Satellitenaufnahmen von Flugplatz und Wladimir Putin
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Nachdenklicher Blick in Richtung Krim: Der Beschuss von Dschankoj dürfte Wladimir Putin wehtun.

Luftabwehrsystem getroffen

Foto-Vergleich zeigt heftige Schäden auf der Krim nach Ukraine-Angriff – und wirft Fragen auf

  • Marcus Giebel
    VonMarcus Giebel
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Russland bombardiert die Ukraine auch von der Krim aus. Kiew schießt immer häufiger zurück. Bilder belegen die Folgen eines Luftangriffes auf die Halbinsel.

Dschankoj – Wolodymyr Selenskyj will auch die Krim zurück. Das verdeutlicht der ukrainische Präsident bei jeder Gelegenheit. Die Truppen von Kreml-Chef Wladimir Putin müssten nicht nur die während des Ukraine-Kriegs völkerrechtswidrig annektierten Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja wieder freigeben, sondern eben auch die symbolträchtige Halbinsel, die das Schwarze Meer vom Asowschen Meer trennt. Die hatte sich Moskaus Machthaber bereits vor mehr als zehn Jahren einverleibt, was zu Russlands Ausschluss aus der damaligen G8 führte.

Ukraine will Krim zurück: Russland fährt Luftangriffe von Halbinsel aus und sichert hier auch den Nachschub

Die Krim hat aber nicht nur wegen ihrer Vergangenheit eine herausgehobene Bedeutung für die beiden Staatsoberhäupter, sondern auch aufgrund ihrer im Krieg strategisch wichtigen Lage. Über sie soll Moskau die Invasionstruppen regelmäßig mit Nachschub versorgen, wodurch die ukrainischen Streitkräfte an der Front pausenlos beschäftigt werden.

Außerdem feuert Russland von der knapp 27.000 Quadratmeter messenden Halbinsel Raketen und Drohnen auf das überfallene Nachbarland ab. Nicht zu vergessen: In Sewastopol ganz im Südwesten befindet sich der Heimathafen und der Hauptstützpunkt der Schwarzmeerflotte.

Folgen des Luftangriffs aus der Ukraine: Über dem Flugplatz von Dschankoj geht Rauch auf.

Ukraine greift Russland auf Krim an: ATACMS-Raketen der USA auf Halbinsel abgefeuert

Entsprechend hat es die Militärführung in Kiew bei Attacken durch die Luft oder zu Wasser immer wieder auf die Krim abgesehen. Oder eben die Kertsch-Brücke, die vom russischen Festland auf die Halbinsel führt und schon häufiger Treffer einstecken musste. Aktuell befürchtet Moskau offenbar einen neuen Angriff, soll laut Nachrichtenagentur Reuters vor einem „verheerenden Vergeltungsschlag“ seinerseits als Reaktion darauf gewarnt haben.

Zuletzt nahm die Ukraine anscheinend mehrmals russische Militärstützpunkte auf der Krim ins Visier, dabei sollen die von den USA neu gelieferten ATACMS-Raketen zum Einsatz gekommen sein. Am 30. April geriet auch der Militärflugplatz im nordöstlich der Halbinsel gelegenen Dschankoj unter Beschuss.

Satellitenbilder von diesem Luftangriff verbreitete das Investigativ-Projekt „Schemes“ von Radio Svoboda, das zur von den USA gegründeten und finanzierten Mediengesellschaft Radio Free Europe/Radio Liberty gehört. Der Clip ist nur wenige Sekunden lang.

Video: Polen wirbt erneut für Taurus-Lieferung an Ukraine

Satellitenaufnahmen von Luftangriff auf Krim: S-300/S-400 muss Treffer einstecken

Kyrylo Ovsianyi zählt zu den „Schemes“-Reportern und fokussiert sich auf die Bereiche Korruption und Kriegsverbrechen. Er erklärt auf Twitter, dass die Aufnahmen von einem Satelliten des gemeinnützigen Unternehmens Planet stammen. Auch wenn die Laien-Augen nicht sonderlich viel entziffern können, sollen die Bilder die Schäden an der militärischen Ausrüstung zeigen. Höchstwahrscheinlich sei ein russisches Luftabwehrsystem S-300/S-400 getroffen worden.

Die vom 27. April stammenden Sequenzen sollen das Flugabwehrsystem unversehrt zeigen. Mit Blick auf die folgenden Aufnahmen sei festzustellen, dass ein S-300/S-400 einen Treffer einstecken musste, die übrigen seien offenbar abkommandiert worden.

Vorher (r.) und nachher: Auf dem Flugplatz von Dschankoj finden sich zunächst mehrere Militärfahrzeuge (blaue Kästen), nach dem Luftangriff ist ein Krater zu sehen (roter Kasten).

Weiter schreibt Ovsianyi, laut dem ukrainischen Luftfahrtexperten Anatoly Khrapchinsky zählt der Flugplatz Dschankoj zu den größten Stützpunkten für russische Hubschrauber und wird als militärischer Transportknotenpunkt für die Beförderung von Ausrüstung, Munition und Personal genutzt.

Ukraine greift Flugplatz von Dschankoj an: Frage nach dem genauen Ziel bleibt offen

Ovsianyis Kollege Mark Krutov weist ebenfalls auf dem mittlerweile von Elon Musk angebotenen Social-Media-Netzwerk darauf hin, dass das S-300/S-400 einen heftigen Hit habe einstecken müssen, außerdem erwähnt er mehrere Krater, aus einem steigt Rauch auf. Demnach stammen die Bilder der Schäden vom 1. Mai. Weitere Aufnahmen vom 2. Mai würden auch keine Flugabwehrsysteme zeigen, allerdings seien die Schäden weitgehend beseitigt.

Nawalny verlängert die Liste der Opfer Putins – ein Überblick

Alexej Nawalny
Alexej Nawalny war über Jahre der markanteste Kopf der russischen Opposition. Schon früh prangerte der Rechtsanwalt das Machtlager von Präsident Wladimir Putin offen als „Partei der Gauner und Diebe“ an.  © Andrei Zhilin/afp
Wahlen 2012 in Russland: Nawalny protestiert gemeinsam mit Schach-Großmeister Garry Kasparow (l.) für faire Wahlen in Russland – am Ende gewann Wladimir Putin.
Wahlen 2012 in Russland: Nawalny protestiert gemeinsam mit Schach-Großmeister Garry Kasparow (l.) für faire Wahlen in Russland – am Ende gewann Wladimir Putin. © Anatoly Maltsev / dpa
Alexej Nawalny
2013 trat er als Bürgermeisterkandidat in Moskau an und erreichte mit 27 Prozent der Stimmen den zweiten Platz. Später organisierte er Massenproteste im ganzen Land, besonders aber in Moskau. 2018 wollte Nawalny selbst Präsident werden, doch die Justiz schob ihm einen Riegel vor. Wiederholt wurde er wegen Betrugs- und Diebstahlsvorwürfen vor Gericht gestellt und verurteilt. © Kirill Kudryavtsev/afp
Nawalny – damals bereits sozusagen der Superstar der Protestbewegung in Russland – mit seiner Ehefrau Julija, vor Gericht. Nach seinen Protesten kam er damals vorerst frei.
Nawalny – damals bereits sozusagen der Superstar der Protestbewegung in Russland – mit seiner Ehefrau Julija, vor Gericht. Nach seinen Protesten kam er damals vorerst frei. © Valentina Svistunova / dpa
Kreml-Kritiker Nawalny 2017 nach einer Farbattacke vor seinem Büro.
Kreml-Kritiker Nawalny 2017 nach einer Farbattacke vor seinem Büro. © Evgeny Feldman / dpa
Nawalny vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2018. Dort war Russland zuvor wegen Festnahmen des Kreml-Kritikers verurteilt worden.
Nawalny vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2018. Dort war Russland zuvor wegen Festnahmen des Kreml-Kritikers verurteilt worden. © Jean-Francois Badias / dpa
Ein großes Portrait von Alexej Nawalny mitten in St. Petersburg. Nach nur wenigen Minuten ließ man es wieder überstreichen.
Ein großes Portrait von Alexej Nawalny mitten in St. Petersburg. Nach nur wenigen Minuten ließ man es wieder überstreichen. © Alexander Demianchuk / Imago
Alexej Nawalny
Im August 2020 brach Nawalny bei einer Reise zusammen und fiel ins Koma. Grund war eine Vergiftung mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok, wie Untersuchungen an der Charité in Berlin bewiesen. © Instagram account @navalny/afp
Alexej Nawalny
Im Januar 2021 kehrte Nawalny nach Russland zurück, wo er erneut vor Gericht gestellt und unter anderem wegen angeblichem „Extremismus“ zu 19 Jahren Lagerhaft verurteilt wurde. Im Dezember 2023 folgte die Verlegung in ein Lager hinter dem Polarkreis. Am 16. Februar 2024 starb Nawalny nach Justizangaben in dem Straflager. Er sei nach einem Hofgang zusammengebrochen, teilte die Gefängnisverwaltung mit.  © Vera Savina/afp
Am 16. Februar 2024 kommt überraschend dann die Info aus Russland, Nawalny sei im Strafgefangenenlager gestorben
Am 16. Februar 2024 kommt überraschend dann die Info aus Russland, Nawalny sei im Strafgefangenenlager gestorben. Weltweit wird um den Kreml-Kritiker getrauert. © IMAGO/Vuk Valcic / ZUMA Wire
Jewgeni Prigoschin
Jewgeni Prigoschin war in Russland als skrupelloser Unternehmer mit krimineller Vergangenheit bekannt. Er und Putin kannten sich lange. Als der heutige Präsident noch in der St. Petersburger Stadtverwaltung arbeitete, soll er in Prigoschins Restaurant eingekehrt sein. Deshalb war Prigoschin, der mehrere Jahre wegen Raubs in Haft saß, auch als „Putins Koch“ bekannt. Niemand sonst in Russland traute sich solche Kritik wie Prigoschin © ITAR-TASS/Imago
Jewgeni Prigoschin
Über Monate hinweg legte sich Jewgeni Prigoschin mit der Militärführung in Moskau an. Immer wieder warf der Chef der russischen Privatarmee Wagner dem Verteidigungsministerium und dem Generalstab der Armee vor, Präsident Wladimir Putin zu belügen. Mit einem bewaffneten Aufstand seiner Privatarmee forderte Prigoschin aber auch Putin selbst heraus. © Sergey Pivovarov/Imago
Jewgeni Prigoschin
Nach seinem gescheiterten Aufstand sahen Fachleute den Söldnerchef aber dem Tode geweiht. Kremlchef Putin hatte die Kämpfer um seinen Ex-Vertrauten als Verräter bezeichnet. Tatsächlich starb Prigoschin zwei Monate nach seiner Meuterei gegen die russische Staatsmacht im August 2023 bei einem Flugzeugabsturz in Russland. © Imago
Boris Nemzow
Der Oppositionspolitiker Boris Nemzow galt als einer der schillerndsten und mutigsten Politiker Russlands. Feinde machte er sich vor allem mit seiner Kritik an der Ukraine-Politik von Kremlchef Wladimir Putin. Er wurde zur Galionsfigur der zersplitterten Opposition und galt als Unterstützer der Richtung Westen strebenden Ukraine. © Oxana Onipko/afp
Boris Nemzow
Nemzow wurde im Februar 2015 durch mehrere Schüsse in den Rücken aus einem Auto heraus erschossen. Der Mord wirft noch immer viele Fragen auf. Die EU drängte Russland wiederholt dazu, den Fall weiter aufzuklären. Ein Gericht in Moskau verurteilte 2017 den mutmaßlichen Mörder und vier Komplizen aus dem Nordkaukasus zu langen Haftstrafen. Nemzows Familie beklagte, dass nach den Drahtziehern nie wirklich gesucht worden sei. © afp
Boris Nemzow
In den 1990er Jahren hatte sich Nemzow als liberaler Reformer in Russland einen Namen gemacht. Präsident Boris Jelzin (rechts im Bild) holte ihn einst in die Regierung nach Moskau. Nemzow war zeitweilig auch als Präsidentenanwärter gehandelt worden. „Ich bin liberal, was Wirtschaftsfragen angeht, aber für eine starke Staatsmacht in der Politik“, sagte er einmal. © TASS/afp
Alexander Litwinenko
Der Putin-Kritiker Alexander Litwinenko starb im November 2006 in London nach einem Anschlag mit dem radioaktiven Gift Polonium 210. Einem Untersuchungsbericht zufolge soll ihm das Strahlengift in einem Londoner Hotel in den Tee gemischt worden sein. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit siechte Litwinenko tagelang dahin. Vom Krankenhausbett beschuldigte er Putin, hinter dem Anschlag zu stecken. Die britische Justiz sieht es ebenfalls als bewiesen an, dass die Spur in hohe politische Kreise in Moskau führt. Russland weist dies zurück. © Sergei Kaptilkin/dpa
Anna Politkowskaja
Die Journalistin Anna Politkowskaja machte sich als Kritikerin der Kriege in Tschetschenien einen Namen. Die Mitarbeiterin Oppositionszeitung Nowaja Gaseta berichtete über Kriegsverbrechen der russischen Armee und der verbündeten tschetschenischen Gruppen und sprach von einem „schmutzigen Krieg“. Häufig musste sie sich gegen Drohungen wehren. Am 7. Oktober 2006 wurde sie vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen. Politkowskajas Familie vermutet ein politisches Motiv für die Tat.  © Imago
Boris Beresowski
Die Serie von mitunter rätselhaften Todesfällen, hinter denen russische staatliche Stellen vermutet werden, ist noch sehr viel länger. Der Oligarch Boris Beresowski (Mitte) fiel nach dem Machtantritt Putins in Ungnade und floh nach Großbritannien. Am 23. März 2013 wurde Beresowski tot im Bad seines Hauses in Ascot gefunden.  © Shaun Curry/afp
Pawel Scheremet
Im Juli 2016 kam der russische Exil-Journalist Pawel Scheremet in Kiew durch eine Autobombe ums Leben. Scheremet engagierte sich während der Maidan-Proteste 2013/2014 in Kiew aufseiten der prowestlichen Kräfte und wurde später Redakteur beim renommierten Internetportal Ukrainskaja Prawda. © Dmytro Larin/afp
Denis Woronenkow
2017 wurde der abtrünnige russische Abgeordnete Denis Woronenkow auf offener Straße in Kiew erschossen. Auch sein Fall wurde nie aufgeklärt. © ITAR-TASS/Imago
Sergej Magnizki
Sergej Magnizki starb 2009 unter ungeklärten Umständen in einem Moskauer Gefängnis. Angeblich wurde der Anwalt, der nach eigenen Angaben einen Steuerbetrug aufgedeckt hatte, zu Tode geprügelt. Medizinische Hilfe wurde im verweigert.  © HO/Hermitage Capital Management/afp
Baburowa/Markelow
Die Journalistin Anastassija Baburowa und der Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow wurden 2009 auf der Straße in Moskau erschossen. Für die Tat wurden ein Rechtsextremist und eine Komplizin zu langen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten ihre Schuld bestritten. © ITAR-TASS/Imago
Natalia Estemirowa
Die Menschenrechtlerin Natalia Estemirowa wurde 2009 in der Konfliktregion Nordkaukasus erschossen aufgefunden. Mit Berichten über das Verschwinden von Zivilpersonen in dem Gebiet hatte sie sich wiederholt den Zorn der Machthaber zugezogen. © Memorial/afp
Sergej Juschenkow
Eines der ersten Todesopfer war Sergej Juschenkow. Der Duma-Abgeordnete wurde im April 2003 in Moskau erschossen. Juschenkow war der Staatsführung ein Dorn im Auge, wenngleich der Politiker über wenig Macht und Einfluss verfügte.  © Roman Mukhamedzanov/Vremya Novos/afp

Beim Vorher-Nachher-Vergleich fiel Krutov zudem auf, dass die Russen neue Stellungen ausgehoben haben und einige Fahrzeuge entfernt wurden. Auf Hinweis eines anderen Users, der nach eigenen Angaben den Einsatz und die Zerstörung von Waffensystemen im Kampfgebiet in der Ukraine verfolgt, merkt Krutov an, dass auch ein Nebo-M-Radarsystem das Ziel des Luftangriffs gewesen sein könnte, dieses jedoch an seinem Standort verblieben sei. Dagegen wurden zwei andere Radargeräte entfernt, wobei unklar sei, ob diese beschädigt wurden.

Auf jeden Fall bleiben auch nach Ansicht der Satellitenbilder viele offene Fragen. Und manche kommen erst neu hinzu. (mg)

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