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„An Ignoranz nicht zu überbieten“: Reichinnek zerreißt die Minister-Liste von Merz
VonJens Kiffmeier
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Die neue Bundesregierung nimmt Gestalt an: Merz hat seine Minister-Riege vorgestellt. Sie ist männlich und kaum divers. Linke und Grüne reagieren mit Kritik.
Update, 2. Mai, 7.18 Uhr: Nach der Kritik der Linken an der Ministerliste der neuen Koalition hat die SPD die Personalentscheidungen verteidigt. So lobte Ex-Bundestagspräsidentin Bärbel Bas die Nominierung von drei Managern als Minister durch den designierten Kanzler Friedrich Merz und stellte eine „Überraschung“ im SPD-Kabinettsteam in Aussicht. „Frischluft ist lebensnotwendig. Es ist gut, dass die CDU externe Erfahrung in die Regierung holen wird“, sagte Bas dem Berliner Tagesspiegel. Sie reagierte damit unter anderem auch auf Kritik von Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek.
Update, 30. April, 10.46Uhr: Heidi Reichinnek bleibt dabei: Merz‘ Ministerliste ist aus ihrer Sicht nichts. In der jüngsten Ausgabe von „Markus Lanz“ legte die Linken-Fraktionschefin jetzt nach und attestierte dem CDU-Chef einen „Irrglauben“. Wie der Schlagabtausch mit dem Moderator sich dann entwickelte in unserem Artikel Linke bringt Lanz gegen sich auf.
Merz‘ Minister-Liste: Künftiger Kanzleramtsminister Frei verwehrt sich gegen Reichinnek-Kritik
Update vom 29. April, 8.22 Uhr: Die Auswahl der CDU-Minister stößt bei der Opposition auf viel Unverständnis. Doch nach der harschen Kritik von Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek hat der künftige Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) die Postenvergabe im Kabinett durch CDU-Chef Friedrich Merz zurückgewiesen. Gerade die Ostlandesverbände der Union seien mit einer Wirtschaftsministerin aus Brandenburg sowie mehreren Staatssekretären und einer Staatsministerin gut vertreten, sagte Frei der Rheinischen Post. „Am Ende kommt es auf Kompetenz an, kommt es darauf an, dass es insgesamt passt.“ Er reagierte damit auf die Kritik von Linken, Grünen und Verbänden, die die neue Bundesregierung vor allem als männlich dominiert und als zu wenig divers erachten.
Minister in der neuen Bundesregierung: Reichinnek kritisiert das Kabinett von Merz – die Reaktionen
Erstmeldung: Berlin – Langzeitpolitiker, Quereinsteiger, wenig Frauen und kaum Vertreter mit Migrationshintergrund: Die Union hat das Geheimnis um die Besetzung der Minister-Posten in der neuen Bundesregierung gelüftet. Während Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU) von einer „sehr guten Regierungsmannschaft“ sprachen, reagierte die Opposition mit scharfer Kritik.
„Genauso wie in ihrer Fraktion, schafft es die Union auch im Kabinett nicht, die Gesellschaft abzubilden“, sagte Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek auf Anfrage von fr.de von IPPEN.MEDIA. Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund und Ostdeutsche würden in der neuen Bundesregierung von Merz systematisch ausgegrenzt. „Das ist an Ignoranz nicht zu überbieten“, fügte sie hinzu. Ähnlich äußerten sich auch die Grünen. Und selbst in Teilen der Union gab es lautes Murren über die Vergabe der Minister-Jobs.
Kabinett von Merz nimmt Gestalt an: CDU und CSU nennen Namen der Ministerinnen und Minister
Die größte Überraschung der vorgestellten Kabinettsliste: Der Vorstandsvorsitzende des Media-Markt-Saturn-Mutterkonzerns Ceconomy, Karsten Wildberger, soll künftig das neu geschaffene Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung führen. Das Außenministerium geht nach fast sechs Jahrzehnten wieder an die CDU. Johann Wadephul aus Schleswig-Holstein, bisher als Außen- und Sicherheitsexperte bekannt, wird dieses Ressort übernehmen. Den Posten des Innenministers erhält der bisherige CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt. Für das Wirtschaftsministerium haben die Christdemokraten die Energiemanagerin Katherina Reiche vorgesehen, die von 1998 bis 2015 bereits als CDU-Abgeordnete im Bundestag saß. Hier alle Ministerinnen und Minister der Union im Merz-Kabinett im Überblick:
Neue Bundesregierung in Deutschland: Das sind die Minister von CDU und CSU – die Liste
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Thorsten Frei
Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Karin Prien
Bundesminister für Wirtschaft und Energie: Katherina Reiche
Bundesminister für Verkehr: Patrick Schnieder
Bundesminister für Auswärtiges: Johann David Wadephul
Bundesministerin für Gesundheit: Nina Warken
Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger
Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt: Dorothee Bär (CSU)
Agrarminister: Alois Rainer (CSU)
Bundesinnenminister: Alexander Dobrindt (CSU)
Staatsminister für Kultur und Meiden: Wolfram Weimer
Staatsministerin für Sport und Ehrenamt: Christiane Schenderlein
Staatsminister für Bund-Länder-Zusammenarbeit: Michael Meister
Staatsministerin im Bundesministerium des Auswärtigen: Serap Güler
Staatsminister im Bundesministerium des Auswärtigen: Gunther Krichbaum
Frauen und Politiker mit Migrationshintergrund sind im Kabinett Merz unterrepräsentiert
Im Unionskabinett dominieren erneut die Männer. Die CDU entsendet vier männliche und drei weibliche Minister, während die CSU mit zwei Männern und einer Frau vertreten sein wird. Noch deutlicher fällt die regionale Unwucht aus: Mit Katherina Reiche stammt nur eine Person aus Ostdeutschland. Die gebürtige Brandenburgerin aus Luckenwalde vertrat früher den Wahlkreis Potsdam - Potsdam-Mittelmark II - Teltow-Fläming II im Parlament.
Im aktuellen Bundestag (Stand 2025) haben etwa 11,6 Prozent der Abgeordneten einen Migrationshintergrund (73 von 630 Abgeordneten), wie das ZDF kürzlich berichtete. Der Anteil der Abgeordneten mit Migrationshintergrund ist in den letzten Jahren zwar gestiegen, liegt aber immer noch deutlich unter dem Anteil in der Gesamtbevölkerung (29,7 Prozent). Insgesamt zeigt die Verteilung nach Parteien deutliche Unterschiede:
Grüne: 20 Prozent (höchster Anteil)
Die Linke: 18,8 Prozent
SPD: 17,5 Prozent
CDU/CSU: 6,3 Prozent
AfD: 5,9 Prozent (geringster Anteil)
Minister-Auswahl von Merz: Linke und Grüne reagieren mit Kritik – „Wald- und Wiesenpolitiker“
Vor diesem Hintergrund ist man in der Opposition über die Minister-Auswahl der Union auch nicht überrascht. Bei der Linken bedauerte man aber die einseitige Fokussierung. Die Einbindung von mehr Frauen sowie Politikerinnen und Politkern mit Migrationshintergrund sei für politische Entscheidungen „ungemein wichtig“, mahnte Reichinnek. Deutlich wurde auch Linken-Chefin Ines Schwerdtner: „Das Kabinett von Friedrich Merz ist, soweit wir das sehen können, ein Sammelbecken von Wald- und Wiesenpolitikerin und von abgehalfterten Managern und Lobbyistinnen“, sagte die Parteichefin laut der Nachrichtenagentur dpa und nannte als Beispiel den Wechsel von Reiche aus der Energiewirtschaft ins Ministeramt. Das zeige, „wie problematisch der Drehtüreffekt von der Politik in die Wirtschaft sein kann“, sagte sie.
Wen holt Friedrich Merz in sein Kabinett? Diese Minister stehen bereit
Und auch die Grünen zeigten sich skeptisch. „Manche Personalentscheidungen werfen Fragen auf und werden sich erst auf der Strecke erweisen müssen“, sagte der frühere Parteivorsitzende Omid Nouripour auf Anfrage von fr.de von IPPEN.MEDIA. Er hoffe, dass die neuen Kabinettsmitglieder „höhere Ambitionen als der Koalitionsvertrag“ vorweisen könnten. Der aktuelle Parteichef Felix Banaszak warf Merz vor, vor allem bei der Auswahl der Minister auf eine konservative Note geachtet zu haben. „Ein bisschen wirkt es so, als würde Friedrich Merz seine eigene Vergangenheit am Kabinettstisch platzieren wollen“, sagte er laut der Nachrichtenagentur dpa. Und auch Migrationsverbände kritisierte das „Kartoffel-Kabinett“.
Erst Inhalt, dann Personal: SPD lässt sich mit Minister-Liste noch Zeit
Ungeachtet der Kritik will sich der designierte Kanzler Friedrich Merz am kommenden Dienstag der Wahl im Bundestag stellen. Nach erfolgreicher Abstimmung erhält er vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier seine Ernennungsurkunde und leistet anschließend im Parlament den Amtseid. Anders als der Regierungschef werden die Ministerinnen und Minister nicht vom Bundestag gewählt. Sie treten ihr Amt bereits mit der Ernennung durch den Bundespräsidenten an.
Wer bei der SPD ein Regierungsamt übernimmt, steht offiziell noch nicht fest. Die Partei lässt bis zum Dienstagabend (29. April) über den Koalitionsvertrag abstimmen. Kommenden Montag (5. Mai) will Parteichef Lars Klingbeil dann erst die Namen der neuen sozialdemokratischen Regierungsmitglieder bekannt geben. (jek)