Automobilindustrie in der Krise
Paris fordert EU-Förderungen für Elektroautos – Keine „einfache Konjunkturkrise“
VonLars-Eric Nievelsteinschließen
Europa plant, höhere Zölle auf chinesische Elektroautos zu erheben. China reagiert umgehend. Doch das genügt Paris nicht.
Paris – Die deutsche Autobranche ist ins Schlittern geraten. Schon vor Monaten hatten Autozulieferer Stellenabbauten angekündigt, beim Branchentitan Volkswagen (VW) stehen historische Sparmaßnahmen zur Debatte. Speziell für VW waren bereits Subventionen im Gespräch. Der französischen Regierung reicht das nicht.
Europa-Subventionen für Elektroautos – „Europäisches Modell“ steht infrage
Marc Ferracci, der französische Industrieminister, will mit einem europäischen Krisenplan auf diese Entwicklung reagieren. Die Autobranche brauche dringende Unterstützung. Gegenüber dem Handelsblatt hatte er Maßnahmen vorgeschlagen, die die Nachfrage nach in Europa gebauten E-Autos zumindest kurzfristig steigern sollen. Auch bei den zugrundeliegenden BRanchen, etwa Stahl oder Chemie, müsse Europa eingreifen.
„Was wir erleben, ist nicht nur eine einfache Konjunkturkrise wegen steigender Energieprise oder des Anstiegs der Zinsen“, erklärte Ferracci. Das „europäische Modell“, also eine stark auf den Export ausgerichtete Wirtschaft, stehe derzeit infrage. Die USA und China stellen eine „außerordentlich starke Konkurrenz“, dar, die „immer seltener die Regeln der Welthandelsorganisation“ einhalte.
Allerdings gibt es aus seiner Sicht ein Problem: Der EU-Binnenmarkt und die Wettbewerbspolitik seien nicht auf eine solche Maßnahme vorbereitet. „Wir brauchen eine ambitionierte Industriepolitik, die genauso strukturiert und koordiniert ist wie der sehr offensive Ansatz Chinas oder der USA.“ Seine Lösung: eine europäisch abgestimmte Kaufprämie für E-Autos. Diese solle sich am französischen Modell orientieren. Frankreich hatte zum Beispiel die Förderung vom CO₂-Ausstoß in der Produktion abhängig gemacht, was chinesische Autos ausschloss.
Chinas Mega-Subventionen für Elektroautos – Experten sehen Boom voraus
Derzeit blicken westliche Nationen zumindest mit Misstrauen auf die Entwicklung rings um den chinesischen Automarkt. Die Probleme der deutschen Autohersteller sind in diesen Tagen nur allzu offensichtlich – das betrifft nicht nur Volkswagen, sondern auch die anderen Hersteller und die Zulieferer. Aktuell versucht China, auch bei den Elektroautos einen Fuß in die Tür zu bekommen. Massive Subventionen stützen die heimischen Autobauer. Andere Branchen, darunter etwa die Photovoltaik oder der Textilhandel, leiden ebenfalls schon unter der chinesischen Produktflut.
Ein weiteres Problemfeld für den klassischen Autobau ist die Energiewende. Der Verbrenner leidet im logischen Umkehrschluss darunter, dass die europäischen Länder ihren Treibhausgasausstoß nach EU-Vorschrift drastisch senken müssen. Stattdessen richtet sich der Markt langsam aber sicher in Richtung Elektroauto.
Hier sollen chinesische Hersteller innerhalb der kommenden Jahre einen massiven Vorteil haben. Laut dem US-amerikanischen Nachrichtenportal CNBC sollen sie bis 2030 rund 33 Prozent des globalen Automobilmarktes beherrschen. Dabei berief sich CNBC auf eine Analyse der Beratungsfirma AlixPartners. Ein größerer Teil dieses Wachstums soll außerhalb von China vonstattengehen. Die Verkäufe außerhalb Chinas sollen bis 2030 von rund drei Millionen Autos (2024) auf rund neun Millionen ansteigen, was ein Wachstum von drei Prozent auf 13 Prozent des Marktanteils bis zum Ende der Dekade bedeuten würde.
Strafzölle sollen China-Elektroautos eindämmen – Deutschland stellt sich quer
Die westlichen Industrienationen suchen derzeit nach passenden Werkzeugen, um eine chinesische Dominanz zu verhindern. Vonseiten der EU läuft eine Untersuchung, die feststellen soll, ob China mit übermäßigen Subventionen eine Marktverzerrung betreibt. Die Staaten haben bereits Strafzölle verabschiedet, die die Einfuhr chinesischer Elektroautos beeinflussen sollen. Deutschland hatte dagegen gestimmt – auch aus Sorge vor einem Handelskonflikt.
Laut der Nachrichtenagentur Reuters hat China wiederum auf die Zölle reagiert und Auto-Hersteller aus dem Reich der Mitte angewiesen, große Investitionen in Europa auf den Prüfstand zu stellen. Insider hätten angegeben, dass die chinesischen Firmen dazu angehalten sind, EU-Staaten zu bevorzugen, die gegen die neuen Strafzölle der EU gewesen seien. Das würde bedeuten, dass China – obwohl die Strafzölle trotzdem EU-weit gelten – auch Deutschland bevorzugen würde. (Laernie mit Material von Reuters)
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