„An Ironie kaum zu überbieten“

SPD möchte Steuererhöhungen intensivieren – doch das wahre Problem begreift sie (immer noch) nicht

  • Amy Walker
    VonAmy Walker
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Die SPD fordert höhere Steuern für bestimmte Gesellschaftsgruppen. Fachleute äußern Bedenken, dass dies die junge Generation demotivieren könnte.

Berlin – Die Koalitionsverhandlungen gehen in der Hauptverhandlungsgruppe weiter, dabei soll es wohl besonders um Finanz- und Steuerthemen gehen. Gerade darum wird wohl besonders heftig gerungen – Union und SPD haben wohl teils komplett gegenteilige Vorstellungen. Während CDU und CSU jegliche Steuererhöhung, auch für Spitzenverdiener, ablehnen, fordert die Sozialdemokraten eine Reichensteuer. Noch dazu wollen sie die Kapitalertragssteuer anheben.

SPD will Top-Verdiener stärker besteuern, Union ist strikt dagegen

Wie mehrere Medienberichte berichten, pocht die SPD auf eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von aktuell 42 auf 47 Prozent. Allerdings soll es erst später greifen. Bei letzterem geht auch die Union mit: erst ab 80.000 Euro soll der höchste Steuersatz angewandt werden (aktuell greift er schon ab 68.481 Euro). Die Sozialdemokraten würden sogar weitergehen und ab 83.600 Euro die von ihnen anvisierten 47 Prozent erheben.

Die Koalitionäre sind sich aber darin einig, dass die Mittelschicht stärker entlastet werden sollte. Allerdings zeigen Daten des Finanzministeriums, dass die Belastung nicht, wie von Union und SPD vermutet, durch die Steuern kommt. Das Problem sind die immer weiter steigenden Sozialabgaben, also Beiträge für Rente, Krankenkasse, Pflege und Arbeitslosenversicherung.

Zusammengenommen entfallen in Deutschland auf mittlerweile 40,8 Prozent eines Bruttolohns Steuern und Abgaben. Die Steuerquote liegt 2024 bei 23 Prozent, das ist für deutsche Verhältnisse kein besonders hoher Wert. Der Wert lag mal höher, mal niedriger, aber im Schnitt auf einem relativ konstanten Level in der Geschichte der Bundesrepublik.

Anders sieht das allerdings bei den Sozialabgaben aus. 2024 erreichten diese eine Quote von 17,5 Prozent, so hoch ist er seit 20 Jahren nicht mehr gewesen. Nach der Wiedervereinigung hatte das Land zwar das Allzeithoch von bis zu 19 Prozent bei den Sozialabgaben gesehen; das lag aber auch an der hohen Arbeitslosigkeit in den 1990er Jahren. Seit 2015 steigen die Abgaben wieder kontinuierlich an, diesmal liegt es am demografischen Wandel und der darauffolgenden Belastung auf die Gesundheitssysteme. Ein Problem, das nicht so schnell wieder weggehen wird.

SPD und CDU haben keine Pläne zur Absenkung der Sozialbeiträge vorgelegt

Einen richtig guten Plan zur Dämpfung der Sozialbeiträge haben die Koalitionäre in spe aber allem Anschein nach bisher nicht. Die SPD will mit ihrem Vorhaben, das Rentenniveau auf 48 Prozent zu stabilisieren, die Rentenbeiträge sogar noch mehr anheizen. Die CSU besteht auch auf die Mütterrente, die die Finanzen weiter belasten könnten. Auch bei den Krankenkassen gibt es nach aktuellem Stand keine Trendumkehr, noch im Laufe des Jahres sollen die Beiträge vieler Kassen wieder erhöht werden.

Stattdessen wird weiter über die Steuern gestritten. Ein kritischer Punkt ist wohl die Kapitalertragssteuer, die die SPD gerne erhöhen würde, von aktuell 25 auf 30 Prozent. Die Union lehnt dies ab.

Steuererhöhung auf Kapitalerträge steht im Widerspruch zur privaten Rente

Einer der Gründe für ihre Ablehnung: CDU und CSU plädieren für eine Reform der privaten Altersvorsorge, die insbesondere junge Menschen zum Sparen am Kapitalmarkt animieren soll. Ein verpflichtende private Altersvorsorge, wie sie die Union wünscht, soll die Altersarmut bekämpfen und den Druck auf die Rentenversicherung und die Sozialhilfe verringern.

Die SPD mit Parteichef Lars Klingbeil will das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisieren – lässt sich auch die Union von Friedrich Merz dazu bewegen?

Eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer wäre in diesem Zusammenhang besonders pikant. Oder, wie es Jan Holthusen von der DZ Bank gegenüber der Welt ausdrückt: „Die Anhebung der Kapitalertragssteuer von 25 auf 30 Prozent könnte dem positiven Trend ein Ende setzen und die jüngere Generation bei dem Thema desillusionieren“. Denn seit 2020 investieren immer mehr Deutsche, vor allem junge Menschen, auf dem Kapitalmarkt.

Ein weiteres Problem mit der Abgeltungssteuer wäre aus Unionssicht, das damit Investoren in Unternehmen verschreckt werden könnten. Denn wer in die Aktien einer Firma investiert, erhofft sich davon natürlich Gewinne. Bei einer höheren Besteuerung könnten mehr Menschen vom Investieren abgeschreckt werden – genau das Gegenteil hat die Union im Wahlkampf aber versprochen.

Rubriklistenbild: © Michael Kappeler/dpa

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