt jedoch ein weiter ewiger Kritikpunkt Donald Trumps. Er hatte Europa bereits während seiner ersten Amtszeit wiederholt vorgeworfen, dass sie nicht genug zum Verteidigungsbündnis Nato beitragen. Während des Wahlkampfes hatte er verlangt, dass sie das Zwei-Prozent-Ziel der Nato einhalten – oder gar fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung stecken. Sollte er Mirans Plan weiterverfolgen, könnte es darin enden, dass Europa über diese Bonds für die Schutzmacht der USA bezahlen müsste.

Das erinnert nicht ohne Grund an Schutzgeldzahlungen. Mögliche Einigungen mit Handelspartnern hatte Miran zwar bedacht, aber beschrieben, dass multilaterale Lösungen komplexer seien, weil man dafür eben Partner an Bord bekommen müsste und die potenziellen Gewinne schmälern könnte. Um die Handelspartner auf Linie zu bringen, schlug Miran vor, die Strafzölle als erste Phase und als Verhandlungs-Chip zu nutzen. „Es ist leichter vorstellbar, dass Handelspartner wie Europa und China nach einer Reihe von Strafzöllen empfänglicher für eine Art Währungsabkommen im Gegenzug für eine Senkung der Zölle werden“, steht im Dossier.

Antworten auf Trump-Politik – Mar-a-Lago-Accord lässt Reaktion Chinas und Europas außer Acht

Der Plan steht allerdings vor mehreren Hürden, die dafür sorgen könnten, dass Mirans Kalkül nicht aufgeht. Zum Beispiel warnen viele Ökonomen davor, dass Trumps Zollpolitik die Inflation innerhalb der USA antreiben würde – am Ende gehe sie also zu Lasten der Verbraucher. Das aber betrachtete Miran als „zu kurzfristig“ oder „nicht zu Ende“ gedacht. Er geht davon aus, dass die Wechselkursveränderung und der Zolltarif sich „fast vollständig“ ausgleichen sollen. Als Beispiel nannte er 2018, als Trump schon einmal die Zölle gegenüber China angezogen hatte.

Den Ansatz, dass die Importeure damals nur nicht die höheren Preise an ihre Kunden durchgereicht und somit viel Geld verloren hatten, lässt Miran nicht gelten. In Volkswirtschaften mit einem ausreichenden Wettbewerb müssten Importeure ihre Gewinnspannen wiederherstellen, „indem sie ihre Lieferanten wechseln“. Dafür brauche es jedoch Zeit.

Laut dem Focus passt das exakt zu Trumps jüngsten Warnungen. Auf Anfrage, ob er die USA auf eine Rezession zugehen sehe, hatte er gesagt: „Ich hasse es, solche Dinge vorherzusagen. Wir tun gerade große Dinge, aber das braucht Zeit.“ Die Wirtschaft befinde sich in einer Übergangsphase.

„Weit hergeholt und implausibel“ – Ökonomen nehmen Mar-a-Lago-Accord auseinander

Ob sich die US-Regierung tatsächlich dem Mar-a-Lago-Accord verschreibt, steht allerdings noch nicht fest. Signifikante Änderungen am Dollar sind bislang ausgeblieben. Ökonomen sind bezüglich Mirans Pläne geteilter Meinung; bei der Denkfabrik Official Monetary and Financial Institutions Forum (OMFIF) zum Beispiel warnt man davor, die Rolle Europas und Chinas zu unterschätzen. Die Idee eines Mar-a-Lago-Accords bezeichnete der OMFIF-Analyst Mark Sobel im Dezember 2024 noch als „weit hergeholt und implausibel“.

Er verwies auf 2019, als der chinesische Renminbi gegenüber dem Dollar stark nachgelassen hatte, kurz nachdem Trump seine Zollerhöhungen angekündigt hatte. Trump hatte damals schwer verärgert reagiert und China als Währungsmanipulator bezeichnet. Heute jedenfalls hält China mit Abstand die größten Reserven an US-Staatsanleihen.

Daneben spielt auch Europa eine Rolle. „Ein Mar-a-Lago-Abkommen wäre mit der konjunkturellen Lage Europas unvereinbar“, schrieb Sobel dazu. „Ein abgewerteter Dollar käme einem stärkeren Euro gleich. Dies ließe sich durch höhere EZB-Zinsen und/oder eine expansivere Fiskalpolitik in wichtigen europäischen Ländern erreichen. Angesichts der schwachen europäischen Volkswirtschaften und des fehlenden fiskalischen Spielraums wichtiger Länder wie Italien und Frankreich senkt die EZB nun jedoch die Zinsen.“

Warnung bei Mar-a-Lago-Accord – „potenziell riskante Nebeneffekte“

Der Mar-a-Lago-Accord verweist schon vom Namen her auf den Plaza Accord. Dabei handelt es sich um eine handels- und außenpolitische Maßnahme der US-Regierung unter Präsident Ronald Reagan in den Achtzigern. Damals hatte Reagan mit einigen verbündeten Ländern, darunter Großbritannien und Deutschland, eine Abwertung des Dollar abgesprochen, um das Handelsdefizit der USA zu verringern. Die Vorzeichen waren damals ähnlich gewesen: Importierte Produkte innerhalb der USA waren billiger, US-Produkte im Ausland waren teurer, der Dollar stieg massiv im Wert.

Zwischen 1985 und 1987 fiel der Dollar dann um 40 Prozent. Ob Donald Trump einen solchen Effekt durch seine Maßnahmen replizieren kann, wird sich innerhalb der kommenden Jahre zeigen. Miran warnte allerdings auch davor, dass Trump zwar mit Zollpolitik mittlerweile Erfahrung habe, aber nicht mit größeren Änderungen in der Dollar-Politik. „Mehrere seiner Vertrauten haben in der Vergangenheit vor potenziell riskanten Nebeneffekten gewarnt.“ Strafzölle können auch in einer Zeit größerer Defizite noch Gewinn einbringen, Währungskorrekturen könnten das nicht.

Rubriklistenbild: © IMAGO / UPI Photo

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