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Wahl-Farce in Russland: Union hofft trotzdem auf Ende der Putin-Ära
VonJens Kiffmeier
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Wegen der unterdrückten Opposition: Die Union kritisiert die Wahlen in Russland als Farce. Dennoch glaubt sie an eine Zeit nach Putin. Doch dafür sind Konzepte gefordert.
Berlin – Ein Amtsinhaber, keine ernstzunehmenden Gegner und die Gefahr der Manipulation: Zum Start der Präsidentschaftswahlen in Russland hat die Union in Deutschland die Entwicklung in dem osteuropäischen Land beklagt. So kritisierte der CDU-Außen- und Verteidigungspolitiker Johann Wadephul vor allem die Unterdrückung der Opposition durch Präsident Wladimir Putin und bezeichnete den dreitägigen Urnengang als reine Farce.
„Ich kann uns allen nur raten, nicht von einer Wahl zu sprechen. Dies ist keine Wahl. Dies ist eine erzwungene Re-Inthronisierung Putins“, sagte der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende auf Anfrage von fr.de von IPPEN.MEDIA. Dennoch will der Politiker die Hoffnung auf ein Ende der Putin-Ära nicht aufgeben.
Opposition ausgeschaltet: Union kritisiert Wahlen in Russland als Farce
An diesem Freitag (15. März) starten die Wahlen in Russland. Erstmals in der Geschichte sollen sie drei Tage dauern, sodass erst am Sonntag mit einem offiziellen Ergebnis zu rechnen ist. Jedoch scheint der Ausgang bereits festzustehen. Denn mit dem amtierenden Präsidenten Wladimir Putin steht nur ein ernstzunehmender Kandidat auf den Wahlzetteln. Zwar treten auch drei Gegenkandidaten unterschiedlicher Blockparteien an, doch sie gelten als chancenlos. Alle großen Oppositionspolitiker wurden in den vergangenen Monaten und Jahren ins Exil getrieben, inhaftiert oder unter mysteriösen Umständen getötet, so wie kürzlich Kremlkritiker Alexej Nawalny.
Dennoch will Putin mit der Russland-Wahl seine Macht demonstrieren und ein Rekordergebnis einfahren. Umfragen prognostizieren ihm ein Ergebnis von mehr als 80 Prozent. Doch am Ende wird es wohl vor allem auf die Höhe der Wahlbeteiligung ankommen. Denn fällt diese niedrig aus, könnte dies als stiller Protest gewertet werden. Vor diesem Hintergrund überlässt der Kreml aktuell nichts dem Zufall. Während Putin trotz mangelnder Gegner einen Wahlkampf mit zahlreichen Auftritten inszeniert, wird die verbliebene Opposition zunehmend mundtot gemacht.
„Immer brutaler“: CDU-Politiker Wadephul besorgt wegen der Wiederwahl Putins
„Oppositionelle Stimmen werden systematisch und immer brutaler unterdrückt oder gar ermordet, wie das Beispiel Nawalny zeigt“, sagte Wadephul zu fr.de von IPPEN.MEDIA. Angesichts der zu erwartenden Wiederwahl Putins bei der Russland-Wahl sehe er aktuell leider keine Ansatzpunkte, dass sich daran kurzfristig etwas ändern würde. „Im Gegenteil – Putin agiert nach Innen und Außen immer brutaler“, fügte der Außenpolitiker hinzu.
Dennoch will der Unionspolitiker die Hoffnung auf einen demokratischen Wandel in Russland oder auf eine Palast-Revolte gegen Putin nicht kleinreden. Trotz der aktuellen Entwicklung sollte man vielfältigen Stimmen in der russischen Gesellschaft nicht aufgeben, mahnte Wadephul. „Im Gegenteil“, fügte er hinzu, „wir brauchen intelligente Konzepte, um diese Menschen auch weiter zu unterstützen. Wir brauchen Kontakte und die Basis für ein Nachputinrussland.“ Details, wie diese Konzepte aussehen könnten, nannte er aber nicht.
Wir brauchen Kontakte und die Basis für ein Nachputinrussland.
Doch wie berechtigt sind diese Hoffnungen? Wird es trotz der Wiederwahl trotzdem ein Ende in der Putin Ära geben oder sitzt der Kremlchef zu Beginn seiner Amtszeit fester im Sattel denn je? Die Antworten auf diese Fragen fallen durchaus gemischt aus. Während ein Großteil der politischen Beobachter Putin eher für gestärkt halten, gibt es auch vereinzelt Stimmen, die weiterhin einen Sturz des Präsidenten nicht für völlig ausgeschlossen halten.
Trotz manipulierter Russland-Wahl: Hoffnung auf Anfang vom Ende der Putin-Ära bleibt
„Ich habe den Eindruck, dass wir den Anfang vom Ende von Putins Regime erleben“, sagte kürzlich die renommierte Historikerin Francoise Thom dem österreichischen Standard. Sie sei sich sicher, dass es Umsturzpläne gegen den Kremlchef gebe, fügte sie hinzu. Jedoch würden seine kremlinternen Gegner keinen Versuch starten, solange die Ost-Ukraine nicht fest in russischer Hand sei. Putin, so ihre Theorie, sei nun mehr oder weniger derjenige, der den unpopulären Job zuende bringen müsste. Ähnlich hatte sich zuvor auch schon der Oppositionelle Boris Nadeschdin, der eigentlich als Präsidentschaftskandidat antreten wollte und von Putins Regime ausgebootet worden war, im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP im Januar geäußert.
Wladimir Putin: Der Aufstieg von Russlands Machthabern in Bildern
Gerüchte um einen Sturz hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Jedoch lässt sich davon nichts unabhängig überprüfen. In Deutschland will man sich auch auf keine Spekulationen einlassen. So geht man in der Union eher davon aus, dass sich der Westen erst einmal auf mittelfristige Sicht weiterhin auf das Putin-Regime ausrichten muss. „Es ist absehbar, dass wir die europäische Sicherheit gegen Russland organisieren müssen, solange Putin und seine Schergen an den Hebeln der Macht sitzen“, stellte Wadephul klar und forderte die Bundesregierung zu einem klaren Kurs auf. Leider tue die Ampel-Koalition aktuell „erkennbar zu wenig“, kritisierte der CDU-Politiker.
„Unsere Anstrengungen müssen darüber hinaus darauf ausgerichtet sein, eine möglichst große Anzahl von Staaten auf der Welt dahin zu bringen, dass sie das völkerrechtswidrige Verhalten Russlands klar benennen und sanktionieren“, sagte Wadephul. „Dies muss eine Priorität für die deutsche und europäische Außenpolitik bleiben.“ (jkf)