Ukraine-Krieg

Neue Sanktionen gegen Russland – Diese Asse hat der Westen im Ärmel

  • Lars-Eric Nievelstein
    VonLars-Eric Nievelstein
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Seit 2022 haben westliche Länder eine Vielzahl von Sanktionen gegen Russland verhängt. Die Wirkung blieb hinter den Erwartungen zurück. Welche Mittel hat der Westen noch?

Moskau – Einreisebeschränkungen, Handelsverbote, eingefrorenes Geld. Die Liste der vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen ist lang. Ihre Wirkung ist jedoch umstritten. International scheinen sie Eindruck zu machen, Länder wie Indien nehmen bereits vorsichtig Abstand vom Russland-Handel. Russland dagegen gibt sich widerstandsfähig. Experten fordern einen tieferen Griff in die Trickkiste des Westens.

Menge der eingefrorenen russischen Geldmittel im WestenRund 300 Milliarden Euro
So viele Personen und Unternehmen sind von westlichen Sanktionen betroffen1718 Personen und 419 Einrichtungen
Tatsächlicher Start des Krieges in der Ukraine18. März 2014 (Krim-Einmarsch)
Russische Präsidentschaftswahl15-17 März

Wie Russland westliche Sanktionen umgeht

Zum Hintergrund: Die westlichen Sanktionen haben – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – zwei grundlegende Probleme. Erstens sind sie in der Breite von Natur aus auf eine eher langfristige Wirkung ausgelegt. Das heißt, ihr voller Effekt wird sich erst in Jahren zeigen. Zweitens hat Russland viele Wege gefunden, um die Sanktionen zu umgehen, und damit international Ökonomen überrascht.

Wladimir Putin in Moskau. Seit 2022 haben westliche Länder eine Vielzahl von Sanktionen gegen Russland verhängt. Die Wirkung blieb hinter den Erwartungen zurück. Welche Mittel hat der Westen noch?

Ein Beispiel dafür wären die Sanktionen auf russische Diamanten, die Russland einfach über Indien und andere willige Transferländer in den Westen geschleust hat. Das funktionierte aufgrund einer Eigenart des internationalen Diamanthandels, nach dem Diamanten internationaler Herkunft beim Schliff in „gemischten“ Lieferungen landeten. Ähnlich macht Russland es derzeit beim Ölhandel. Eine „Geisterflotte“, auf die die USA derzeit Jagd machen, sorgt für eine „Anonymisierung“ von Öllieferungen, sodass russisches Öl trotz Sanktionen in den Westen gelangt.

Experten fordern Sanktionen gegen russisches Gas

Ökonomen fordern nun weitere Maßnahmen vonseiten des Westens – welche, die sich nicht so leicht sabotieren lassen. Der Business Insider schreibt zum Beispiel unter Berufung auf den Russland-Experten Owen Matthews, dass die Nordstream-Explosionen Russland wesentlich mehr geschadet hätten als alle deutschen Sanktionen. Matthews sieht im russischen Gas weiteres Potenzial für neue Sanktionen. Dieses hatte der Westen vorher noch nicht angefasst.

Neben direkten Sanktionen gegen Russland hätte der Westen außerdem noch viel Spielraum bei der Sanktionierung von Drittstaaten, die dabei helfen, die „Primärsanktionen“ zu umgehen. „Russland braucht keine Kredite aus dem Ausland, aber es braucht Devisen in Form von Energieexporten, um den Haushalt zu finanzieren, Importe zu bezahlen und den Rubel zu stabilisieren“, sagte Liam Peach, Ökonom bei Capital Economics, dazu.

Allerdings dürfte der Westen davon absehen – zu hoch sei das Risiko, dass Russland eine dominante Stellung in der Energie einnehmen könnte. Für möglich hält Matthews allerdings eine Sanktionierung von Exporten außerhalb des Öls, darunter Industriemetalle und Flüssigerdgas.

Weitere Maßnahmen aus Europa – wie sehen neue Sanktionen aus?

Der Europäische Rat teilte mit, dass die EU weitere Maßnahmen ergreifen will, um der „zunehmenden Umgehung“ von EU-Sanktionen zu begegnen. Zum Beispiel habe der Staatenbund beschlossen, die Zusammenarbeit mit Drittländern sowie die Bereitstellung technischer Dienste zu stärken. In Fällen, in denen die Zusammenarbeit „nicht zu den beabsichtigten Ergebnissen führt“, wolle die EU „schnelle und gezielte“ Maßnahmen ergreifen, um Russland die Ressourcen zu entziehen. Damit soll es dem Land schwerer fallen, den Angriffskrieg gegen die Ukraine fortzusetzen.

Sollte Russland westliche Sanktionen dennoch weiter umgehen, aller individuellen Sanktionen und Maßnahmen zum Trotz, will die EU „außergewöhnliche letzte Mittel“ ergreifen. Der Rat könne zum Beispiel einstimmig beschließen, den Verkauf, die Übertragung oder den Export von bereits sanktionierten Gütern und Technologien auf Drittländer mit einem besonderen Vertrauensstatus zu beschränken.

Konkret würde das eine Handelsbeschränkung in diejenigen Länder bedeuten, die Russland derzeit bei der Umgehung von Sanktionen helfen.

Eine weitere Maßnahme, die noch auf dem Tisch liegt, ist die direkte Nutzung von russischem Geld in der Ukraine. Zur Erklärung: Die EU hat rund 300 Milliarden Euro an russischen Vermögenswerten in europäischen Banken eingefroren. Dieses der Ukraine zu übergeben, ist seit langem eine Idee der Unterstützer. Allerdings fehlt dazu noch die rechtliche Handhabe.

Russland Wohlstand schmilzt dahin

Wie geht es weiter? Aktuell zeigen sich die Sanktionen des Westens vorrangig an Stellen, die die Öffentlichkeit nicht immer einsieht. Zum Beispiel musste Russland viel Geld aus dem Wohlstandsfonds abziehen, um die eigene Wirtschaft zu stützen. Noch am heutigen Mittwoch (13. März) sollen neue Wirtschaftsdaten aus Russland kommen. Bei diesen Daten ist stets Vorsicht geboten – vor allem angesichts der kommenden Präsidentschaftswahl wird Wladimir Putin wohl kaum belastende Zahlen veröffentlichen lassen.

Rubriklistenbild: © IMAGO / Russian Look

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