Verfahren gegen Trump

Trump und die Immunität: Ein einst favorisierter Richter könnte den Ausschlag geben

  • Sandra Kathe
    VonSandra Kathe
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Die Immunität von Ex-Präsidenten steht auf dem Prüfstand. Trumps eigener Richter könnte ihm jetzt zum Verhängnis werden.

Washington – In seiner Entscheidung zu einer möglichen Immunität von Ex-Präsident Donald Trump hat sich der Oberste Gerichtshof der USA vorerst Zeit gekauft und eine Berufung Trumps an eine niedrigere Instanz verwiesen. Doch tendenziell hat sich einer der Richter bereits vor Jahren schriftlich zu der Frage geäußert und betont, dass Präsidenten nicht „über dem Gesetz“ stünden. Das Brisante daran: Die Einschätzung stammt vom konservativen Richter Brett Kavanaugh, den Trump selbst eingesetzt hat. Darüber berichteten jüngst etwa die US-Zeitung Newsweek sowie der Fernsehsender MSNBC.

Diese Position hatte Kavanaugh nach einem 25 Jahre alten Fachartikel im Georgetown Law Journal auch bereits in der Frage vertreten, ob der damalige New Yorker District Attourney Cyrus Vance Jr. das Recht hätte, Einsicht in die Finanzen Trumps zu erhalten. Damals hatten sieben von neun Richtern im obersten Gericht gegen Trump entschieden. In der aktuellen Entscheidung des Supreme Court ging es nun erstmals in der Geschichte der USA um die Frage, ob Ex-Präsidenten Immunität vor Strafverfolgung auf Bundesebene genießen.

In der Frage ob ein ehemaliger US-Präsident über dem Gesetz steht hat sich Supreme Court-Richter Brett Kavanaugh (r.) bereits eindeutig geäußert. (Archivfoto)

Gerichte entscheiden über Immunität Trumps wegen drohender Strafverfahren

Würde auch hier Kavanaughs Antwort lauten, dass ein Präsident nicht „über dem Gesetz“ steht, könnte das Trump nicht nur vor Gericht bringen, sondern ihn auch seine erneute Präsidentschaftskandidatur für die Wahl 2024 kosten, in der der Republikaner erneut den ihm 2020 überlegenen Joe Biden herausfordern will. Ein erstes Gerichtsurteil vom Obersten Gericht im Bundesstaat Colorado hatte bereits Anfang der Woche entschieden, dass Trump gegen den 14. Zusatzartikel der Verfassung verstoßen hätte.

Der Paragraf, der aus Zeiten des amerikanischen Bürgerkriegs stammt, legt fest, dass niemand in ein hohes politisches Amt gelangen darf, der „an einem Aufstand oder einer Rebellion“ gegen die Konstitution der Vereinigten Staaten beteiligt gewesen ist. In Trumps Fall sahen die Richterinnen und Richter in Colorado diese Beteiligung als erwiesen an. Damit wäre Trump zumindest in Colorado als Präsidentschaftskandidat von den Vorwahlen ausgeschlossen.

6. Januar 2021 - der Sturm aufs Kapitol in Bildern

Donald Trump bei seiner Rede am 6. Januar 2021 in Washington DC
Alles begann mit einer Rede von Donald Trump. Der noch amtierende Präsident hatte seine Anhängerinnen und Anhänger nach Washington DC gerufen, um dort gegennnnnnn die Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten zu demonstrieren. Der hatte die Wahl im November gewonnen, am 6. Januar sollten dann die Wahlmänner der Bundesstaaten Bidens Sieg in Washington DC bestätigen. Eigentlich ein formaler, zeremonieller Akt. In Trumps Wahrnehmung aber wohl die letzte Chance, die Niederlage gegen Biden noch zu verhindern. Seine tausenden Zuhörer forderte Trump auf, „gemeinsam zu Kapitol“ gehen um „unser Land zurückzuerobern“. © Brendan Smialowski/afp
Tausende Menschen finden sich am 6. Januar auf den Stufen des Kapitols in Washington DC ein
Der Mob aus MAGA-Fans gehorchte Donald Trump und zog in Richtung Kapitol. Gegen 12 Uhr Ortszeit fanden sich tausende Menschen auf den Stufen zu den Parlamentsgebäuden ein. Viele trugen Camouflage-Kleidung und Gasmasken. Trump-Flaggen und Devotionalen waren überall zu sehen. Entgegen seiner Ankündigung war der abgewählte US-Präsident aber nirgends zu sehen. Das Sicherheitspersonal, bestehend aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Secret Service, soll Trump eine Teilnahme an der Demonstration verboten haben. © Roberto Schmidt/afp
Ein Galgen, wohl für Mike Pence, ist vor den Stufen des Kapitols in Washington DC am 6. Januar zu sehen.
Donald Trumps Getreue hatten es aber nicht nur auf die Demokraten und Joe Biden abgesehen. Auch Mike Pence geriet ins Visier des Mobs. Trump hatte in den Tagen zuvor von seinem Vizepräsidenten gefordert, die Wahl von Biden nicht zu ratifizieren – eine formale Aufgabe, die im politischen System der USA dem Vize zufällt. Pence weigerte sich, was Trumps Fans zu dem Schlachtruf „Hang Mike Pence“ (Hängt Mike Pence“) inspirierte. Ihre Forderung unterstrich der Mob mit selbstgebastelten Galgen vor dem Kapitol. © Andrew Caballero-Reynolds/afp
Der Maga-Mob prügelt sich am 6. Januar vor dem Kapitol in Washington DC mit der Polizei
Vor dem Kapitol traf der Mob auf hoffnungslos unterbesetzte Sicherheitskräfte. Die Polizei war machtlos und konnte die Barrikaden vor dem Kapitol nicht lange halten. Gegen 12.30 durchbrach der wütende Mob schließlich die Absperrungen. Zwei Stunden hatte die Polizei endgültig aufgegeben und die Trump-Fans verschafften sich Zugang zu den Parlamentsgebäuden. © Joseph Prezioso/afp
Mike Pence und Nancy Pelosi im Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Während draußen die Schlacht zwischen MAGA-Fans und Kapitolspolizei tobte, lief im US-Senat die Sitzung, in der Joe Biden endgültig zum Präsidenten erklärt werden sollte. Kurz nachdem der Mob sich Zugang zu den Gebäuden verschafft hatte, unterbrachen Vizepräsident Mike Pence und Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Sitzung. Der Plenarsaal wurde von den Sicherheitskräften evakuiert. © Erin Schaff/afp
Anhänger von Donald Trump in den Gebäuden des Parlaments auf dem Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Im Kapitol begannen die Anhänger Donald Trumps in den heiligen Hallen der amerikanischen Demokratie zu randalieren. Zahlreiche Kunstwerke wurden zerstört, die Wände mit Exkrementen beschmiert und ein Rednerpult gestohlen, das kurz darauf auf Ebay zum Verkauf angeboten wurde. Währenddessen verbarrikadierten sich Abgeordnete, die nicht rechtzeitig evakuiert werden konnten, in einzelnen Räumen des Kapitols. © Roberto Schmidt/afp
Richard Barnett im Büro von Nancy Pelosi beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in Washington DC in den USA
Die Anhänger von Donald Trump hatten es besonders auf das Büro von Nancy Pelosi abgesehen. Richard Barnett war unter denen, die sich Zugang zu den Räumen der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses verschaffte. Dort machte Barnett Fotos von sich im Stuhl Pelosis, veröffentlichte diese auf Facebook und schrieb Pelosi beleidigende Nachrichten auf den Schreibtisch. Kurze Zeit nach dem Sturm aufs Kapitol wurde Barnett verhaftet. © Saul Loeb/afp
Jake Angeli, der QAnon Schamane beim Sturm aufs Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Zweifelhafte Berühmtheit erlangte am 6. Januar 2021 auch Jake Angeli. Der sogenannte „QAnon-Schamane“ beteiligte sich in Kriegsbemalung und mit Fellmütze inklusive Hörnern am Sturm aufs Kapitol. Tage später wurde Angeli festgenommen und des vorsätzlichen Betretens oder Verbleibs in gesperrten Gebäuden oder Geländen ohne rechtmäßige Befugnis sowie des gewaltsamen Betretens und des ordnungswidrigen Verhaltens auf dem Gelände des Kapitols angeklagt. Die Fahndung sei aufgrund der „einzigartigen Kleidung und den umfangreichen Tätowierungen auf seinem Oberkörper“ leicht gefallen, gaben die Behörden im Anschluss an. © Saul Loeb/afp
Anhänger Donald Trumps beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in den Gebäden des Parlaments in Washington DC.
Überall in den Gebäuden tummelten sich stundenlang die Anhänger Donald Trumps. Der abgewählte US-Präsident zögerte, die Nationalgarde zur Unterstützung der Kapitolpolizei zu entsenden und weigerte sich zunächst, den Mob per Videobotschaft zur Ruhe zu bringen. Erst vier Stunden, nachdem die Türen des Kapitols eingeschlagen worden waren, wandte sich der noch amtierende Präsident an die Demonstranten. Nur halbherzig verurteilte er die Gewalt des Tages und lobte die Randalierer noch als „große Patrioten“. © Saul Loeb/afp
Nationalgardist im Einsatz beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in Washington DC
Erst gegen 16.30 Uhr, also zweieinhalb Stunden, nachdem das Kapitol gestürmt worden war, wurde die Nationalgarde geschickt. Wer diesen Einsatz, den die Kapitolpolizei zwei Stunden zuvor bereits beantragt hatte, letztlich genehmigt hat, ist nicht bekannt. Laut offizieller Anrufliste hat Donald Trump von 11 Uhr bis 18 Uhr kein einziges Telefonat geführt. Die Theorie liegt nahe, dass Mike Pence letztlich den Einsatz der Nationalgarde in die Wege geleitet hatte. Den Sicherheitskräften gelang es gegen 17.30 Uhr, den Mob aus den Parlamentsgebäuden im Kapitol zu drängen. © Olivier Douliery/afp
Anhänger von Donald Trump beim Sturm aufs Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Die Bilanz des Kapitolsturms am 6. Januar in Washington DC fällt verheerend aus. Insgesamt kamen zehn Menschen ums Leben, fünf davon Polizisten. Vier dieser Männer begangen in den Tagen nach dem Sturm Suizid. 140 weitere Sicherheitsbeamte und unzählige Demonstranten wurden verletzt. Bis heute laufen Gerichtsverfahren gegen Beteiligte des Aufstands. Doch für Donald Trump ändert das alles nichts. Bis heute hat er seine Wahlniederlage nicht akzeptiert und lässt seit dem 6. Januar keine Gelegenheit aus, den Beinahe-Sturz der Demokratie in den USA kleinzureden. © Samuel Corum/afp

Anklage gegen Donald Trump: Sonderermittler Smith hoffte auf rasche Entscheidung

Durch die laufenden Verfahren, die Sonderermittler Jack Smith gegen Trump eingeleitet hat, könnte sich diese Entwicklung auch auf Bundesebene fortsetzen – sofern die Gerichte nicht zu Trumps Gunsten entscheiden und ihn als vom Vorwurf der versuchten Wahlbeeinflussung immun erklären. Smith hat in den vergangenen Monaten sowohl wegen seiner Rolle im Kapitolsturm vom 6. Januar 2021 als auch wegen illegal gelagerter Dokumente gegen Trump Anklage erhoben.

Dass selbst Kavanaugh, der trotz großer Widerstände von Trump zum Bundesrichter ernannt worden war, nun gegen Trump stimmen könnte, macht vielen Demokraten und liberalen US-Amerikanerinnen und -Amerikanern vorm anbrechenden Wahljahr Hoffnung. Dennoch bedeuten die jüngste Entscheidung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter, Smiths Antrag ohne Begründung abzulehnen, zunächst gute Nachrichten für Trump.

Smiths Bitte an den Supreme Court, die Frage nach Trumps Immunität zügig zu klären, hatte eindeutig den Hintergrund, den für Anfang März geplanten Wahlbetrugsprozess im Zeitplan zu halten. Nun wird nach der Entscheidung des Supreme Court frühestens Anfang Januar vor einem Berufungsgericht weiter zur Frage verhandelt, bevor die Klärung sich dann erneut auf den Weg durch die Instanzen macht. (saka)

Rubriklistenbild: © Brendan Smialowski/AFP

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