„Blut von Amerikanern vergiftet“

Biden und Trump erklären einander zur Gefahr für die Demokratie – Ex-Präsident sieht „Panikmache“

  • Victoria Krumbeck
    VonVictoria Krumbeck
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Verbaler Schlagabtausch in den USA: Bei einer Wahlkampfveranstaltung warf Biden Trump Nazi-Rhetorik vor. Laut Trump lasse Biden die Amerikaner im Stich.

Washington – Es sind noch mehr als zehn Monate, bis die Präsidentschaftswahlen 2024 in den USA stattfinden. Schon jetzt wird auf den Wahlkampfveranstaltungen von US-Präsident Joe Biden und dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump scharf geschossen. Biden warf Trump vor, die Demokratie zu opfern, woraufhin Trump ihm „Panikmache“ vorwarf. Trotz mehrfachen Anklagen gegen den Ex-Präsidenten scheint Trump nach aktuellen Stimmungsbildern der republikanischen Herausforderer von Biden zu werden.

Biden und Trump: Gegenseitige Beschuldigungen vor den Wahlen

In einer Rede warf Biden dem Rechtspopulisten Trump am Freitag (5. Januar) vor, Nazi-Rhetorik zu verwenden und eine Gefahr für die Demokratie darzustellen. „Er ist bereit, unsere Demokratie zu opfern, um an die Macht zu gelangen“, sagte der Präsident. „Er nennt diejenigen, die gegen ihn sind, Ungeziefer“, so Biden mit Blick auf Trump. „Er spricht davon, dass das Blut von Amerikanern [durch Migranten] vergiftet wird, und wiederholt exakt dieselbe Sprache, die in Nazi-Deutschland verwendet wurde.“

Trump und Biden beschuldigten sich bei Wahlkampfveranstaltungen gegenseitig, eine Gefahr für die Demokratie zu sein.

Biden präsentierte sich selbst als Verteidiger der US-Institutionen. Er warnte vor einer Bedrohung der Demokratie im Falle eines Wahlsiegs des Rechtspopulisten, dessen Anhänger immer noch Gewalt befürworteten. „Trumps Angriff auf Demokratie ist nicht nur Teil seiner Vergangenheit. Das ist sein Versprechen für die Zukunft“, warnte Biden. Trump sei bereit, die Demokratie zu opfern, um an die Macht zu gelangen, so der Präsident. „Die dringendste Frage unserer Epoche ist zu wissen, ob die Demokratie immer noch heilig ist“, sagte Biden.

Trump reagiert auf Biden: „Die wahre Bedrohung der Demokratie“

Ursprünglich war Bidens Ansprache für den Jahrestag des Sturms auf das Kapitol am Samstag geplant gewesen, wurde jedoch wegen eines drohenden Wintersturms vorgezogen. Am 6. Januar 2021 waren fanatische Anhänger Trumps in das Kapitol in Washington eingedrungen, um die formelle Bestätigung von Bidens Wahlsieg über Trump zu verhindern. Trump hatte zuvor seine Anhängerschaft in einer Wutrede angefeuert.

6. Januar 2021 - der Sturm aufs Kapitol in Bildern

Donald Trump bei seiner Rede am 6. Januar 2021 in Washington DC
Alles begann mit einer Rede von Donald Trump. Der noch amtierende Präsident hatte seine Anhängerinnen und Anhänger nach Washington DC gerufen, um dort gegennnnnnn die Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten zu demonstrieren. Der hatte die Wahl im November gewonnen, am 6. Januar sollten dann die Wahlmänner der Bundesstaaten Bidens Sieg in Washington DC bestätigen. Eigentlich ein formaler, zeremonieller Akt. In Trumps Wahrnehmung aber wohl die letzte Chance, die Niederlage gegen Biden noch zu verhindern. Seine tausenden Zuhörer forderte Trump auf, „gemeinsam zu Kapitol“ gehen um „unser Land zurückzuerobern“. © Brendan Smialowski/afp
Tausende Menschen finden sich am 6. Januar auf den Stufen des Kapitols in Washington DC ein
Der Mob aus MAGA-Fans gehorchte Donald Trump und zog in Richtung Kapitol. Gegen 12 Uhr Ortszeit fanden sich tausende Menschen auf den Stufen zu den Parlamentsgebäuden ein. Viele trugen Camouflage-Kleidung und Gasmasken. Trump-Flaggen und Devotionalen waren überall zu sehen. Entgegen seiner Ankündigung war der abgewählte US-Präsident aber nirgends zu sehen. Das Sicherheitspersonal, bestehend aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Secret Service, soll Trump eine Teilnahme an der Demonstration verboten haben. © Roberto Schmidt/afp
Ein Galgen, wohl für Mike Pence, ist vor den Stufen des Kapitols in Washington DC am 6. Januar zu sehen.
Donald Trumps Getreue hatten es aber nicht nur auf die Demokraten und Joe Biden abgesehen. Auch Mike Pence geriet ins Visier des Mobs. Trump hatte in den Tagen zuvor von seinem Vizepräsidenten gefordert, die Wahl von Biden nicht zu ratifizieren – eine formale Aufgabe, die im politischen System der USA dem Vize zufällt. Pence weigerte sich, was Trumps Fans zu dem Schlachtruf „Hang Mike Pence“ (Hängt Mike Pence“) inspirierte. Ihre Forderung unterstrich der Mob mit selbstgebastelten Galgen vor dem Kapitol. © Andrew Caballero-Reynolds/afp
Der Maga-Mob prügelt sich am 6. Januar vor dem Kapitol in Washington DC mit der Polizei
Vor dem Kapitol traf der Mob auf hoffnungslos unterbesetzte Sicherheitskräfte. Die Polizei war machtlos und konnte die Barrikaden vor dem Kapitol nicht lange halten. Gegen 12.30 durchbrach der wütende Mob schließlich die Absperrungen. Zwei Stunden hatte die Polizei endgültig aufgegeben und die Trump-Fans verschafften sich Zugang zu den Parlamentsgebäuden. © Joseph Prezioso/afp
Mike Pence und Nancy Pelosi im Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Während draußen die Schlacht zwischen MAGA-Fans und Kapitolspolizei tobte, lief im US-Senat die Sitzung, in der Joe Biden endgültig zum Präsidenten erklärt werden sollte. Kurz nachdem der Mob sich Zugang zu den Gebäuden verschafft hatte, unterbrachen Vizepräsident Mike Pence und Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Sitzung. Der Plenarsaal wurde von den Sicherheitskräften evakuiert. © Erin Schaff/afp
Anhänger von Donald Trump in den Gebäuden des Parlaments auf dem Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Im Kapitol begannen die Anhänger Donald Trumps in den heiligen Hallen der amerikanischen Demokratie zu randalieren. Zahlreiche Kunstwerke wurden zerstört, die Wände mit Exkrementen beschmiert und ein Rednerpult gestohlen, das kurz darauf auf Ebay zum Verkauf angeboten wurde. Währenddessen verbarrikadierten sich Abgeordnete, die nicht rechtzeitig evakuiert werden konnten, in einzelnen Räumen des Kapitols. © Roberto Schmidt/afp
Richard Barnett im Büro von Nancy Pelosi beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in Washington DC in den USA
Die Anhänger von Donald Trump hatten es besonders auf das Büro von Nancy Pelosi abgesehen. Richard Barnett war unter denen, die sich Zugang zu den Räumen der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses verschaffte. Dort machte Barnett Fotos von sich im Stuhl Pelosis, veröffentlichte diese auf Facebook und schrieb Pelosi beleidigende Nachrichten auf den Schreibtisch. Kurze Zeit nach dem Sturm aufs Kapitol wurde Barnett verhaftet. © Saul Loeb/afp
Jake Angeli, der QAnon Schamane beim Sturm aufs Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Zweifelhafte Berühmtheit erlangte am 6. Januar 2021 auch Jake Angeli. Der sogenannte „QAnon-Schamane“ beteiligte sich in Kriegsbemalung und mit Fellmütze inklusive Hörnern am Sturm aufs Kapitol. Tage später wurde Angeli festgenommen und des vorsätzlichen Betretens oder Verbleibs in gesperrten Gebäuden oder Geländen ohne rechtmäßige Befugnis sowie des gewaltsamen Betretens und des ordnungswidrigen Verhaltens auf dem Gelände des Kapitols angeklagt. Die Fahndung sei aufgrund der „einzigartigen Kleidung und den umfangreichen Tätowierungen auf seinem Oberkörper“ leicht gefallen, gaben die Behörden im Anschluss an. © Saul Loeb/afp
Anhänger Donald Trumps beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in den Gebäden des Parlaments in Washington DC.
Überall in den Gebäuden tummelten sich stundenlang die Anhänger Donald Trumps. Der abgewählte US-Präsident zögerte, die Nationalgarde zur Unterstützung der Kapitolpolizei zu entsenden und weigerte sich zunächst, den Mob per Videobotschaft zur Ruhe zu bringen. Erst vier Stunden, nachdem die Türen des Kapitols eingeschlagen worden waren, wandte sich der noch amtierende Präsident an die Demonstranten. Nur halbherzig verurteilte er die Gewalt des Tages und lobte die Randalierer noch als „große Patrioten“. © Saul Loeb/afp
Nationalgardist im Einsatz beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in Washington DC
Erst gegen 16.30 Uhr, also zweieinhalb Stunden, nachdem das Kapitol gestürmt worden war, wurde die Nationalgarde geschickt. Wer diesen Einsatz, den die Kapitolpolizei zwei Stunden zuvor bereits beantragt hatte, letztlich genehmigt hat, ist nicht bekannt. Laut offizieller Anrufliste hat Donald Trump von 11 Uhr bis 18 Uhr kein einziges Telefonat geführt. Die Theorie liegt nahe, dass Mike Pence letztlich den Einsatz der Nationalgarde in die Wege geleitet hatte. Den Sicherheitskräften gelang es gegen 17.30 Uhr, den Mob aus den Parlamentsgebäuden im Kapitol zu drängen. © Olivier Douliery/afp
Anhänger von Donald Trump beim Sturm aufs Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Die Bilanz des Kapitolsturms am 6. Januar in Washington DC fällt verheerend aus. Insgesamt kamen zehn Menschen ums Leben, fünf davon Polizisten. Vier dieser Männer begangen in den Tagen nach dem Sturm Suizid. 140 weitere Sicherheitsbeamte und unzählige Demonstranten wurden verletzt. Bis heute laufen Gerichtsverfahren gegen Beteiligte des Aufstands. Doch für Donald Trump ändert das alles nichts. Bis heute hat er seine Wahlniederlage nicht akzeptiert und lässt seit dem 6. Januar keine Gelegenheit aus, den Beinahe-Sturz der Demokratie in den USA kleinzureden. © Samuel Corum/afp

Nur Stunden später antwortet Trump, indem er Biden „erbärmliche Panikmache“ vorwarf, wie die New York Times berichtete. Trump sprach auf einer Wahlkampfveranstaltung in Iowa, wo am 15. Januar die US-Republikaner mit ihren Vorwahlen starten. Zudem sagte er, Biden habe die „hart arbeitenden Amerikaner“ im Stich gelassen und verraten. Biden wolle mit seiner Rede den Fokus von Grenz- und Wirtschaftsthemen ablenken, so der Ex-Präsident. Trumps Sprecher Steven Cheung sagte der Nachrichtenagentur AFP, Biden sei „die wahre Bedrohung für die Demokratie“, in dem er „die Regierung als Waffe gegen seinen wichtigsten politischen Gegner“ einsetze und „in die Wahl 2024 eingreift“.

Trump verbreitet Kapitol-Verschwörungstheorie und spricht von „Geiseln“

Den Sturm auf das Kapitol spielte der Ex-Präsident weiter herunter, indem er die Personen, die wegen der Beteiligung am Sturm auf das Kapitol in Gefängnissen sitzen, als „Geiseln“ bezeichnete. Niemand sei in der Geschichte jemals so schlecht behandelt worden „wie diese Leute“, so der Republikaner. Trump verbreitete erneut die Verschwörungstheorie, dass der Sturm auf das Kapitol von dem FBI angezettelt wurde. Auch drei Jahre nach dem Sturm auf das Kapitol glaubt laut einer Umfrage der Washington Post und der Universität Maryland ein Viertel der US-Bürger, dass das FBI hinter der Kapitol-Erstürmung steckt, ohne dass es dafür Beweise gibt.

Trumps Wahl als republikanischer Präsidentschaftskandidat gilt als sehr wahrscheinlich. Allerdings hatte das oberste Gericht im Bundesstaat Colorado geurteilt, dass Trump wegen seiner Rolle bei der Kapitol-Erstürmung nicht an den Präsidentschaftsvorwahlen seiner Partei teilnehmen dürfe. Wegen seiner Versuche, das Wahlergebnis zu kippen, wurde Trump zweimal angeklagt, von der Bundesjustiz sowie im Bundesstaat Georgia. Zusätzlich wurde er wegen Mitnahme geheimer Regierungsdokumente in Miami angeklagt und in New York wegen Betrugs bei einer Zahlung von Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels (bürgerlich Stephanie Clifford). (vk/afp)

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