„Bedrückend für Schüler“

Schulen in Not: Gemeindebund-Chef erklärt schmerzhafte Lage – und das Toiletten-Problem

  • Florian Naumann
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Warum sieht es in Deutschlands Schulgebäuden und -toiletten oft so desolat aus? Gemeinde-Präsident Uwe Brandl erklärt Lage und Ausweg.

Der marode Gesamtzustand vieler Schulgebäude in Deutschland ist seit Jahrzehnten Stoff für Empörung und Witze – solche der bitteren Sorte. Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Uwe Brandl, sieht im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau zwar „sehr unterschiedliche“ Situationen rund um die Schulen, je nach Bundesland und Kommune. Vor allem aber fordert er Besserung; gegebenenfalls über Einsparungen an anderer Stelle.

Brandl verwies auf „186 Milliarden Euro Sanierungsstau in den kommunalen Kassen bundesweit“. Am meisten brenne es dabei „in der Bildungsinfrastruktur und der Verkehrsinfrastruktur“.

Schulen in Deutschland: „Viele, viele Standorte“ haben Probleme – Unterschiede zwischen den Ländern

„Es gibt Bundesländer, da geht es noch einigermaßen gut“, sagte der langjährige Bürgermeister des niederbayerischen Abensberg mit Blick auf die Schulen. „Dazu zähle ich Baden-Württemberg und Bayern aus den alten Ländern und Thüringen und Sachsen aus den neuen Ländern.“ Dort sei in den letzten Jahren viel getan worden – was aber nichts daran ändere, dass „viele, viele Standorte“ die notwendigen Bildungsinvestitionen nicht mehr schultern könnten.

Blick in ein marodes Schulgebäude in Berlin im Jahr 2022 – Uwe Brandl kennt die Probleme.

„Das geht natürlich zu Lasten der Qualität. Das geht auch zu Lasten des Vertrauens der Bevölkerung, weil das sofort als Versagen der Politik interpretiert wird“, betonte Brandl im Gespräch mit unserer Redaktion: „Deshalb ist es ganz wichtig, intensiv darüber nachzudenken, wie wir in der Bildung weiterkommen.“ Unter Umständen müsse man durch „Umpriorisierungen“ Gelder freibekommen, „um zumindest die jetzt schon augenfälligen Defizite abzuarbeiten“.

Ohnehin mahnte Brandl angesichts eines „systemischen Problems“ in der deutschen Wirtschaft und klammer Kommunalkassen zu einem Ende des Wunschdenkens in der Ausgabenpolitik. „Das bedeutet auch, dass man abhängig von den Möglichkeiten einer Volkswirtschaft die Politik gestaltet, nicht umgekehrt“, betonte er. Nachdenken müsse man etwa über ein Ende von sozialen Wohltaten für Spitzenverdiener – aber auch über eine schnellere Integration von Migrantinnen und Migranten in das Arbeitsleben.

„Bedrückend für die Schülerinnen und Schüler“: Warum die Schultoiletten-Sanierung oft warten muss

Eine wenig angenehme Erklärung gab Brand für das vielerorts bekannte Problem mit Schultoiletten: Deren Zustand ergebe sich aus Finanzfragen – die Kommunen müssten mit einem bestimmten Budget auskommen.

„Auf einem Feld wie Wasserversorgung und Abwasserentsorgung haben sie aber in vielen Fällen keine Entscheidungsfreiheit – wenn der Kanal gebrochen ist, dann müssen sie den reparieren“, erläuterte Brandl: „Beim Schulgebäude oder bei der stinkenden Toilette muss das nicht unbedingt von jetzt auf gleich sein. Sie müssen priorisieren.“ Das gelte vor allem, wenn der Haushalt keine zusätzlichen Einnahmen und keine potenziell streichbaren „freiwillige Leistungen“ mehr hergebe.

Kaputte Toiletten in einer Schule in Berlin, aufgenommen Mitte Januar 2025.

„Das ist bedrückend für die Schülerinnen und Schüler, aus haushalterischer Sicht aber leider pragmatisch, wenn die Kommune unter finanziellem Druck steht“, fügte Brandl hinzu. Zugleich betonte er etwa mit Blick auf die Grundsteuer: „keine Bürgermeisterin und kein Bürgermeister freut sich darüber, die Menschen mit höheren Abgaben zu belästigen. Das macht keiner aus Jux und Tollerei, sondern nur dann, wenn es notwendig ist.“

Schlechte Neuigkeiten hatte der Vertreter von rund 11.000 kreisangehörigen Städten und Gemeinden in Sachen Ganzbetreuungsanspruch in der Grundschule. „Wir haben schon vor sechs Jahren darauf hingewiesen, dass das in vielen Fällen beim besten Willen nicht machbar sein wird – alleine schon, weil uns die Ressource Personal fehlt“, sagte Brandl. Er rügte unhaltbare und mit den Kommunen nicht abgesprochene Wahlkampfversprechen auch vor der Bundestagswahl 2025: „Schecks zulasten Dritter auszustellen, ist ein beliebtes Gestaltungsmittel.“ (fn/mkn)

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