Bundesnachrichtendienst
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Das Logo des Bundesnachrichtendienstes (BDN), aufgenommen am 31.03.214 in Berlin während der Eröffnung der Nordbebauung der Zentrale des BND.

Gauck besorgt, Merkel schweigt

Wurde Spion beim BND von der CIA gesteuert?

Berlin - Die NSA-Späh-Affäre hat das deutsch-amerikanische Verhältnis stark belastet. Bundespräsident ist besorgt über den Maulwurf beim BND. Nun soll auch die CIA die Finger im Spiel gehabt haben.

Bundespräsident Joachim Gauck hat sich besorgt über den Spionagefall

Bundespräsident Joachim Gauck.

beim Bundesnachrichtendienst (BND) gezeigt und vor einer Belastung der deutsch-amerikanischen Beziehungen gewarnt. "Wir hatten wirklich eine lange und intensive Debatte darüber, mit welchen Rechten die NSA ausgestattet ist gegenüber anderen Ländern und den Bürgern aus unserer Nation", sagte Gauck. Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass ein BND-Mitarbeiter für einen US-Geheimdienst spioniert hat, „dann ist das wirklich ein Spiel auch mit Freundschaft, mit enger Verbundenheit“, sagte Gauck im ZDF-Sommerinterview. „Dann ist ja nun wirklich zu sagen: Jetzt reicht's auch einmal.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich bislang hingegen nicht zu dem Spionagefall geäußert. Ihr Regierungssprecher Steffen Seibert hatte am Freitag jedoch von einem "sehr ernsten Fall" gesprochen. Da Merkel auf Auslandsreisen das Geschehen im Inland grundsätzlich nicht kommentiert, ist bis zu ihrer Rückkehr von ihrer bis Dienstag dauernden Chinareise keine Meldung von ihr zu erwarten.

BND: "Späh-Affäre ist kein GAU"

Die Affäre um den US-Spion beim Bundesnachrichtendienst scheint allerdings nicht ganz so weite Kreise zu ziehen wie zunächst befürchtet. Der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags ist nach Angaben seines Vorsitzenden Patrick Sensburg entgegen ersten Berichten doch nicht ausspioniert worden. Zudem war der Spion laut BND nur eine Hilfskraft in der Abteilung „Einsatzgebiete Ausland“ und kein Agent des Auslandsgeheimdienstes. „Es ist nach der ersten Bewertung nicht etwas, was der GAU (größte anzunehmende Unfall) wäre“, hieß es in ranghohen BND-Kreisen.

Die Bundesanwaltschaft hatte bereits am Mittwoch einen 31-jährigen BND-Mitarbeiter festnehmen lassen. Er hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur über einen Zeitraum von zwei Jahren 218 Dokumente an US-Geheimdienste weitergeleitet und dafür 25.000 Euro kassiert. Die Dokumente enthielten laut BND keine besonders sensiblen Informationen. Der BND geht davon aus, dass der Spion aus finanziellem Interesse und Geltungsdrang gehandelt hat.

Verhafteter BND-Mann spionierte offenbar für die CIA

Nach Informationen der "Bild am Sonntag" hat der 31-Jährige für den US-Geheimdienst CIA gearbeitet. Noch vor fünf Tagen, am 1. Juli, habe er geheime Dokumente zum NSA-Untersuchungsausschuss an die Amerikaner geliefert, berichtet die Zeitung in einer Vorabmeldung. Die deutschen Dienste seien sich sicher, dass die CIA in die Angelegenheit involviert sei. Der mutmaßliche Doppelagent habe angegeben, einmal pro Woche geheime Dokumente an die USA geschickt zu haben.

Die US-Behörden hätten den BND-Mitarbeiter offenbar genau gesteuert, hieß es in dem Bericht weiter. Sein letzter Auftrag habe darin bestanden, Informationen aus dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages zu besorgen. Von den insgesamt 218 gelieferten Dokumenten hätten die letzten beiden Sendungen den NSA-Ausschuss betroffen. Dabei handelte es sich dem Bericht zufolge um interne Zusammenstellungen des Bundesnachrichtendienstes (BND) für den Untersuchungsausschuss.

Die Bundesregierung fordert nach Informationen der "Bild am Sonntag" nun, die Agenten des "Joint Intelligence Staff" (Integrierter Geheimdienst-Stab) in der Berliner US-Botschaft auszuwechseln. Auch ein Austausch des US-Botschafters gelte nicht mehr als ausgeschlossen.

USA sollten helfen, den Maulwurf zu finden

Die beim Bundesamt für Verfassungsschutz angesiedelte Spionageabwehr kam dem Maulwurf Ende Mai auf die Spur, nachdem er dem russischen Geheimdienst seine Dienste in einer E-Mail an das russische Generalkonsulat in München angeboten hatte. Als Beleg für seinen Wert schickte der Mann drei als geheim eingestufte BND-Dokumente mit, von denen zwei den NSA-Untersuchungsausschuss betrafen. Diese E-Mail wurde vom Verfassungsschutz abgefangen.

Um den Maulwurf zu überführen soll sich die deutsche Seite sogar an US-Behörden gewandt haben. Sie wollte so herausfinden, ob die Google-Mail-Adresse, von der aus das russische Generalkonsulat angeschrieben worden war, dort möglicherweise bekannt ist, berichten der „Spiegel“ und die „Welt am Sonntag“. Laut „Spiegel“ reagierte die US-Seite aber nicht.

Konsequenzen aus Späh-Affäre gefordert

Der CSU-Außenpolitiker Hans-Peter Uhl forderte Konsequenzen: „Die Amerikaner halten sich ganz offenkundig nicht daran, dass man Verbündete nicht ausspäht. Sie führen sich in Deutschland auf wie eine digitale Besatzungsmacht“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Es sei deshalb an der Zeit, „sich unabhängiger von den amerikanischen Geheimdiensten zu machen“. Auch müsse die technische Ausstattung der deutschen Dienste verbessert werden.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat von den USA Aufklärung über die Spionagevorwürfe gegen einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendiensts (BND) verlangt. „Wenn die Berichte zutreffen, dann reden wir hier nicht über Kleinigkeiten“, sagte Steinmeier am Sonntag bei einem Besuch in der Mongolei. Deshalb müssten die USA „mit ihren Möglichkeiten an einer schnellstmöglichen Aufklärung mitwirken“, sagte Steinmeier. „Aus Eigeninteresse sollten die USA dieser Mitwirkungspflicht auch Folge leisten.“ Nichts dürfe unter den Teppich gekehrt werden.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière verlangte "schnelle und eindeutige Äußerungen" der USA zu dem Spionagevorwurf. Es handle sich um einen "sehr schwerwiegenden" Vorfall, sagte de Maizière der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe). "Die vom Generalbundesanwalt erhobenen Vorwürfe wiegen sehr schwer und müssen jetzt zügig aufgeklärt werden." Die Ermittlungen müssten zeigen, was konkret dem Beschuldigten vorgeworfen werde. "Erst dann können wir das Ausmaß der mutmaßlichen Spionage beurteilen, insbesondere auch die Frage beantworten, wer daran beteiligt war", warnte der Innenminister vor voreiligen Schlüssen.

Martina Renner, Linken-Obfrau im NSA-Untersuchungsausschuss, verlangte in der Zeitung, der Generalbundesanwalt müsse endlich „ein Ermittlungsverfahren wegen der massenhaften Ausspähung deutscher Bürger durch die NSA und anderer Machenschaften dieses Dienstes einleiten“.

Prism, XKeyscore & Co. - Chronologie der NSA-Spähaffäre

Prism, XKeyscore & Co. - Chronologie der NSA-Spähaffäre

Snowden
Seit der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden Anfang Juni die massiven Überwachungsprogramme verbündeter Geheimdienste enthüllte, beschäftigt die Spähaffäre auch die deutsche Politik. In welchem Umfang der US-Geheimdienst deutsche Bürger auskundschaftet, ist noch immer unklar. Ein Rückblick: © AFP
6./7. Juni: "Guardian" und "Washington Post" berichten über ein geheimes Überwachungsprogramm namens "Prism", mit dem der US-Geheimdienst NSA auf Serverdaten großer Internetkonzerne wie Google, Facebook oder Microsoft zugreife - und damit potenziell auch auf Daten deutscher Bürger. Quelle der Enthüllungen ist der Ex-Geheimdienstmitarbeiter Snowden, der seitdem auf der Flucht vor der US-Justiz ist.
6./7. Juni: "Guardian" und "Washington Post" berichten über ein geheimes Überwachungsprogramm namens "Prism", mit dem der US-Geheimdienst NSA auf Serverdaten großer Internetkonzerne wie Google, Facebook oder Microsoft zugreife - und damit potenziell auch auf Daten deutscher Bürger. Quelle der Enthüllungen ist der Ex-Geheimdienstmitarbeiter Snowden, der seitdem auf der Flucht vor der US-Justiz ist. © dpa
Angela Merkel will die komplette Amtszeit absolvieren, sollte sie erneut zur Bundeskanzlerin gewählt werden.
10./11. Juni: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnt vor einer "möglichen Beeinträchtigung von Rechten deutscher Staatsangehöriger". © AFP
Barack Obama
19. Juni: US-Präsident Barack Obama versichert nach einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin, die US-Geheimdienste würden sich künftig eng mit den deutschen Partnern abstimmen. © dpa
In Berlin demonstrierten rund 500 Bürger gegen die Überwachung.
Beim Besuch von Obama in Berlin protestieren etwa 200 Menschen gegen Überwachung. © AFP
29./30. Juni: US-Geheimdienstler spähen nach Informationen des Magazins „Der Spiegel“ auch die Europäische Union aus. In Deutschland sei der Abhördienst NSA besonders aktiv. Politiker reagieren empört.
29./30. Juni: US-Geheimdienstler spähen nach Informationen des Magazins „Der Spiegel“ auch die Europäische Union aus. In Deutschland sei der Abhördienst NSA besonders aktiv. Politiker reagieren empört. © picture alliance / dpa
Außerdem wird die Kanzlerin und CDU-Chefin als "Angela 'Teflon' Merkel" beschrieben, weil vieles an ihr abgleite wie an einer Teflon-Pfanne. 
1. Juli: Merkel weist den Vorwurf zurück, sie habe von der US-Späherei in Deutschland gewusst. © picture alliance / dpa
BND
7. Juli: Snowden beschuldigt den Bundesnachrichtendienst (BND) in einem "Spiegel"-Interview, schon seit langem mit der NSA zusammenzuarbeiten. © picture alliance / dpa
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bei der Pressekonferenz nach seinen Gesprächen in Washington.
12. Juli: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) spricht in Washington mit US-Regierungsvertretern. Nach seiner Reise verteidigt er die Überwachungsprogramme. NSA-Informationen hätten Terror-Anschläge in Deutschland verhindert. Oppositionspolitiker kritisieren die Reise als reine "Symbolpolitik"; die erhoffte Aufklärung sei ausgeblieben. © picture alliance / dpa
Eine Demonstrantin lässt sich in Berlin während eines Protest-"Spaziergangs" vor dem Neubau des Bundesnachrichtendienstes gegen Überwachung von einer Kamera aus Pappe in den Mund "filmen". Zu der Demo hatten Netz-Aktivisten der "Digitalen Gesellschaft" aufgerufen.
15. Juli: Laut „Bild“-Zeitung soll der BND seit Jahren von der NSA-Datenerfassung gewusst und bei Gefahr darauf zugegriffen haben. © picture alliance / dpa
Seinen eigenen trockenen Humor führt er auf seine Großmutter zurück - jüngst antwortete er einem Journalisten auf Fragen, ob er dieses oder jenes ausschließe: „Steinbrück schließt nicht aus, dass er Hundefutter isst“.
14. Juli: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wirft Merkel eine Verletzung ihres Amtseids vor. Unter Merkel und ihrem Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla sei "ein riesiger Schaden für das deutsche Volk entstanden". © dpa
wolf
17. Juli: Ein weiteres „Prism“-Programm soll laut „Bild“ im Kommandobereich der Bundeswehr in Afghanistan zur Überwachung von Terrorverdächtigen eingesetzt worden sein. Regierung und BND versichern, es handele sich um zwei unterschiedliche Programme. © picture alliance / dpa
Merkel
19. Juli: Merkel betont, bei der Überwachung von Daten dürften auch im Kampf gegen den Terrorismus nicht alle technischen Möglichkeiten genutzt werden. „Deutschland ist kein Überwachungsstaat.“ © picture alliance / dpa
NSA-Affäre
21. Juli: Der Verfassungsschutz räumt ein, das NSA-Schnüffelprogramm "XKeyscore" einzusetzen - allerdings nur zu Testzwecken und in beschränktem Umfang. Das Programm soll in 30 Tagen bis zu 41 Milliarden Datensätze von Internet-Nutzern speichern können. © dpa (Symbolbild)
Ronald Pofalla
25. Juli: Als Koordinator der Nachrichtendienste steht Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) des Bundestages erstmals Rede und Antwort. Er weist Vorwürfe gegen deutsche Dienste im PKG zurück. Es seien von deutscher Seite im Zusammenhang mit einem Entführungsfall nur zwei Datensätze an die USA übermittelt worden. Union und FDP machen die frühere rot-grüne Bundesregierung dafür verantwortlich, dass nach dem 11. September 2001 die Geheimdienstzusammenarbeit mit den USA deutlich ausgeweitet wurde. © dpa
Snowden-Unterstützer demonstrieren in Berlin.
27. Juli: Unter dem Motto "Stop watching us" protestieren bundesweit tausende Menschen gegen Überwachung. © AFP
NSA Überwachung Abhörzentrum
29. Juli: Der "Spiegel" druckt ein Dokument Snowdens, wonach zwei Datensammelstellen ("Sigads") im Dezember 2012 etwa 500 Millionen Daten aus Deutschland abgegriffen hätten. © picture alliance / AP Images
Protest gegen PRISM: Ein Aktionsbündnis mit Vertretern aus Politik, Gewerkschaften und Aktivisten von Anonymous und Blockupy protestiert gegen das jüngst bekannt gewordene Spionageprogramm PRISM des US-amerikanischen Militärgeheimdienstes NSA und die Überwachungspraxis des britischen Nachrichtendienstes GCHQ.
3. August: Die Berichte über die Datenschnüffelei haben die Bundesanwaltschaft auf den Plan gerufen. Möglicherweise werde ein Ermittlungsverfahren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zulasten der Bundesrepublik eingeleitet, sagt ein Sprecher der „Mitteldeutschen Zeitung“. © picture alliance / dpa
Der Eingang zum Gelände des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Pullach.
4. August: Der NSA greift dem „Spiegel“ zufolge bei seiner Datenschnüffelei in großem Umfang auf Material des Bundesnachrichtendienstes (BND) zurück. Der BND bestätigt, dass er Metadaten seiner Fernmeldeaufklärung an die NSA übermittelt, personenbezogene Daten von Deutschen aber nur "im Einzelfall". Der Auslandsgeheimdienst vermutet hinter den "Sigads" nun Datenerhebungsstellen in Bad Aibling und Afghanistan. Die Kooperation mit der NSA diene der Auslandsaufklärung in Krisengebieten. © picture alliance / dpa
Steinmeier
7. August: Nach den Worten von Vize-Regierungssprecher Georg Streiter deutet vieles darauf hin, dass es der BND selbst war, der annähernd 500 Millionen Datensätze aus Deutschland an die NSA weitergab. Er verweist auf ein vom damaligen Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier (SPD) 2002 geschlossenes Kooperationsabkommen. Ungeklärt bleibt weiter die Frage, wie die USA durch "Prism" den europäischen Internetverkehr überwachen. © dpa
So verantwortete der Dienst in den vergangenen Jahren nach Angaben des britischen Bureau of Investigative Journalism (TBIJ) mehr als 350 Drohnen-Angriffe auf Ziele in Pakistan, Jemen und Somalia.
10. August: Der BND weist den Vorwurf zurück, mit den an die NSA übermittelten Daten Beihilfe zu gezielten Tötungen durch US-Drohnen zu leisten. Die Daten dürften für Folter oder Todesstrafen nicht verwendet werden, erklärt der Dienst. © picture alliance / dpa

Die Bundesregierung fordert nach Informationen der "Bild am Sonntag" nun, die Agenten des "Joint Intelligence Staff" (Integrierter Geheimdienst-Stab) in der Berliner US-Botschaft auszuwechseln. Auch ein Austausch des US-Botschafters gelte nicht mehr als ausgeschlossen.

USA: Reparaturarbeiten in Gefahr

Der Fall scheint auch in der US-Regierung für Beunruhigung zu sorgen. Die „New York Times“ zitierte einen Regierungsvertreter mit der Einschätzung, die Berichte über eine mindestens zweijährige Spionagetätigkeit des BND-Mitarbeiters drohten alle Reparaturarbeiten im deutsch-amerikanischen Verhältnis wieder zu zerstören.

Die frühere US-Außenministerin und mögliche Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit beider Länder Länder. Der „Bild am Sonntag“ sagte sie: „Ich weiß, dass Präsident Obama sich sehr stark engagiert, um sämtliche Tatsachen in Erfahrung zu bringen und die Zusammenarbeit mit Deutschland fortzusetzen.“

dpa/afp

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