Video-Reihe Teil 2
„Für mich eine der schwierigsten Wochen“ – So erleben Politiker den Wahlkampf
VonMoritz Maierschließen
Andreas Schmidschließen
Eine bröckelnde Brandmauer, engagierte Jugendliche – und Hilfe für SED-Opfer: In Teil zwei unserer Videoreihe erzählen uns sechs Politikerinnen und Politiker, was sie im Wahlkampf erleben.
In zweieinhalb Wochen ist Bundestagswahl. 630 Abgeordnete werden danach im Bundestag sitzen. Wir begleiten im Wahlkampfendspurt sechs Politikerinnen und Politiker, die im neuen Bundestag mit dabei sein wollen. Was bewegt sie im Wahlkampf? Was läuft gut, was schlecht? Im zweiten Teil unserer Videoreihe zur Wahl stehen unserer Redaktion folgende Bundestagsabgeordnete Rede und Antwort und berichten hautnah von ihren Eindrücken – ob gut oder schlecht:
- Dorothee Bär (CSU): seit 2002 im Bundestag, stellvertretende CSU-Chefin und Fraktionsvize der Union im Bundestag
- Ricarda Lang (Grüne): seit 2021 im Bundestag, von 2022 bis 2024 Parteichefin der Grünen
- Sepp Müller (CDU): seit 2017 im Bundestag, Spitzenkandidat CDU Sachsen-Anhalt, Fraktionsvize der Union im Bundestag
- Macit Karaahmetoğlu (SPD): seit 2021 im Bundestag, gelernter Jurist und Mitglied im Rechtsausschuss
- Heidi Reichinnek (Linke): seit 2021 im Bundestag, Spitzenkandidatin der Linken für die Bundestagswahl
- Ria Schröder (FDP): seit 2021 im Bundestag, Spitzenkandidatin der FDP Hamburg
Bis zum Wahltag am 23. Februar werden sie in unserem exklusiven Videoformat jede Woche drei Fragen beantworten. Neben dem High- und Lowlight im Wahlkampf geht es auch um aktuelle Debatten. Diese Woche ist das die Frage, was die Bürgerinnen und Bürger in Gesprächen am Wahlkampfstand oder im Alltag beschäftigt.
Die umstrittenen Abstimmungen im Bundestag vergangene Woche beschäftigen die Politik nach wie vor. Während Heidi Reichinnek, Ricarda Lang und Macit Karaahmetoğlu den Unions-Vorstoß scharf verurteilen, blicken Dorothee Bär, Sepp Müller und Ria Schröder anders auf die Situation. Aber auch ganz andere Themen freuen und ärgern die Politikerinnen und Politiker in dieser Woche.
Dorothee Bär (CSU): „Konnten viel für Frauen erreichen“
„Dass wir so viel für Frauen erreichen konnten“, ist Dorothee Bärs positivster Moment der vergangenen Tage. Mit dem Gewalthilfegesetz sollen Frauen künftig besser geschützt werden. Mit dem gestaffelten Mutterschutz soll außerdem für Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, eine Schutzfrist von zwei Wochen gelten. Dass eine Frau nach einer stillen Geburt „nicht sofort am nächsten Tag arbeiten gehen muss, das fand ich ganz, ganz wichtig“ sagt Bär. Am negativsten ist Bär in der Woche aufgestoßen, dass Rot-Grün Demonstrationen unterstützte, die sich gegen die CDU-Mehrheit durch Stimmen der AfD im Bundestag organisierten. „Wir sind als CDU und CSU die einzigen, die auch mit Inhalten daran arbeiten, die AfD kleinzuhalten“, sagt Bär.
Ricarda Lang (Grüne): „Kompletter Schwachsinn“
„Man hört ja ganz oft, die Jugend von heute ist nicht politisch, das hat mir nochmal gezeigt, dass das kompletter Schwachsinn ist“, freut sich Ricarda Lang über eine Wahlkampfveranstaltung, bei der ein Jugendbeirat in ihrer Schwäbischen Heimat eine Podiumsdiskussion für über 500 Gäste organisiert hat. Die Menschen sind Lang zufolge nicht komplett politikverdrossen: „Auch wenn sie vieles stört, sie interessieren sich dafür, wie wir unsere Zukunft gestalten.“ Den Mittwoch, als die CDU ihren Entschließungsantrag mit Stimmen der AfD durchboxte, nennt Lang ihren bisher „schlimmsten Tag als Parlamentarierin.“
Sepp Müller (CDU): „Ich bin sehr traurig“
Den Wittenberger Sepp Müller hat besonders die fraktionsübergreifende Einigung gefreut, dass Opfer des SED-Regimes der DDR ab Sommer eine bessere soziale Absicherung erwartet. „Die Opferverbände haben es als historischen Schritt verkündet. Ich sehe das genauso“, sagt Müller. Enttäuscht zeigt sich Müller darüber, dass sich mit SPD und Grünen im Bundestag kein Kompromiss in Sachen Migrations- und Asylpolitik fand. „Ich bin sehr traurig, dass die politische Mitte nicht die Kraft hatte, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen, so Müller zum CDU-Vorstoß.
Macit Karaahmetoğlu (SPD): „War etwas, was alles überschattet hat“
Ein wirkliches Highlight hatte Macit Karaahmetoğlu in den vergangenen Tagen nach eigener Angabe nicht. „Dass mit den Stimmen der AfD die CDU einen Antrag durchbekommen hat, war etwas, was alles überschattet hat“, sagt Karaahmetoğlu. „Ich werde es niemals vergessen, wie sich die Abgeordneten der AfD so gefreut haben“, resümiert der SPD-Politiker. Das habe zuletzt auch seine Gespräche mit den Menschen geprägt. Viele Bürgerinnen und Bürger haben Angst davor, „dass möglicherweise die Union die kommenden Wahlen gewinnt und mit der AfD eine Regierung bilden könnte.“
Heidi Reichinnek (Linke): „Wir sind die Brandmauer“
Über 700 Menschen kamen zu einer Wahlkampfveranstaltung mit Heidi Reichinnek, was die Linken-Politikerin als ihr Highlight bezeichnet. Besonders, als die Menschen „nach dieser furchtbaren Abstimmung im Bundestag ganz laut mit uns gesungen haben: ‚Wehr euch, leistet Widerstand.‘“ Speziell junge Menschen kommen derzeit auf Reichinnek zu, weil sie „sich Sorgen machen, aufgrund des aufsteigenden Rechtsrucks“, so die Linken-Spitzenkandidatin. „Deswegen bin ich dankbar, dass es gerade am Wochenende diese großen Proteste gab. Das zeigt ja, wir sind die Brandbauer.“
Ria Schröder (FDP): „Für mich eine der schwierigsten Wochen“
Die Hamburgerin Ria Schröder hebt den FDP-Versuch vor, in der umstrittenen Bundestagsdebatte einen Mittelweg zu finden und hat wegen einer ausgebliebenen Einigung mit Rot-Grün ihr Ziel für die nächste Bundesregierung fest vor Augen: „Wir brauchen jetzt eine schwarz-gelbe Mehrheit im nächsten Deutschen Bundestag.“ Die Debatte war für Schröder „eine der schwierigsten Wochen im Bundestag.“ Auch, weil nach Einschätzung der Freien Demokratin „keine Partei der Mitte so richtig gewonnen hat.“ Ihr Lowlight war jedoch die Rede der Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), mit der sie Schröder zufolge die AfD selbst „viel größer macht.“
Den nächsten Teil unserer Videoreihe gibt es am Mittwoch, 12. Februar.
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