„Es ist jetzt schon ernst“
Deutschlands Haushalt wäre durch Trumps Fünf-Prozent-Forderung fast schon aufgebraucht
VonLars-Eric Nievelsteinschließen
Deutschland wird aufgefordert, mehr für seine Aufrüstung zu zahlen. Dies ist der Wunsch von Donald Trump. Dies steht im Zusammenhang mit einer Nato-Vorgabe.
Washington – Die USA sollten sich Kanada einverleiben, Grönland ebenso, außerdem müsse die chinesische Präsenz am Panamakanal eingedämmt werden. Mit all diesen Ideen hatte der designierte US-Präsident Donald Trump kürzlich bei einer Pressekonferenz Aufsehen erregt. Weiterhin knüpfte er an frühere Aussagen bezüglich der Verteidigungsausgaben an – und schlug eine drastische Erhöhung vor.
Fünf Prozent für die Verteidigung – Habeck nennt Alternative zu Trump-Plan
Donald Trump will, dass die Nato-Staaten ihr Budget für die Verteidigung mehr als verdoppeln. Das hatte er am Dienstag (7. Januar) bei einer Pressekonferenz mitgeteilt. „Sie können es sich alle leisten“, sagte er, und verlangte, dass die Nato-Staaten fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in die Verteidigung investieren. Im Jahr 2024 hatte die Bundesregierung das ursprüngliche Ziel von zwei Prozent gerade so erreicht, das aber auch nur dank eines Sonderbudgets für die Bundeswehr. Um fünf Prozent aufzubringen, wären laut dem Focus bereits 2023 etwa 209 Milliarden Euro notwendig gewesen, also knapp 45 Prozent des Bundeshaushalts.
„Die fünf Prozent sind aus der Luft gegriffen“, zitierte das Handelsblatt den Ökonomen Guntram Wolff vom Thinktank Bruegel. Er vermutete, dass Trump damit lediglich den Druck auf Europa erhöhen wollte. Allerdings stimmte Wolff zu, dass Deutschland die Verteidigungsausgaben erhöhen müsste. Im Wahlkampf ist das sinnvolle Maß bereits Streitthema. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck schlug eine andere Zielsetzung vor. „Die von Robert Habeck genannten 3,5 Prozent wären sinnvoll“, erklärte Wolff. Dafür hatte Habeck die vorher vom ehemaligen Finanzminister Christian Lindner (FDP) vehement verteidigte Schuldenbremse infrage gestellt.
Scholz und Pistorius zurückhaltend: „Ich weiß nicht, welches Land sich das wird leisten können“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) konnte mit Habecks Forderung weniger anfangen. In einem Interview mit dem Stern bezeichnete er Habecks Forderung als „unausgegoren“ – er wüsste nicht, wo das Geld herkommen sollte. 2024 hätte Deutschland das Verteidigungsbudget um 60 Milliarden Euro erhöhen müssen, um ein 3,5-Prozent-Ziel zu erreichen.
Auch der Verteidigungsminister Boris Pistorius hält die fünf Prozent für unerreichbar. Die von Trump geforderten fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes würden für Deutschland „um die 40 Prozent“ des gesamten Bundeshaushalts bedeuten, sagte Pistorius am Donnerstag beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein. „Ich weiß nicht, welches Land sich das wird leisten können“, gab er zu bedenken. Es gehe „nicht um die Frage der Prozente“, sondern darum, wie die Fähigkeitsziele der Nato „definiert und erfüllt werden“, sagte Pistorius.
Höhere Verteidigungsausgaben für die Nato – „Friede ist zerstört“
Was hat es mit dem Zwei-Prozent-Ziel auf sich? Die Verteidigungsminister der Nato hatten sich schon 2006 darauf verständigt, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben zu wollen. Die Nato selbst gibt dazu an, dass diese Maßnahme dafür sorgen sollte, dass das Verteidigungsbündnis im Fall des Falles militärisch einsatzfähig bleibt. Im Jahr 2014 hatten die Mitgliedstaaten diese Einigung erneuert; eine Reaktion auf die illegale Besetzung der ukrainischen Krim durch Russland. Außerdem hatte sich bereits eine größere Instabilität im Mittleren Osten abgezeichnet.
Das große Problem daran: Lange Zeit hatten die Mitgliedstaaten diese Bemühungen schleifen lassen. Zu bequem war das Leben unter dem Schutzschirm der USA – bis Russland sie daran erinnerte, warum es die Nato überhaupt gab. Im Jahr 2014 hatten lediglich drei Nato-Länder das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel erreicht. Zehn Jahre später, 2024, erwartet die Nato, dass 23 der 32 Verbündeten das Ziel erreichen. Europäische Verbündete und Kanada hätten ihr Gesamtinvestment in die Verteidigung hochgefahren und sollen jetzt 430 Milliarden US-Dollar investieren (Stand Ende 2024).
Im Jahr 2023 hatten die Nato-Länder diese Vereinbarung zusätzlich konkretisiert. Während eines Gipfels in Vilnius hatten die Verbündeten sich verpflichtet, dauerhaft zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben. „Der Friede in der Euro-Atlantik-Region ist zerstört“, hatte die Nato mitgeteilt. „Die Russische Föderation hat die Normen und Prinzipien, die zu einer stabilen und vorhersehbaren europäischen Sicherheitsordnung beigetragen haben, gebrochen.“ Russland sei die größte Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten und des Friedens.
Verteidigungsministerium in Deutschland will mehr Geld – Budget stagniert
Das deutsche Verteidigungsministerium hat wegen des Zwei-Prozent-Ziels der Nato wiederholt Warnungen ausgesprochen. Es fehlt das Geld. Im Rahmen der Haushaltsverhandlungen 2024 hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für eine Erhöhung des Budgets plädiert. Das berühmte Sondervermögen über 100 Milliarden Euro, das der Bundeswehr zustand, war bereits früh zu großen Teilen verplant. „Die Kreditermächtigung des Sondervermögens Bundeswehr soll bis zum Jahr 2027 weitestgehend in Anspruch genommen werden“, hatte die Bundeswehr mitgeteilt.
Bemerkenswert dabei war, dass das Grund-Budget für die Verteidigung (ohne Sondervermögen) eher statisch bleiben soll. Das Budget soll zwischen 2024 und 2027 kaum nennenswerte Veränderungen durchmachen. Problematisch ist das vor allem darum, weil die Ausgaben für Personal, Unterbringung, Materialerhaltung und weitere Posten kontinuierlich wachsen. „Alles Geld aus dem Haushalt fließt in feste Ausgabenposten: Gehälter müssen bezahlt, Kasernen unterhalten werden. Die Finanznot beginnt nicht erst, wenn 2027 das Sondervermögen ausgegeben ist. Es ist jetzt schon ernst“, zitierte die F.A.Z. den Ifo-Militärexperten Marcel Schlepper.
Die Bundeswehr gab dazu an, dass ihre Bedarfe ab dem Jahr 2025 „nur mit einem kontinuierlich steigenden Plafond“ gedeckt werden könnten. Ob sich das im Haushalt widerspiegelt, wird sich erst weit nach der Bundestagswahl am 23. Februar herausstellen.
Rubriklistenbild: © picture alliance/dpa/AP | Jose Luis Magana
