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Bei TV-Duell zur US-Wahl war nicht nur Biden schlecht: „Trumps Auftritt bei der Debatte war schrecklich“
VonJames Warren Davis
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Nach der hitzigen Debatte gibt es Spekulationen, dass Joe Biden seine Kandidatur für die US-Präsidentschaftswahlen zurückziehen könnte.
Kaum jemanden kann die USA, ihre Politik und die kommenden Präsidentschaftswahlen besser analysieren als er: Der amerikanische Politikwissenschaftler James W. Davis. Er ist ausgewiesener Experte für US-Politik und Internationale Beziehungen, lehrt seit Jahrzehnten im deutschsprachigen Raum. Für IPPEN.MEDIA schreibt er regelmäßig über die Lage der USA und die kommende Präsidentschaftswahl.
Die offensichtliche Frage ist: Warum steigt er nicht aus dem Rennen aus? Wenn es am Mittwoch noch Zweifel gab, so hat die Leistung von Präsident Joe Biden in der ersten von zwei Präsidentschaftsdebatten zur US-Wahl 2024 am Donnerstag viele zu der Schlussfolgerung veranlasst, dass er die körperliche Ausdauer und geistige Schärfe verloren hat, die die Amerikaner zu Recht von einer Person erwarten dürfen, die das höchste Amt des Landes bekleidet. Die naheliegendste Antwort auf diese Frage ist, dass er die zunehmenden Auswirkungen des Alters einfach nicht akzeptiert hat. Und offenbar waren seine Familie und seine engsten Berater nicht willens oder in der Lage, ihn damit zu konfrontieren.
Bei TV-Duell liefern sich Biden und Trump harten Schlagabtausch vor US-Wahl 2024
Fairerweise muss man sagen, dass Trumps Auftritt bei der Debatte schrecklich war. Er hat 90 Minuten durchweg gelogen und war gezwungen, sein persönliches Verhalten zu verteidigen, anstatt seine Politik. Und er hat keine positive Vision für die Zukunft geliefert. Aber niemand hat etwas anderes erwartet. Wenn die Wahl zwischen einem anständigen, aber schwankenden Biden und dem moralischen Bankrott von Trump besteht, ist meine Wahl klar.
Es mag sein, dass Joe Biden vor vier Jahren der einzige Demokrat war, der die Erfahrung und Glaubwürdigkeit besaß, um Donald Trump zu besiegen. Nach gestern Abend ist er wahrscheinlich die einzige Person in der Demokratischen Partei, die gegen einen schwafelnden Demagogen, der wegen Vergewaltigung, Verleumdung und Fälschung von Finanzunterlagen verurteilt wurde, verlieren könnte. Er liess einfach zu viele Zweifel darauf aufkommen, ob er dem Amt immer noch gewachsen sei.
Nach TV-Duell: Für Demokraten ist es Zeit von Biden zu Plan B zu wechseln
Es ist also an der Zeit, einen „Plan B“ für die US-Wahl auf den Weg zu bringen, und wenn die Demokraten noch keinen haben, müssen sie sich bald einen einfallen lassen. Denn Parteien sind dazu da, Wahlen zu gewinnen, und im Moment scheint es höchst unwahrscheinlich, dass die Demokraten dies mit dem derzeitigen Präsidenten tun können.
Wie könnten die Konturen einer solchen Rettungsaktion aussehen? Zunächst müsste eine Gruppe von Parteigrößen – zum Beispiel die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die derzeitigen Führer der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat, ein oder zwei Gouverneure und vielleicht der afroamerikanische Kongressabgeordnete Jim Clyburn, dessen Unterstützung entscheidend dafür war, dass Biden vor vier Jahren die Unterstützung seiner Partei erhielt – dem Präsidenten klarmachen, dass es bei der Wahl nicht um eine Person, sondern um das Schicksal des Landes geht. Sie müssten dem Präsidenten die Zeit und den Raum geben, die er braucht, um seinen Abgang zu choreografieren. Sie können ihm sicherlich helfen, indem sie das Land daran erinnern, dass Joe Biden sich seinen Platz in der Geschichte als der Mann gesichert hat, der Donald Trump besiegte, den Anstand im Weißen Haus und Amerikas Ruf bei seinen Verbündeten wiederherstellte und die Verabschiedung von historischen Infrastruktur- und Klimagesetzen sicherte. Joe Bidens Bilanz als Präsident ist nichts, wovor man weglaufen sollte!
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Parteiälteste müssen nach TV-Duell alternativen Bannerträger für US-Wahl vorschlagen
Zweitens müssten die Parteiältesten einen alternativen Bannerträger vorschlagen. Obwohl ich der Meinung bin, dass die Vizepräsidentin Kamala Harris weitaus besser ist als ihr Ruf und im Falle einer Nominierung die Unterstützung einer Mehrheit der Amerikaner verdienen würde, gibt es ein starkes Argument für eine Ausweitung der Suche. Zumindest würde ein Wechsel von Biden zu Harris den Vorwurf der Illoyalität aufkommen lassen und die Frage aufwerfen, ob sie die ganze Zeit über einen Palastputsch geplant hat.
Sicherlich würde man die vielen talentierten und erfolgreichen demokratischen Gouverneure genau anschauen. Viele von ihnen befinden sich in ihrer zweiten Amtszeit, haben exekutive Erfahrung gesammelt und kennen die anhaltenden wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, denen sich der Durchschnittsamerikaner gegenübersieht. Einige von ihnen kommen aus den sogenannten „Swing States“, d. h. den Bundesstaaten, in denen Demokraten und Republikaner gleich stark vertreten sind und die für einen Sieg im November benötigt werden.
► James W. Davis, US-Amerikaner, ist einer der renommiertesten Experten für US-Politik und internationale Beziehungen.
► Er studierte Internationale Beziehungen an der Michigan State University, promovierte 1995 in Politikwissenschaft an der Columbia University und habilitierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er bis 2005 lehrte.
► Seit 2005 ist er Professor für Internationale Beziehungen und Direktor des Instituts für Politikwissenschaft an der Universität St. Gallen.
►Davis ist Autor mehrerer Bücher und hat zahlreiche wissenschaftliche Ehrungen erhalten, darunter Gastprofessuren und Fellowships an renommierten Institutionen.
Eine Alternative zu Biden-Harris sollte auf Ausgewogenheit abzielen. Wenn der Spitzenkandidat Gouverneur oder Gouverneurin wäre, könnte die Nummer zwei jemand aus dem Senat mit starken außen- und verteidigungspolitischen Qualifikationen sein. Wenn der Präsidentschaftskandidat links der Mitte steht, könnte die Nummer zwei ein Konservativer oder sogar ein ehemaliger Republikaner aus der „Never Trump“-Bewegung sein.
Doch hätte eine Alternative zu Biden das Potenzial, eine unglaubliche Welle aufgestauter Energie in der demokratischen Partei freizusetzen. Sie würde die jüngeren Wähler inspirieren, die so wichtig für die Koalition waren, die Barak Obama gewählt hat, die aber einer zweiten Amtszeit Bidens gegenüber apathisch geworden sind. Selbst wenn es die durch den Gaza-Krieg entstandene Kluft innerhalb der Partei nicht vollständig überbrücken würde, könnte ein alternatives Team dazu beitragen, die parteiinterne Debatte bis nach der Wahl auszusetzen. Und ich habe keine Zweifel, dass Joe Biden mit etwas Zeit selbst zu einem der stärksten Befürworter eines Teams ausgeruhter Läufer werden würde, die bereit sind, die Fackel der Freiheit in der nächsten Staffel in diesem Rennen zur Rettung der Republik zu tragen.