Standortprobleme

Volkswagen in der Krise: Wackelt Hannovers Zukunft als VW-Standort?

  • Patrick Freiwah
    VonPatrick Freiwah
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Der VW-Standort Hannover ist unter Druck. Hohe Produktionskosten und eine erfolglose Strategie beim ID.Buzz könnten für eine Verlagerung ins Ausland sorgen.

Hannover/Wolfsburg – Volkswagen steckt in einer Krise. Der größte deutsche Autobauer kämpft nicht nur mit rückläufigen Verkaufszahlen insbesondere im Elektroauto-Segment, sondern auch mit den Auswirkungen gestiegender Produktionskosten, die sich in den vergangenen Jahren aufgestaut haben. Dazu kommt ein gewachsenes Konkurrenzumfeld, das auch mit dem Zeitalter der E-Mobilität zusammenhängt.

Von den Einsparplänen der Wolfsburger ist auch der Standort Hannover betroffen, wo die Nutzfahrzeugsparte des Konzerns angesiedelt ist. Zunächst schilderte die Hannoversche Allgemeine, dass eine Produktionsverlagerung des VW ID.Buzz nach Polen in Betracht gezogen wird. Die könnte demnach ganz oder aber auch zu 50 Prozent durchgeführt werden.

VW-Krise trifft Hannover: Niedrige Auslastung trotz hoher Investitionen

Bei den Überlegungen handelt es sich laut Heise.de um einen Bestandteil der eigentlich für November terminierten Planungsrunde, die sich um die Investitionen und Werksbelegungen für die kommenden fünf Jahre dreht. Aufgrund der hitzigen Tarifverhandlungen mit der IG Metall kam es hier jedoch noch zu keiner Festlegung.

Eine Auslagerung des Elektrobus-Modells wäre ungewöhnlich: Volkswagen investierte zuletzt kräftig in den Standort Hannover, das Werk wurde modernisiert, um parallel den T7 Multivan sowie den ID.Buzz produzieren zu können. Neuere Varianten wie die Langversion und die Allrad-Variante GTX sollten die Produktion ankurbeln. Der weiterhin lahmende Absatz lässt diese Strategie jedoch nicht aufgehen und macht die Produktion unrentabel.

Der elektrische VW ID.Buzz läuft bei der Nutzfahrzeugsparte von Volkswagen in Hannover vom Band.

VW ID.Buzz aus Hannover: Hohe Preise, schwache Verkaufszahlen

Der VW ID.Buzz verkauft sich nämlich schlechter als erwartet: Ursprünglich plante Volkswagen, jährlich rund 130.000 Fahrzeuge abzusetzen. Doch diese Marke scheint in weiter Ferne. Im ersten Halbjahr 2024 wurden weniger als 15.000 VW-Modelle dieser Gattung ausgeliefert – weltweit. Das hat Konsequenzen: Die Produktion wurde gedrosselt, mitunter die kostenintensive Nachtschicht gestrichen.

Mit dem Auslaufen des alten T6.1 bleibt neben dem ID.Buzz und dem T7 Multivan nicht mehr viel übrig, um die Kapazitäten in Hannover zu füllen. Verschärft wird die Lage durch eine strategische Entscheidung: Die nächste Transporter-Generation entsteht in Kooperation mit Ford in der Türkei – inklusive der Elektro-Varianten. Hannover steht daher vor einem Dilemma: Ohne zusätzliche Modelle wird es schwierig, das Werk auszulasten.

VW-Krise in Hannover: Produktionsverlagerung als mögliche Lösung

Hinzu kommen die hohen Preise des ID.Buzz. Schon das Basismodell mit einer Akkukapazität von 59 Kilowattstunden kostet in Deutschland rund 50.000 Euro. Wer höhere Ausstattungen wählt, zahlt für einen derartigen Neuwagen schnell 60.000 Euro oder mehr. Die Preispolitik erschwert es, Abnehmer zu gewinnen und drückt auf die Verkaufszahlen.

Die hohen Produktionskosten mitsamt Lohnkosten in Deutschland setzen VW und andere Autobauer unter Druck, weil im Ausland die Konditionen in der Regel günstiger sind. Mit der möglichen Verlagerung der ID.Buzz-Produktion nach Poznan würde Volkswagen von günstigeren Arbeits- und Herstellungskosten profitieren.

Teile des VW ID.Buzz werden bereits in Tschechien bei Magna Exteriors gefertigt.

VW plant Stellenabbau und Werksschließungen – auch Hannover betroffen

Doch was für die Rentabilität des Konzerns sinnvoll erscheint, würde das Werk in Hannover noch mehr in eine prekäre Lage bringen und damit auch Arbeitsplätze gefährden. Volkswagen selbst spricht öffentlich über mögliche Werksschließungen in Deutschland und sieht diesen Schritt als unausweichlich an. Einem Bericht von September zufolge soll allerdings Hannover nicht vom Aus bedroht sind.

Sollte der ID.Buzz tatsächlich abgezogen werden, dürfte der VW-Standort Hannover merklich wackeln. Die Gewerkschaft prüft derweil härtere Bandagen und droht mit einem „Streikhammer“. (PF)

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