Versteckte Steuererhöhung?
9 gespaltene Reaktionen auf das Ehegattensplitting
VonJana Stäbenerschließen
Die SPD schlägt vor, Steuervorteile in Ehen abzuschaffen, anstatt das Elterngeld für hohe Einkommen zu streichen. Die Menschen auf Twitter sind sich nicht einig.
Nach Jahren, in denen die Bundesregierung viel Geld für Hilfspakete in die Hand nahm, schaltet die Ampel-Koalition nun auf Sparkurs um, weshalb fünf Dinge in Deutschland bald Luxus sein könnten. Vor allem das Familienministerium soll 2024 weniger Geld zur Verfügung haben. Konkret ist die Streichung des Elterngelds für Einkommen ab 150.000 Euro geplant, vor der einige warnen, weil sie darin einen gleichstellungspolitischen Rückschritt sehen.
Besser wäre, das Ehegattensplitting künftig zu streichen und dafür das Elterngeld unangetastet zu lassen, findet der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil. „Damit würden wir dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen. Und der Staat würde Geld sparen“, sagte er am Montag, 10. Juli 2023, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
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Ehegattensplitting für künftige Ehen – ist das gerecht?
Beistand bekommt Klingbeil für seinen Vorschlag zum Ehegattensplitting aus den eigenen Reihen der SPD und von Bündnis 90/ Die Grünen. „Das Ehegattensplitting zumindest für künftige Ehen durch eine gerechtere Form der Einkommensteuer zu ersetzen, würde den Zielen von Gleichstellung und Steuergerechtigkeit gleichermaßen zugutekommen“, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert der Deutschen Presse-Agentur. Auch die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang zeigte sich offen dafür: Die Grünen seien hier „gerne zum Gespräch bereit“.
Beim Koalitionspartner FDP stößt Klingbeil damit auf genauso scharfe Kritik, wie die Elterngeld-Kürzung. „Die Abschaffung des Ehegattensplittings wäre eine gigantische Mehrbelastung für die Mitte der Gesellschaft“, hieß es aus Kreisen des FDP-geführten Bundesfinanzministeriums. „Dafür gibt es keine Mehrheiten.“
Auf Twitter sind sich die Menschen genauso einig, wie die Ampelkoalition, die sich bei anderen Themen schon in den Haaren lag. Einerseits fielen mit der Abschaffung des Ehegattensplittings „alte Rollenbilder und Alleinverdiener-Ehen“ weg, was positiv für die Gleichberechtigung sei, andererseits zahlen Familien hunderte Euro im Monate mehr Steuern, wenn es keinen Ersatz hierfür gebe. BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA sammelt die gespaltenen Reaktionen zu einer möglichen Abschaffung des Ehegattensplittings.
1. Die wichtigste Frage zum Ehegattensplitting zuerst:
Nehmt ihr zum #Ehegattensplitting eigentlich eher Axt oder Kettensäge?
— 𝕭𝖚𝖘𝖎𝖓𝖊𝖘𝖘 𝕭𝖗𝖚𝖉𝖎 💄 (@derjansinn) July 11, 2023
2. „Wir müssen Kinder fördern und keine Bindungsrituale von Erwachsenen“
Natürlich kann das #Ehegattensplitting weg.
— Johann van de Bron (@Johann_v_d_Bron) July 10, 2023
Was denn sonst?
Wir müssen Kinder fördern und keine Bindungsrituale von Erwachsenen.
3. Dieser Liberale fordert einen höheren Kinderfreibetrag statt Ehegattensplitting
#Klingbeil hat recht: Das #Ehegattensplitting gehört abgeschafft! Es profitieren verheiratete Paare, wenn sie einen Lohnunterschied haben. Das stützt alte Rollenbilder & Alleinverdiener-Ehe. Wir brauchen stattdessen einen höheren #Kinderfreibetrag! https://t.co/EX6G8nwyO1
— Tobias Weiskopf 🇪🇺🇺🇦 (@TobiWeiskopf) July 10, 2023
4. „Ehegattensplitting läuft der eigenständigen Existenzsicherung von Frauen zuwider“
Das #Ehegattensplitting läuft der eigenständigen Existenzsicherung von Frauen zuwider und gehört endlich abgeschafft! Mit den Mitteln, die daraus generiert würden, könnte z.B. eine gute #Kindergrundsicherung ohne Probleme finanziert werden.
— Deutscher Frauenrat (@Frauenrat) July 10, 2023
5. „Wenn wir Gleichstellung wollen, braucht es spürbare Schritte“
Deutschland EU-weit den viertgrößten Gender-Pay-Gap. Wundert nicht, dass die Abwehrhaltung bei dem Vorschlag das #Ehegattensplitting abzuschaffen, so hoch ist. D ist auch das einzige Land der EU,das das noch hat. Wenn wir Gleichstellung wollen,braucht es endlich spürbare Schritte
— Ann Cathrin Riedel (@anncathrin87) July 10, 2023
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6. Das Ehegattensplitting sollte, wenn dann, aber nicht nur für künftige Ehen reformiert werden, findet Gleichstellungs-Aktivistin Teresa Bücker
Sollte das #Ehegattensplitting endlich reformiert werden, dann nur mit kurzem Bestandsschutz. Denn sonst muss der Staat es vielen Paaren noch 50 Jahre lang weiter zahlen und es wären abermals Jüngere, die nicht davon profitieren. https://t.co/Ryfx0IAP6C
— teresa bücker (@teresabuecker) July 10, 2023
7. Der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands hingegen äußert sich kritisch:
Ich halte das #Ehegattensplitting für sehr sympathisch, weil gegen den neoliberalen individualistischen Zeitgeist. Wenn Menschen in einen Topf wirtschaften und füreinander einstehen, ist Splitting nur logisch und gerecht, nicht nur bei Ehen.
— Ulrich Schneider (@UlrichSchneider) July 10, 2023
„Das Ehegattensplitting, das auch für viele Familien mit durchschnittlichen und niedrigen Einkommen relevant ist, abzuschaffen, um ausgerechnet das Elterngeld für Bestverdiener zu finanzieren, scheint wenig durchdacht und käme einer Umverteilung von unten nach oben gleich“, sagte Ulrich Schneider dem RND am 11. Juli.
8. Was ist mit denen, denen das Ehegattensplitting dabei hilft, gerade so über die Runden zu kommen?
Was würden eigentlich all diejenigen machen, die sich für Kinder entschieden haben und denen das #Ehegattensplitting dabei hilft, trotz Halbtagsstelle des einen Partners irgendwie über die Runden zu kommen? Kinder zurückgeben?
— Michael Sander (@Mic_Sander) July 10, 2023
9. Für viele sei das eine versteckte „Steuererhöhung“, kritisiert diese Nutzer
#Ehegattensplitting abschaffen.. einer verdient 2000Euro/Monat, der andere 3000. Die Abschaffung des Splittings bedeuten eine Steuererhöhung von 742 Euro/Jahr. Aber die Reichen haben es ja... pic.twitter.com/sYczEH15mC
— Tom (@TomasBurck) July 10, 2023
Apropos Bundeshaushalt: Sieben Dinge, für die Deutschland weniger Geld opfert als für die Kirche
(Mit Material der dpa)
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