Ukraine-Krieg
Trotz Sanktionen: Diese Länder versorgen Russland fleißig mit Waffen
VonLars-Eric Nievelsteinschließen
Die westlichen Nationen versuchen Russland mit Sanktionen zu schaden. Andere Länder ziehen nicht mit. Stattdessen ermöglichen sie Russland die Kriegsführung.
Brüssel – Neben dem auf dem Feld ausgetragenen Ukraine-Krieg tobt zwischen den westlichen Industrienationen und Russland ein Sanktionskrieg. Während Wladimir Putin die Wirtschaft Russlands auf Krieg umgestellt und damit die Zukunft seines Landes riskiert hatte, erhält er Unterstützung von verschiedenen Staaten, die sich konstant über die Sanktionen hinwegsetzen. Die kommen jedoch langsam ins Schwanken.
Exporte mehr als verdoppelt – China als Rettungsleine Russlands
Das wohl wichtigste Land für den russischen Handel ist derzeit China. „Etwa 90 Prozent der Waren, die von den westlichen Ländern als Produkte mit hoher Priorität gelten, wurden von China geliefert“, zitierte der Kyiv Independent den Forschungsanalysten Nathaniel Sher, der bei Carnegie China tätig ist. Im Jahr 2023 hatte China rund 30 Prozent mehr im Land hergestellte oder re-exportierte Waren nach Russland verkauft als noch im Jahr zuvor. Unter anderem lieferte China Drohnen, Mikrochips und Maschinenteile, die aus der Produktion ansässiger Unternehmen stammten. Seit 2021 sind die Exporte Chinas nach Russland um 121 Prozent gestiegen.
Dass so viele Güter mit doppeltem Verwendungszweck dabei sind (also Güter, die sowohl im zivilen als auch im militärischen Sektor Anwendung finden), zeige, dass China keineswegs so neutral ist, wie es sich darstellt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kommentierte das am 6. Mai wie folgt: „Es sind mehr Anstrengungen erforderlich, um die Lieferung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck nach Russland einzudämmen, die ihren Weg auf das Schlachtfeld finden.“ Anfang Mai war der chinesische Präsident Xi Jinping unter anderem in Frankreich gewesen.
China und Indien nehmen langsam Abstand von Russland
Die westlichen Staaten stoßen im Zuge des Kleinkriegs um die Sanktionen immer wieder auf das Problem, dass Länder wie China auch Produkte aus dem Westen auf die eine oder andere Art nach Russland überführen. China hatte bereits bewiesen, dass es sowohl als Produzent der sanktionierten Artikel als auch als Vermittler für die Wiederausfuhr aus anderen Ländern agierte. Gegen den Verkauf der heimischen Waren hat der Westen nur begrenzte Mittel, aber den Weiterverkauf von westlichen Waren kann er durchaus eindämmen.
Die Angst vor Sanktionen hatte zuletzt mehrere chinesische Banken dazu gebracht, Abstand zum Russland-Geschäft zu nehmen. Im April brachen die Exporte Chinas nach Russland um rund zehn Prozent ein (verglichen mit dem Vorjahresmonat) – Experten sehen hier Auswirkungen der westlichen Sanktionen. Gerechnet auf das erste Jahresviertel war trotzdem ein Anstieg zu betrachten. Indien wiederum hatte zuletzt angedeutet, seinen Ölhandel mit Russland einschränken zu wollen.
Nordkoreanische Unterstützung für den Kreml noch ungebrochen – aber die Waffen veralten
Weiter bezieht Russland einen Teil seiner Waffen aus Nordkorea. Informationen des südkoreanischen Geheimdienstes zufolge liefert das Land derzeit Artilleriegeschosse und andere Waffen, die es in den Siebzigern produziert hatte. „Die NIS analysiert den relevanten Umstand im Detail und verfolgt auch weiterhin die allgemeine militärische Zusammenarbeit zwischen Nordkorea und Russland“, zitierte die Nachrichtenagentur AP News einen Sprecher des Geheimdienstes.
Nordkorea ist selbst mit schwersten Sanktionen belegt und hatte im Laufe der letzten Jahrzehnte tendenziell mehr Wert auf Aufrüstung als auf die Versorgung der eigenen Zivilbevölkerung gelegt. Laut dem US-Außenministerium hatte Nordkorea im Jahr 2021 rund 26 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung gesteckt – so viel wie sonst keines von rund 170 untersuchten Ländern. Im Jahr 2023 hatte das Land wiederholt Raketentests durchgeführt und Angriffe auf US-amerikanische und südkoreanische Ziele simuliert.
Drohnenlieferungen aus dem Iran: Putins Waffenlieferanten im Blick
Und zuletzt gilt der Iran als einer der wichtigsten Waffenlieferanten Russlands. Schon 2001, lange vor dem Ukraine-Krieg, hatten Russland und der Iran ein strategisches Abkommen unterzeichnet, das zwanzig Jahre anhalten sollte. Erst kürzlich haben sie diese Vereinbarung erneuert. Aktuell ist Russland der größte ausländische Investor im Iran. Nicht nur lagert Russland dort Öl, es gibt auch direkte Verbindungen zwischen den Bankensystemen beider Länder. Staatliche Energieunternehmen haben bereits Vereinbarungen zur Erschließung iranischer Öl- und Erdgasfelder geschlossen.
Laut dem Washington Institute wird Russland immer abhängiger von den Waffenlieferungen aus dem Iran. Unter anderem lieferte der Iran Drohnen, Luft-zu-Boden-Munition und Artilleriemunition, außerdem baue das Land eine Drohnenfabrik innerhalb von russischem Territorium. Ob zusätzliche westliche Sanktionen den Iran dazu bringen können, die Unterstützung einzustellen, bleibt dahingestellt – immerhin liegen auf dem Land bereits massive Handelsbeschränkungen.
EU steht weiter hinter Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft
Die Europäische Union (EU) wiederum setzt alles daran, Russlands Kriegskosten weiter zu erhöhen und seine Einnahmequellen zu schwächen. „Wir sind weiterhin bestrebt, unsere Sanktionen gegen Russland vollständig umzusetzen und durchzusetzen und bei Bedarf neue Maßnahmen zu ergreifen“, teilte die EU im Februar mit. Dabei wolle sie mit Drittstaaten „eng zusammenarbeiten“ und „allen Versuchen entgegentreten“, die der Umgehung von bereits eingesetzten Exportkontrollmaßnahmen dienen. Auch diejenigen Länder, die Russland dabei helfen, Werkzeuge oder andere der Kriegsproduktion dienliche Ausrüstung zu erwerben, müssten mit Sanktionen rechnen.
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