Unions-Kanzlerkandidat bei Maybrit Illner

„Windräder abbauen, weil sie hässlich sind“: So sieht Merz' Energiewende aus

  • Fabian Hartmann
    VonFabian Hartmann
    schließen

Zeitgleich zum Ampel aus stellte die Unionsfraktion im Bundestag eine überarbeitete Energie-Strategie vor. Auch Unions-Spitzenkandidat Merz äußerte sich dazu bei Maybrit Illner.

Berlin – Während der Bruch der Ampel-Koalition in dieser Woche eine Reihe neuer Fragen aufwirft, gibt es zahlreiche bestehende Problemfelder für die Bundesregierung, die ihrerseits Lösungen erfordern. Darunter die anhaltende konjunkturelle Flaute inklusive niedriger Wachstumsprognose für 2025, kriselnde Sektoren in der Industrie und die Pleitewelle deutscher Unternehmen über zahlreiche Branchen hinweg im anhaltenden Jahr. Fragen und offene Handlungsfelder bietet mit einem Blick in die Zukunft jedoch auch die Energiewende, die in der Ampel-Koalition schon länger für Streit sorgt

Merz zur Energiewende: „Wir müssen raus aus der Festlegung auf Energieerzeugungsarten“

Zuletzt hatte Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in seinem Grundsatzpapier eine Abkehr der Klimapolitik und unter anderem eine Auflösung des Klima- und Transformationsfonds gefordert. Das Aus der Ampel-Koalition eröffnet nun jedoch auch der Opposition einigen Raum für Kritik. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) nutzte den am Donnerstagabend (7. November) in der ZDF-Sendung Maybrit Illner, um die aktuelle Lage nach vergangenen Fehlentscheidungen der Bundesregierung einzuordnen und zu erklären, wie er auf künftige Hürden, und darunter klimapolitische Vorhaben, blickt.

In der Gesprächsrunde, an der neben Merz auch der Vorsitzende der Atlantik-Brücke, Sigmar Gabriel (SPD), die Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach und der CNN-Auslandskorrespondent Fred Pleitgen teilnahmen, benannte der CDU-Chef die fehlende Kompromissbereitschaft der drei Ampel-Partner als Wurzel des Kollapses. Während die SPD nie von Sozialversprechen habe abrücken wollen, hätten die Grünen klimapolitisch auf ihren Forderungen beharrt. Die FDP hingegen habe nie die Schuldenbremse lösen wollen. „Das ist unvereinbar miteinander“, sagte Merz.

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU)

Wirtschaftlich stehe das Land nun vor der Herausforderung, den Anschluss wiederzufinden. Dem Unions-Kanzlerkandidaten zufolge wird das nur mit einer „größeren Kraftanstrengung“ möglich sein. Mit Blick auf die kostenintensive Energiewende kam Merz zu dem Schluss: „Wir müssen gerade bei der Energie dafür sorgen, dass wir mehr produzieren. Das Angebot muss größer werden.“ Damit schließt Merz an die neue Energie-Agenda der Unionsparteien an, die sie unlängst in Form eines Diskussionspapiers vorlegten.

Neben dem Leitsatz, Klimaneutralität durch eine Stärkung der Industrie zu erreichen, findet sich im Unions-Diskussionspapier auch die Konklusion: „Ohne eine Kostenwende hin zu mehr Effizienz scheitert die Energiewende.“ In diesem Sinne betonte Merz bei Maybrit Illner am Donnerstagabend auch, den Blick auch wieder auf andere Arten der Energieerzeugung richten zu wollen, als jene, die im Fokus der Ampel-Koalition standen. „Wir müssen raus aus der Festlegung auf Energieerzeugungsarten“, erklärte Merz in der ZDF-Sendung. Er fügte hinzu: „Wir öffnen den Blick jetzt um 360 Grad, auch in öffentlichen Kooperationen.“

Kritik an Fokus auf erneuerbaren Energien – Merz bezeichnet Windkraft als „Übergangstechnologie“

Mit seiner Kritik am Fokus der Ampel-Koalition auf erneuerbare Energien zielte der Unions-Bundesvorsitzende insbesondere auf Windkraft als Möglichkeit der Energieerzeugung ab. Diese hält er lediglich für eine „Übergangstechnologie“: „Ich glaube sogar, dass wir, wenn wir etwas richtig machen, eines Tages die Windkrafträder wieder abbauen können, weil sie hässlich sind und weil sie nicht in die Landschaft passen“, führte Merz aus. 

„Prüfen“ wolle der Unions-Kanzlerkandidat dagegen wieder andere Arten der Energieerzeugung, darunter auch Atomenergie. Denkbar sei zum Beispiel die Einrichtung sogenannter Small Modular Reactors (SMR). Sie sollen günstiger und sicherer sein als moderne herkömmliche AKW, weil sie etwa bei einem Störfall leichter zu kühlen wären. „Wir prüfen zum Beispiel, ob wir nicht diese kleinen Modularen Kraftwerke eventuell auch mit Frankreich zusammen bauen“, sagte Merz.

Strukturelle Einwände an der SMR-Energieerzeugung erhoben zuletzt auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer Studie für das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung. Sie betonten, dass enorm viele dieser Anlagen gebaut werden müssten, um die heute weltweit aktiven rund 400 Reaktoren zu ersetzen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rechnen gar damit, dass hierfür der Bau von „tausend bis zehntausend SMR-Anlagen“ nötig wäre.

AKW-Wiedereinstieg sieht Merz skeptisch – Kernfusion könnte ein Ansatz sein

Zwar wolle der Unions-Kanzlerkandidat auch eine Reaktivierung von abgeschalteten Atomkraftwerken hierzulande überprüfen, ist in dieser Hinsicht jedoch nicht sehr optimistisch: Die Möglichkeit eines AKW-Wiedereinstiegs sieht Merz, wie er sagt jedoch „persönlich skeptisch, weil die Zeit auch verläuft“ und die Kraftwerke bereits abgebaut würden. 

An dieser Stelle jedoch gewinnt eine weitere Option als Möglichkeit künftiger Energieversorgung an Bedeutung. „Wir prüfen das Thema Kernfusion“, resümierte Merz, und deutete an: „Wir sprechen uns für zwei große Fusionsreaktoren aus, die in Deutschland erprobt werden sollen. Wir wollen hier in Deutschland den ersten am Netz haben, wir wollen das nicht China überlassen“, betonte der Unions-Kanzlerkandidat. Aufbauen ließe sich dabei auf zwei bestehende Forschungsreaktoren, die es hierzulande bereits gibt.

Für die künftige Energieversorgung Deutschlands müsse sich deshalb „nicht einseitig auf Wind und Sonne“ beschränkt werden, sondern ein Gros an Möglichkeiten der Energieversorgung in Betracht gezogen werden: So sollten Merz zufolge alle Optionen der Energieerzeugung, die sich hierzulande bieten und für die es bestehende Strukturen gibt, auch zur künftigen Energieversorgung in Betracht gezogen werden. (fh)

Rubriklistenbild: © IMAGO / Political-Moments