„Wir beenden nun den Krisenmodus“
5 Dinge, die in Deutschland bald Luxus sein könnten
VonJana Stäbenerschließen
Die Bundesregierung will sparen. BuzzFeed News sammelt, was jetzt alles gestrichen wird.
Nach langen Diskussionen hat das Bundeskabinett am 4. Juli 2023 den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 beschlossen. Die Ausgaben sollen im Vergleich zum laufenden Jahr deutlich sinken – um 30,6 Milliarden auf 445,7 Milliarden Euro. Deutschland ist nach Krisenjahren mit vielen Ausgaben (dazu gehören auch Zahlungen an die Kirche, die weiterhin hoch bleiben) auf dem Sparkurs und will die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wieder einhalten.
„Wir beenden nun den Krisenmodus expansiver Staatsfinanzen. Das ist nicht nur Vorgabe der Verfassung, sondern ein Gebot ökonomischer Klugheit, Ausdruck des Verantwortungsgefühls gegenüber kommenden Generationen und ein Signal über die deutschen Grenzen hinaus“, sagt Finanzminister Christian Lindner (FDP), der für seine Pläne zur Kindergrundsicherung kritisiert wurde, zu den Plänen für 2024.
Doch wo genau soll gespart werden? BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA zählt fünf Bereiche auf, in die der Staat im kommenden Jahr weniger Geld investieren will.
1. Ein Studium
Der Haushalt des Bildungs- und Forschungsministeriums schrumpft von 21,5 Milliarden Euro 2023 auf 20,3 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Experten rechnen mit weniger Ausgaben im Bereich Bafög: Knapp 1,4 Milliarden Euro für Studenten und Studentinnen statt 1,8 Milliarden im Jahr 2023. Beim Schüler-Bafög 551 Millionen statt 763 Millionen.
Laut Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) handelt es sich beim Bafög weiterhin „um eine gesetzliche Leistung, die auf jeden Fall gewährt“ wird. „Jeder einzelne Berechtigte wird seine Leistungen in vollem Umfang erhalten“, sagte die FDP-Politikerin.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kritisiert jedoch, dass die Ampelkoalition das Bafög systematisch aushungere, wenn sie die Sätze nicht an die Inflation und Preisexplosion auf dem Wohnungsmarkt anpasse. Der Studierendenausschuss der Universität Göttingen reagiert entsetzt auf die Bafög-Pläne der Bundesregierung. „Dass die Bundesregierung aus der derzeitigen Nicht-Auslastung der abrufbaren Bafög-Gelder mangelnden Bedarf glaubt ableiten zu können, ist ein gravierender Fehler“, warnt Asta-Sozialreferentin Katharina Bornemann.
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2. Radschnellwege
Der Fahrradclub ADFC kritisierte geplante Kürzungen des Bundeshaushalts 2024 beim Radverkehr. „Wie kann es sein, dass Deutschland die Klimaziele im Verkehr krachend verfehlt – und trotzdem die Mittel für den Radverkehr zusammenstreicht“ fragt die Bundesvorsitzende Rebecca Peters.
Durchgängige Radwegenetze, großzügige Fahrradparkhäuser und Radschnellwege in allen Metropolregionen, so wie sie der Nationale Radverkehrsplan vorsehe, bedeuteten einen enormen Investitionsaufwand. „Es ist beschämend, dass sich der Bund aus der Verantwortung stiehlt, ergänzend zu den Landesförderprogrammen seinen Anteil an dieser wichtigen Zukunftsinvestition zu tragen.“
3. Eltern werden
Das Familienministerium muss im kommenden Jahr mit fast 218 Millionen Euro weniger auskommen und ist damit sehr stark von den Einsparungen betroffen. Konkret ist die Streichung des Elterngelds für Einkommen ab 150.000 Euro geplant, vor der einige Menschen warnen, weil sie darin einen gleichstellungspolitischen Rückschritt vermuten. Eine Petition gegen die Streichung hat mittlerweile über 566.000 Unterschriften (Stand: 10. Juli).
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) will bei der geplanten Streichung des Elterngelds für hohe Einkommen bleiben. Sie werde das so einbringen, da sie unter all den schlechten Varianten die aus ihrer Sicht am wenigsten schlechte Variante gewählt habe, „um eben den Kürzungsbeitrag zu leisten, der mir vorgeschrieben worden ist“, sagt die Grünen-Politikerin am Donnerstag, 6. Juli 2023, der Deutschen Presse-Agentur.
Sowohl von Finanzminister Christian Lindner (FDP), der Einsparungen fordert, als auch von der familienpolitischen Sprecherin der FDP, Ria Schröder, hatte es Kritik an der Elterngeld-Streichung gegeben. „Ein Wegfall könnte dazu führen, dass der Elternteil mit dem höheren Einkommen weniger Zeit mit seinem Kind verbringen wird, während der andere Elternteil seine Karriere unterbrechen muss. Manche Paare werden sich überlegen, ob sie es sich überhaupt leisten können, Kinder zu bekommen“, sagt Schröder BuzzFeed News Deutschland.
4. Krankenkassenbeiträge
Jährlich zahlt der Staat einen sogenannten GKV-Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung. Im Jahr 2023 lag dieser bei 19,5 Milliarden Euro. Ohne diese Maßnahme wäre der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Jahr 2023 von 1,3 Prozent um rund einen Prozentpunkt gestiegen und hätte in den darauffolgenden Jahren weiter um bis zu 0,3 Prozentpunkte zugenommen, schreibt das Ärzteblatt.
2024 soll der Bundeszuschuss nicht weiter steigen, verbleibe aber „auf hohem Niveau“, steht im Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2024. Es sei erforderlich, gerade in Bereichen mit „besonderer Ausgabendynamik“ aktiv entgegenzuwirken. „Deshalb ist es beispielsweise nicht möglich, den Zuschuss des Bundes zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) weiter anwachsen zu lassen.“ VdK-Präsidentin Verena Bentele kritisiert dies gegenüber der Augsburger Allgemeinen.
Welche Folgen das hat, bleibt unklar. Laut einer Prognose des IGES Instituts von 2022 drohen spätestens ab 2024 große Lücken im Finanzbedarf der gesetzlichen Krankenversicherungen. Sie rechnen im Jahr 2024 mit einer Finanzierungslücke von 22 Milliarden Euro und knapp 29 Milliarden in 2025. Der Spielraum für weitere Beitragssatzerhöhungen dürfte zwar begrenzt sein, sei aber nicht ausgeschlossen, da der „größere Teil des Finanzierungsbedarfs noch ungedeckt“ sei.
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5. Pflege
„Auch ist es notwendig, auf eine Fortführung des im Jahr 2022 im Lichte der Coronapandemie eingeführten Zuschusses des Bundes zur Pflegeversicherung zu verzichten“, steht im Regierungsentwurf. Als Sparbeitrag fällt im Etat der 2022 eingeführte Zuschuss für die Pflegeversicherung von einer Milliarde Euro weg.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beruhigt, dass es deshalb keine Leistungskürzungen geben werde. Der rheinland-pfälzische Sozial- und Arbeitsminister Alexander Schweitzer warnt jedoch vor einem „pflegepolitischen Kahlschlag“ beim Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). „Steigende Kosten für Beitragszahler und weniger Leistungen für Pflegende sind keine Antwort auf die pflegepolitischen Herausforderungen der Zukunft“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch, 5. Juli, in Mainz.
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(Mit Material der dpa)
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