NSA-Untersuchungsausschuss
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Der NSA-Untersuchungsausschuss soll im Auftrag der USA von einem BND-Mitarbeiter bespitzelt worden sein.

Verdacht

NSA-Ausschuss: BND-Mitarbeiter als US-Spitzel?

Berlin - Ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) soll über Jahre hinweg gegen Geld geheime BND-Papiere an US-Geheimdienste weitergegeben haben.

Der 31-Jährige, der am Mittwoch unter dem dringenden Verdacht der geheimdienstlichen Agententätigkeit festgenommen wurde, soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags bespitzelt haben. Die Bundesanwaltschaft nannte weiterhin keine Details.

Nach Informationen der „Bild“-Zeitung soll der BND-Mann mindestens zwei Jahre lang als „Doppelagent“ aktiv gewesen sein. Das Blatt berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass er seit 2012 insgesamt 218 BND-Geheimpapiere gestohlen und auf einem USB-Stick gespeichert habe. Bei drei konspirativen Treffen mit US-Geheimdienstlern in Österreich soll er Dokumente für insgesamt 25.000 Euro verkauft haben. Darunter seien auch mindestens drei Dokumente mit Bezug zum NSA-Ausschuss gewesen.

Spekuliert wurde auch darüber, ob der Verdächtige für den russischen Geheimdienst tätig war. Nach Informationen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ stand der Mann anfangs unter Verdacht, Kontakt zu den Russen gesucht zu haben. Dann soll er aber gestanden haben, Informationen an einen US-Dienst geliefert zu haben. Die Sicherheitsbehörden hielten es auch für möglich, dass der Mann, der nach Angaben von „Spiegel Online“ in der Poststelle des BND beschäftigt war, falsche Angaben macht. 

Sondersitzung des Geheimdienst-Kontrollgremiums beantragt

Berlin (dpa) - Die SPD hat wegen der möglichen Ausspähung des NSA-Untersuchungsausschusses eine Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums beantragt. Man fordere eine Unterrichtung durch die Bundesregierung zum Sachstand des öffentlich gewordenen Spionagefalls im BND, sagte der SPD-Obmann in dem für die Kontrolle der Geheimdienste zuständigen Gremium, Burkhard Lischka, am Freitag in Berlin. Das Kanzleramt solle erklären, wie es Lücken „im Bereich der Eigensicherung im BND“ zu schließen gedenke, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief an den Vorsitzenden des Kontrollgremiums, Clemens Binninger (CDU).

Politiker reagieren mit Schock und Entsetzen

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte eine rückhaltlose Aufklärung. „Das wäre ein unerhörter Angriff auf die Freiheit des Parlaments und unsere demokratischen Institutionen insgesamt“, sagte Oppermann. „Die USA haben jetzt eine Bringschuld bei der Aufklärung.“

Die Opposition sprach bereits von „einem der größten Spionagefälle in Deutschland“. Der Linke-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi sagte: „Das beweist, dass NSA auch in Deutschland vor nichts zurückschreckt. Wenn die Kanzlerin und die Bundesregierung ihren Druck nicht erhöhen, sondern in ihrem Duckmäusertum verharren, verletzen sie schwerwiegend ihren Amtseid.“

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte „Spiegel Online“: „Sollte sich der Verdacht geheimdienstlicher Spionagetätigkeit gegen den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss bestätigen, ist das ein Riesendebakel für den BND und die Bundesregierung.“

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz forderte genaue Aufklärung. „Der Verdacht konkreter Spionagetätigkeit gegen den parlamentarischen Untersuchungsausschuss wiegt schwer und muss als gravierende Straftat verfolgt werden.“ FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte, falls sich der Verdacht erhärte, seien personelle Konsequenzen beim BND unausweichlich.

USA: "No comment"

Der Bundesnachricht wollte unter Verweis auf „laufende Ermittlungen“ keine Auskunft geben. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats in Washington, Caitlin Hayden, erklärte am Freitag auf eine schriftliche Anfrage der dpa lediglich: No Comment - kein Kommentar.

Sprach Merkel mit Obama über Spionageverdacht?

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde bereits am Donnerstag über den Spionageverdacht informiert. Offen blieb, ob das Thema bereits bei einem Telefonat der Kanzlerin mit US-Präsident Barack Obama am Donnerstagabend eine Rolle spielte. Regierungssprecher Steffen Seibert wollte sich dazu nicht näher äußern. Er sagte: „Der Fall ist ernsthaft, das ist doch klar.“

Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags, das die Geheimdienste überwacht, wurde am Donnerstagabend über den Fall unterrichtet. Bei der Sitzung waren auch die Obleute der Bundestagsfraktionen im NSA-Ausschuss dabei.

Die Affäre um die Aktivitäten der National Security Agency (NSA) hatte vergangenes Jahr zwischen Berlin und Washington für eine schwere Verstimmung gesorgt. Das Bundestagsgremium soll die Hintergründe der von dem ehemaligen US-Geheimdienstler Edward Snowden enthüllten Spähaffäre aufklären, unter anderem will er die Rolle des BND beleuchten.

Prism, XKeyscore & Co. - Chronologie der NSA-Spähaffäre

Prism, XKeyscore & Co. - Chronologie der NSA-Spähaffäre

Snowden
Seit der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden Anfang Juni die massiven Überwachungsprogramme verbündeter Geheimdienste enthüllte, beschäftigt die Spähaffäre auch die deutsche Politik. In welchem Umfang der US-Geheimdienst deutsche Bürger auskundschaftet, ist noch immer unklar. Ein Rückblick: © AFP
6./7. Juni: "Guardian" und "Washington Post" berichten über ein geheimes Überwachungsprogramm namens "Prism", mit dem der US-Geheimdienst NSA auf Serverdaten großer Internetkonzerne wie Google, Facebook oder Microsoft zugreife - und damit potenziell auch auf Daten deutscher Bürger. Quelle der Enthüllungen ist der Ex-Geheimdienstmitarbeiter Snowden, der seitdem auf der Flucht vor der US-Justiz ist.
6./7. Juni: "Guardian" und "Washington Post" berichten über ein geheimes Überwachungsprogramm namens "Prism", mit dem der US-Geheimdienst NSA auf Serverdaten großer Internetkonzerne wie Google, Facebook oder Microsoft zugreife - und damit potenziell auch auf Daten deutscher Bürger. Quelle der Enthüllungen ist der Ex-Geheimdienstmitarbeiter Snowden, der seitdem auf der Flucht vor der US-Justiz ist. © dpa
Angela Merkel will die komplette Amtszeit absolvieren, sollte sie erneut zur Bundeskanzlerin gewählt werden.
10./11. Juni: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnt vor einer "möglichen Beeinträchtigung von Rechten deutscher Staatsangehöriger". © AFP
Barack Obama
19. Juni: US-Präsident Barack Obama versichert nach einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin, die US-Geheimdienste würden sich künftig eng mit den deutschen Partnern abstimmen. © dpa
In Berlin demonstrierten rund 500 Bürger gegen die Überwachung.
Beim Besuch von Obama in Berlin protestieren etwa 200 Menschen gegen Überwachung. © AFP
29./30. Juni: US-Geheimdienstler spähen nach Informationen des Magazins „Der Spiegel“ auch die Europäische Union aus. In Deutschland sei der Abhördienst NSA besonders aktiv. Politiker reagieren empört.
29./30. Juni: US-Geheimdienstler spähen nach Informationen des Magazins „Der Spiegel“ auch die Europäische Union aus. In Deutschland sei der Abhördienst NSA besonders aktiv. Politiker reagieren empört. © picture alliance / dpa
Außerdem wird die Kanzlerin und CDU-Chefin als "Angela 'Teflon' Merkel" beschrieben, weil vieles an ihr abgleite wie an einer Teflon-Pfanne. 
1. Juli: Merkel weist den Vorwurf zurück, sie habe von der US-Späherei in Deutschland gewusst. © picture alliance / dpa
BND
7. Juli: Snowden beschuldigt den Bundesnachrichtendienst (BND) in einem "Spiegel"-Interview, schon seit langem mit der NSA zusammenzuarbeiten. © picture alliance / dpa
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bei der Pressekonferenz nach seinen Gesprächen in Washington.
12. Juli: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) spricht in Washington mit US-Regierungsvertretern. Nach seiner Reise verteidigt er die Überwachungsprogramme. NSA-Informationen hätten Terror-Anschläge in Deutschland verhindert. Oppositionspolitiker kritisieren die Reise als reine "Symbolpolitik"; die erhoffte Aufklärung sei ausgeblieben. © picture alliance / dpa
Eine Demonstrantin lässt sich in Berlin während eines Protest-"Spaziergangs" vor dem Neubau des Bundesnachrichtendienstes gegen Überwachung von einer Kamera aus Pappe in den Mund "filmen". Zu der Demo hatten Netz-Aktivisten der "Digitalen Gesellschaft" aufgerufen.
15. Juli: Laut „Bild“-Zeitung soll der BND seit Jahren von der NSA-Datenerfassung gewusst und bei Gefahr darauf zugegriffen haben. © picture alliance / dpa
Seinen eigenen trockenen Humor führt er auf seine Großmutter zurück - jüngst antwortete er einem Journalisten auf Fragen, ob er dieses oder jenes ausschließe: „Steinbrück schließt nicht aus, dass er Hundefutter isst“.
14. Juli: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wirft Merkel eine Verletzung ihres Amtseids vor. Unter Merkel und ihrem Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla sei "ein riesiger Schaden für das deutsche Volk entstanden". © dpa
wolf
17. Juli: Ein weiteres „Prism“-Programm soll laut „Bild“ im Kommandobereich der Bundeswehr in Afghanistan zur Überwachung von Terrorverdächtigen eingesetzt worden sein. Regierung und BND versichern, es handele sich um zwei unterschiedliche Programme. © picture alliance / dpa
Merkel
19. Juli: Merkel betont, bei der Überwachung von Daten dürften auch im Kampf gegen den Terrorismus nicht alle technischen Möglichkeiten genutzt werden. „Deutschland ist kein Überwachungsstaat.“ © picture alliance / dpa
NSA-Affäre
21. Juli: Der Verfassungsschutz räumt ein, das NSA-Schnüffelprogramm "XKeyscore" einzusetzen - allerdings nur zu Testzwecken und in beschränktem Umfang. Das Programm soll in 30 Tagen bis zu 41 Milliarden Datensätze von Internet-Nutzern speichern können. © dpa (Symbolbild)
Ronald Pofalla
25. Juli: Als Koordinator der Nachrichtendienste steht Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) des Bundestages erstmals Rede und Antwort. Er weist Vorwürfe gegen deutsche Dienste im PKG zurück. Es seien von deutscher Seite im Zusammenhang mit einem Entführungsfall nur zwei Datensätze an die USA übermittelt worden. Union und FDP machen die frühere rot-grüne Bundesregierung dafür verantwortlich, dass nach dem 11. September 2001 die Geheimdienstzusammenarbeit mit den USA deutlich ausgeweitet wurde. © dpa
Snowden-Unterstützer demonstrieren in Berlin.
27. Juli: Unter dem Motto "Stop watching us" protestieren bundesweit tausende Menschen gegen Überwachung. © AFP
NSA Überwachung Abhörzentrum
29. Juli: Der "Spiegel" druckt ein Dokument Snowdens, wonach zwei Datensammelstellen ("Sigads") im Dezember 2012 etwa 500 Millionen Daten aus Deutschland abgegriffen hätten. © picture alliance / AP Images
Protest gegen PRISM: Ein Aktionsbündnis mit Vertretern aus Politik, Gewerkschaften und Aktivisten von Anonymous und Blockupy protestiert gegen das jüngst bekannt gewordene Spionageprogramm PRISM des US-amerikanischen Militärgeheimdienstes NSA und die Überwachungspraxis des britischen Nachrichtendienstes GCHQ.
3. August: Die Berichte über die Datenschnüffelei haben die Bundesanwaltschaft auf den Plan gerufen. Möglicherweise werde ein Ermittlungsverfahren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zulasten der Bundesrepublik eingeleitet, sagt ein Sprecher der „Mitteldeutschen Zeitung“. © picture alliance / dpa
Der Eingang zum Gelände des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Pullach.
4. August: Der NSA greift dem „Spiegel“ zufolge bei seiner Datenschnüffelei in großem Umfang auf Material des Bundesnachrichtendienstes (BND) zurück. Der BND bestätigt, dass er Metadaten seiner Fernmeldeaufklärung an die NSA übermittelt, personenbezogene Daten von Deutschen aber nur "im Einzelfall". Der Auslandsgeheimdienst vermutet hinter den "Sigads" nun Datenerhebungsstellen in Bad Aibling und Afghanistan. Die Kooperation mit der NSA diene der Auslandsaufklärung in Krisengebieten. © picture alliance / dpa
Steinmeier
7. August: Nach den Worten von Vize-Regierungssprecher Georg Streiter deutet vieles darauf hin, dass es der BND selbst war, der annähernd 500 Millionen Datensätze aus Deutschland an die NSA weitergab. Er verweist auf ein vom damaligen Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier (SPD) 2002 geschlossenes Kooperationsabkommen. Ungeklärt bleibt weiter die Frage, wie die USA durch "Prism" den europäischen Internetverkehr überwachen. © dpa
So verantwortete der Dienst in den vergangenen Jahren nach Angaben des britischen Bureau of Investigative Journalism (TBIJ) mehr als 350 Drohnen-Angriffe auf Ziele in Pakistan, Jemen und Somalia.
10. August: Der BND weist den Vorwurf zurück, mit den an die NSA übermittelten Daten Beihilfe zu gezielten Tötungen durch US-Drohnen zu leisten. Die Daten dürften für Folter oder Todesstrafen nicht verwendet werden, erklärt der Dienst. © picture alliance / dpa

Die deutschen Sicherheitsbehörden befürchten schon länger, dass der Ausschuss von ausländischen Diensten bespitzelt wird. An die Obleute wurden besonders gesicherte Handys ausgegeben. Zudem wurden die Sicherheitsvorkehrungen in der Geheimschutzstelle des Bundestags verstärkt.

dpa

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