Bedingungsloses Grundeinkommen
Bürgergeld am Ende? 1200 Euro im Monat für jeden sollen es ersetzen - laut Fachleuten
VonSabrina Hoffmannschließen
Soll das Bürgergeld abgeschafft werden? Schon seit Jahren wird eine Alternative diskutiert, die allen Menschen in Deutschland zugute käme: Das bedingungslose Grundeinkommen.
Deutschland streitet über das Bürgergeld. Die einen finden es zu hoch. Die anderen zu niedrig. Die einen fürchten, dass „Sozialschmarotzer“ dem Staat auf der Tasche liegen. Die anderen beklagen, dass strenge Regeln und Kontrollmaßnahmen ein menschenwürdiges Leben für Bürgergeld-Empfangende unmöglich machen.
Immer wieder wird auch die Forderung laut, soziale Leistungen wie das Bürgergeld ganz abzuschaffen. Und durch eine revolutionäre Maßnahme zu ersetzen: Das bedingungslose Grundeinkommen. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) läge dies bei etwa 1.200 Euro im Monat für Erwachsene und 600 Euro im Monat für Kinder. Das Geld bekämen alle Bürger:innen in Deutschland – unabhängig vom sozialen Status.
Bedingungsloses Grundeinkommen als Alternative zum Bürgergeld?
Die Gründerin der Berliner Tafel Sabine Werth hat diese Idee jetzt wieder ins Gespräch gebracht. In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel schreibt sie: „Die Schere zwischen ‚oben‘ und ‚unten‘ geht immer weiter auseinander. Inzwischen ist das DIE Binsenweisheit schlechthin. Aber nur darüber zu klagen, bringt uns keinen Schritt weiter.“
Sie folgert: „Entweder sollten wir uns auf das Experiment „Bedingungsloses Grundeinkommen“ einlassen, und davon sind wir mit einer Regierung, die als Erstes das Bürgergeld abschaffen, einfrieren, einschränken, verschärfen oder was sonst noch Menschenverachtendes plant, weit entfernt. Oder wir sollten dafür sorgen, dass reiche Menschen in unserem Land stärker zu einer gerechteren Gesellschaft beitragen.“
dm-Gründer Götz Werner forderte zu Lebzeiten das bedinungslose Grundeinkommen
Ein prominenter Befürworter des bedingungsloses Grundeinkommens war der 2022 verstorbene dm-Gründer Götz Werner. „Es soll sich beim Grundeinkommen aber gar nicht um ein ‚Reichmachen ohne Leistung’ handeln, es soll vielmehr gerade Leistung ermöglichen“, schrieb er. „Auf diese Weise hätten die Bürger mehr Zeit für die Familie sowie mehr Freiheit und finanzielle Sicherheit, die früher durch ein Lohneinkommen garantiert wurden und die zum Beispiel bei der Gründung einer Familie so entscheidend sind.“
Der belgische Forscher Stef Kuypers sieht die Lösung in einem schuld- und zinsfreien Geldsystem, in dem Regierungen für die Verteilung von Geld verantwortlich sind und ein bedingungsloses Grundeinkommen ausschütten. An Kuypers Forderungen gibt es auch Kritik. „Das Problem ist, dass für solch ein System alle die gleichen normativen Einstellungen haben müssen“, sagt der Ökonom Tobias Hentze zu BuzzFeed News Deutschland von Ippen.Media. Er leitet das Themencluster Staat, Steuern und soziale Sicherung am Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW).
„Kapitalismus ermöglicht in einer Welt, in der es so viele Vorstellungen davon gibt, was richtig und was falsch ist, am meisten Freiheit – und Wohlstand. Er ermöglicht, dass zwei Menschen, die eine ganz andere Einstellung haben, in dieser Gesellschaft trotzdem fair miteinander leben können“, sagt Hentze. „Das, was da ist, gerecht zu teilen, das funktioniert vielleicht in einer Kommune mit zehn Leuten, aber nicht im größeren Kontext.“
In Hamburg findet im Herbst 2025 ein Volksentscheid über einen Modellversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen statt. Wenn die Initiatoren genug Stimmen sammeln, sollen 2.000 Menschen drei Jahre lang ein Grundeinkommen erhalten.