Auch in der Bahn
„Nach Lageerkenntnissen und Fahndungsrastern“: Was Pendler über Grenzkontrollen der Polizei wissen müssen
VonPeter Siebenschließen
Für mindestens sechs Monate gibt es ausgeweitete Grenzkontrollen. Reisende und Pendler müssen einiges beachten. Derweil wächst die Sorgen in Grenzregionen.
Berlin – Plötzlich sind die Grenzen wieder deutlich sichtbar: Bundespolizisten sind am Montagmorgen an den Autobahnen stationiert, winken Reisende aus dem Verkehr. Nach Jahrzehnten gibt es wieder Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich, Dänemark, Belgien, die Niederlande und Luxemburg.
Eigentlich gilt seit 1995 freier Reiseverkehr zwischen den Ländern, regelmäßige Grenzkontrollen gab es keine mehr. Doch im Zuge der Migrationsdebatte und wegen einer angespannten Sicherheitslage spätestens nach dem Anschlag von Solingen gelten neue Regeln. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat Kontrollen für sechs Monate an allen deutschen Außengrenzen angeordnet. „Wir werden an den deutschen Grenzen zurückweisen und die Zurückweisungen werden steigen“, so Faeser.
Dabei soll es auch um Terrorabwehr gehen, potenzielle Gefährder sollen an der Einreise gehindert werden. Pendler und Reisende müssen jetzt einiges beachten.
Grenzkontrollen Frankreich, Niederlande, Belgien: Wird jeder kontrolliert?
Nach Auskunft der Bundespolizei erfolgen die Kontrollen stichprobenartig. Details dazu, nach welchen Kriterien die Polizei Einreisende kontrollieren wird, gibt es nicht. Nur so viel: „Dabei werden aufgrund von Lageerkenntnissen und Fahndungsrastern relevante Fahrzeuge und Personen grundsätzlich aus dem fließenden Verkehr gezogen“, teilt die Bundespolizei mit. Konkret bedeutet das: Jeder, der eine der Grenzen passiert, kann unter Umständen kontrolliert werden.
Permanente Kontrollen an festen Orten wird es nicht geben, außerdem werden neben uniformierten Einsatzkräften auch Polizisten in Zivil unterwegs sein. So sollen die Kontrollen möglichst unberechenbar sein, heißt es. „Damit sollen Ausweichbewegungen von Schleusern verhindert werden“, heißt es aus dem Innenministerium. Zudem dürfte es aber auch schlichtweg nicht genug Personal für permanente stationäre Kontrollen geben.
Gibt es auch Grenzkontrollen in Zügen?
Ja, auch Züge, die Grenzen passieren, sollen verstärkt durch Polizeibeamte kontrolliert werden. Man wolle Beeinträchtigungen der Pendler und des Warenverkehrs aber „so gering wie möglich“ halten, so die Bundespolizei.
Was müssen Reisende beim Grenzübertritt nach Frankreich, Dänemark oder in die Niederlande beachten?
Wer zum Beispiel mit dem Auto in die Niederlande, nach Belgien, Frankreich oder Dänemark reisen möchte, sollte unbedingt gültige Reisedokumente wie Personalausweis, Reisepass sowie Kinderreisepass dabei haben. Die Bundespolizei bittet darum, die Dokumente griffbereit zu halten – auch um bei etwaigen Kontrollen Zeit zu sparen und Staus zu vermeiden.
Reisende sollten vor der Einreise sicherstellen, dass die Ausweisdokumente am Tag des Grenzübertritts gültig sind.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mahnte derweil zur Vorsicht bei den Grenzkontrollen. Kontrollen sollten nicht flächendeckend, sondern nur da, wo sie besonders erfolgversprechend seien, durchgeführt werden, so Reul gegenüber dem Tagesspiegel.
Kritik an Faesers Maßnahmen und Grenzkontrollen: „Setzt Axt an den europäischen Zusammenhalt an“
Kritik gibt es vom deutsch-niederländischen Zweckverband Euregio Rhein-Maas-Nord, der Probleme für Grenzpendler befürchtet, die täglich zwischen den Niederlanden und Deutschland unterwegs sind. Der Verband setzt sich für die Einführung einer Pendlerkarte ein, mit der Betroffene ohne Kontrollen die Grenzen passieren können.
Der Sachverständigenrat Migration und Integration (SVR) sieht die schärferen Maßnahmen, die das Innenministerium plant und mit den Grenzkontrollen umsetzt, kritisch. Zumindest längerfristige stationäre Kontrollen innerhalb des Schengen-Raumes seien zu vermeiden, heißt es von dort. „Die geplanten Maßnahmen führen letztlich zu Chaos in Europa und zur Destabilisierung der Europäischen Union“, sagte der SVR-Vorsitzende Hans Vorländer vor wenigen Tagen im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Migration lasse sich nicht einfach vermeiden, man müsse über gemeinsame europäische Lösungen sprechen. „So setzt man die Axt an den europäischen Zusammenhalt“, so Vorländer.
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