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Wahl in Russland: Putin-Trolle attackieren Boykott-Aktion der Opposition
VonJens Kiffmeier
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Die Russland-Wahl gilt als Farce. Dennoch will die Opposition das Ergebnis für Putin schmälern. Doch der Kreml hält dagegen – mit Fake News.
Moskau – Ein Präsident, kaum ernstzunehmende Gegner: Bei der von Betrugs- und Manipulationsvorwürfen überschatteten Russland-Wahl steht Wladimir Putin eigentlich bereits als Sieger fest. Dennoch hat die Opposition zu Protestaktionen aufgerufen – und gerät damit wieder einmal ins Visier der Kreml-Schergen. So soll die berühmt-berüchtigte Troll-Fabrik versucht haben, den Boykott-Aufruf der Putin-Opposition mit der Verbreitung von Fake News in den sozialen Netzwerken zu torpedieren.
Wahl in Russland: Troll-Fabrik greift Aktion „Mittag gegen Putin“ mit Fake News an
Laut einem Bericht der Novaya Gazeta Europe tauchten auf den sozialen Plattformen in Russland immer mehr Nachrichten auf, die über eine angebliche Verschiebung der Aktion „Mittag gegen Putin“ informierte. Gestartet worden war der Aufruf für den letzten Tag der Russland-Wahl von dem Team des verstorbenen Kremlkritiker Alexey Nawalny. Dessen Mitarbeiter forderten die Russen am Donnerstag (14. März) auf, den Fälschungen und Fake News nicht zu glauben. Die Aktion werde wie geplant stattfinden, hieß es in dem Medienbericht.
Manipulation bei Präsidentenwahl in Russland gilt als wahrscheinlich
Die Präsidentenwahl in Russland startet am Freitag (15. März) und soll bis zum 17. März dauern. Dabei wird Putin aller Voraussicht nach seine fünfte Amtszeit sichern. Kremlgegner rufen dazu auf, das Ergebnis nicht anzuerkennen, weil demokratische Standards längst nicht mehr eingehalten würden. Unabhängige Beobachter weisen auf Betrug und Manipulation hin. Ernstzunehmende russische Oppositionelle sind entweder nicht zur Abstimmung zugelassen, ins Ausland geflohen oder sitzen im Straflager. Echte Gegenkandidaten hat Putin bei der Wahl nicht.
„Mittag gegen Putin“: Nawalny-Witwe ruft zu reger Teilnahme bei Russland-Wahl auf
Mit Blick auf die Wahlen in Russland sprach die Witwe von Kremlgegner Alexej Nawalny, Julia Nawalnaja, bereits von einem „Schwindel“. In einem kürzlich auf Youtube verbreiteten Video rief sie deshalb zu einer Protestaktion gegen Putin auf, die auf eine Überlastung der Wahllokale abzielt. „Wir müssen am selben Tag zur selben Zeit zum Wahllokal gehen: 17. März um 12.00 Uhr“, sagte Nawalnaja und forderte die Wahlberechtigten in Russland auf, „für jeden Kandidaten außer Putin“ abzustimmen oder eine ungültige Stimme abzugeben. Eine Möglichkeit: „Sie können in großen Buchstaben ‚Nawalny‘ schreiben.“
Ihr Mann war aus bislang ungeklärter Ursache in einem russischen Straflager gestorben. Internationale Beobachter, darunter auch etliche Staatschefs aus dem Westen, beschuldigten den Kreml um Putin, der Drahtzieher eines gezielten politischen Mordes zu sein. Dennoch hatte Nawalny die Aktion noch vor seinem Tod selber aus der Gefangenschaft heraus gestartet.
Im Februar hatte er über seine Anwälte einen Post über seinen X-Account verbreiten lassen. Der Protest, eine Reihe von Flashmobs im ganzen Land, wäre landesweit, legal und relativ sicher, zitiert das US-Nachrichtenmagazin Politico aus der Nachricht. „Nun, was können sie tun?“ fügte Nawalny demnach hinzu. „Werden sie die Wahllokale um 12 Uhr schließen? Werden sie um 10 Uhr morgens eine Aktion zur Unterstützung Putins organisieren? Werden sie jeden, der mittags kommt, registrieren und auf die Liste der Unzuverlässigen setzen?“
Alle gegen Putin: Oppositionsbewegung bei Russland-Wahl 2024 zu schwach?
Doch was kann die Aktion ausrichten? Einen Sieg von Putin bei der Russland-Wahl 2024 wird sich dadurch nicht verhindern lassen. Das sieht man offenbar auch im Kreml so. Die Strategen um Putin seien zuversichtlich, dass die Oppositionskundgebung „Mittag gegen Putin“ nicht zu einem ernsten Problem werde, zitierte die unabhängige Nachrichtenplattform Meduza eine anonyme Quelle aus dem Kreml-Umfeld. „Wahrscheinlich wird es in einigen Gegenden Moskaus oder einer anderen Millionenstadt etwas Auffälliges geben. Aber in Russland insgesamt? Nein“, sagte der Beamte laut dem Medienbericht.
Ähnlich sieht das auch der Oppositionelle Sergey Biziyukin. Für den Großteil der Bevölkerung wirke die Wahl in Russland seltsam inszeniert, sagte er in einem Gespräch mit al-Jazeera. Jedoch seien jegliche Proteste gegen den Ausgang der Putin-Wahl am Ende „zu uneinig und zu schlecht organisiert“, fügte er hinzu.
Wladimir Putin: Der Aufstieg von Russlands Machthabern in Bildern
Putin peilt historisches Ergebnis bei Wahlen in Russland an
Dennoch will Putin nichts dem Zufall überlassen. Unabhängig von dem zu erwartenden Ausgang muss Putin ein gutes Ergebnis erzielen. Dies sei für ihn wichtig, um seiner Politik den Hauch von Legitimität zu verpassen, sagte der Politologe Alexander Kynew dem MDR. Angepeilt wird Berichten zufolge ein historisches Ergebnis jenseits der 80 Prozent. Wichtig sei dabei vor allem auch die Wahlbeteiligung. Denn falle diese gering aus, so könnte dies als stiller Protest gegen den Amtsinhaber gewertet werden.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Kreml-Trolle die Oppositionsaktion ins Visier genommen haben. Und es verwundert auch nicht, dass Putin einen enormen Aufwand für einen Wahlkampf betrieben hat. Er gab trotz des zu erwartenden Wahlsieges und der Umfragewerte TV-Interviews und absolvierte öffentlichkeitswirksame Termine. Und einen Tag vor dem Start der Russland-Wahl rief er noch einmal eindringlich zur Teilnahme auf. (jkf)