Kommt der Ukraine-Krieg teuer zu stehen?

Trumps Friedensinitiative könnte Milliarden von deutschen Steuerzahlern fordern – und ein Wirtschaftsboom hervorrufen

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Trumps Bemühungen um Frieden im Ukraine-Konflikt wecken Befürchtungen, dass EU-Länder mit hohen Kosten konfrontiert werden könnten. Allerdings könnten sich auch Möglichkeiten für die deutsche Wirtschaft ergeben.

Berlin/Washington D.C. – Kaum ist US-Präsident Donald Trump im Amt, sorgt er für Aufruhr. Der Kurswechsel der USA im Ukraine-Konflikt und Trumps Gespräche mit Wladimir Putin ziehen Kritik auf sich. Mehrfach versprach Trump, den Ukraine-Krieg beenden zu wollen. Doch kommt sein Vorgehen anderen Ländern teuer zu stehen – kann sich der Westen überhaupt Trumps Friedensplan leisten?

Trump will Frieden im Ukraine-Krieg – Folgen für deutsche Wirtschaft: Was ist bislang bekannt?

Gebannt richten nun viele den Blick auf das Treffen zwischen USA und Russland. Das russische Präsidialamt bestätigt ein Treffen von Außenminister Sergej Lawrow mit Vertretern der USA am Dienstag (18. Februar 2025) in der saudiarabischen Hauptstadt Riad. 

Bislang gibt es lediglich Medienberichte über Trumps Ukraine-Friedensplan. So hat das ukrainische Online-Nachrichtenportal strana.today Details eines angeblichen 100-Tage-Friedenplans der USA über die Ukraine veröffentlicht, der Plan wurde bislang offiziell nicht bestätigt.

Trump will eine Lösung für den Ukraine-Konflikt ausarbeiten - fraglich ist, ob Selenskyj mit dem Ergebnis zufrieden sein wird.

Schenkt man den durchgesickerten Informationen von strana.today Glauben, soll in der Ukraine bis zum 20. April ein Waffenstillstand eintreten. Dieser würde den Krieg entlang der Frontlinie in der Ostukraine einfrieren, erfordert aber den vollständigen Abzug der ukrainischen Truppen aus der russischen Region Kursk.

Noch ist unklar, was Trump für seinen Friedensplan fordern könnte

Der Plan sieht offenbar auch vor, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu zwingen, die russische Souveränität über die von Russland besetzten ukrainischen Gebiete anzuerkennen. Bisher hat Selenskyj diese Forderung abgelehnt.

Zuvor hatte der ukrainische Präsident Selenskyj die Schaffung einer europäischen Armee gefordert. Er hatte erklärt, der Kontinent könne sich des Schutzes durch die USA nicht mehr sicher sein und könne sich den Respekt Washingtons nur mit einer starken Armee verdienen.

Trumps Friedensplanen könnte Europa Milliarden kosten

Was genau Trump von den EU-Staats- und Regierungschefs bald fordern könnte, steht noch in den Sternen. Bloomberg spekuliert bereits über mögliche Folgen von Trumps Friedensplan: Demnach könnte der Schutz der Ukraine und der Ausbau ihrer eigenen Streitkräfte die europäischen Großmächte in den nächsten zehn Jahren weitere 3,1 Billionen Dollar kosten könnten.

Der Wiederaufbau des ukrainischen Militärs könnte laut Analyse von Bloomberg innerhalb von zehn Jahren rund 175 Milliarden Dollar kosten, abhängig von der Lage der Streitkräfte zum Zeitpunkt einer Einigung und davon, wie groß das zu verteidigende Territorium sein wird. Eine 40.000 Mann starke Friedenstruppe würde im gleichen Zeitraum rund 30 Milliarden Dollar kosten. Der Großteil des Geldes würde in den Aufbau der Streitkräfte der EU-Mitgliedsstaaten fließen.

Höhere Verteidigungsausgaben für Trumps Friedensplan?

Erst kürzlich gab es in Brüssel Gespräche, ob Nato-Mitglieder fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben sollten. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth bekräftigte, dass fünf Prozent das Ziel sein sollten. Deutschland lehnt die Erhöhung von bisher zwei auf künftig fünf Prozent kategorisch ab.

Bloomberg zufolge werden zudem Mittel notwendig sein, die Artillerievorräte, Luftabwehrsysteme und Raketensysteme finanzieren sollen. Sie sollen die östlichen Grenzen der EU stärken, die EU-Streitkräfte auf einen schnellen Einsatz vorbereiten und einen massiven Ausbau der europäischen Rüstungsindustrie vorantreiben. Bei einer Finanzierung durch Schulden würde der Kreditbedarf der fünf größten europäischen Nato-Mitglieder im nächsten Jahrzehnt um weitere 2,7 Billionen Dollar steigen, schätzt das Medium.

Welche Kosten Deutschland im Ukraine-Krieg tragen könnte

Ökonomen schätzen, dass die russische Invasion bis 2026 zu einem Bruttoinlandsprodukt-Verlust in der Ukraine von etwa 120 Milliarden US-Dollar führen wird. Nicht am Krieg beteiligte Drittländer müssen bis 2026 mit einem BIP-Verlust von rund 250 Milliarden Dollar rechnen, 70 Milliarden davon allein in der Europäischen Union. Das zeigt eine neue Studie des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel mit Daten für mehr als 150 Kriege seit 1870, welche am 14. Februar 2024 veröffentlicht wurde. „Der russische Angriff auf die Ukraine hat enormen wirtschaftlichen Schaden in der Ukraine, aber auch in den Nachbarländern und in Deutschland angerichtet“, sagte Moritz Schularick, Co-Autor der Studie.

Aufstockung der Verteidigungsausgaben hätten für Deutschlands Wirtschaft auch Vorteile

Ökonomen sehen im Falle einer Aufstockung der Verteidigungs- und Rüstungsausgaben Chancen für die Wirtschaft. Höhere Verteidigungsausgaben könnten das Wirtschaftswachstum in Europa deutlich ankurbeln und den Industriestandort signifikant stärken, wenn die Regierungen die zusätzlichen Mittel für modernste Rüstungsgüter aus europäischer Produktion ausgeben könnten. Laut einem Report des IfW Kiel (14.02.2025) könnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,9 bis 1,5 Prozent im Jahr steigen, wenn die EU-Staaten in dem entsprechenden Jahr ihre Militärausgaben vom Nato-Ziel von 2 Prozent auf 3,5 Prozent des BIP anheben und von überwiegend US-amerikanischen auf heimische Hightech-Waffen umsteigen würden.

Zudem könnten bis zu 200.000 Jobs entstehen, wenn Deutschland seine Verteidigungsausgaben schuldenfinanziert von 2 auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigern würde. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Simulation des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS). 

In der deutschen Politik findet die Diskussion über höhere Verteidigungsausgaben Anklang. So unterstützte Kanzler Olaf Scholz (SPD) den EU-Stabilitätspakt zugunsten höherer Verteidigungsausgaben anzupassen. Er sei offen für Ausnahmen für alle Investitionen in Verteidigungsgüter. Diese sollten allerdings zeitlich befristet sein und auf Ausgaben begrenzt werden, die oberhalb des bisherigen Nato-Ziels für Verteidigungsausgaben liegen. Eine gemeinsame Schuldenaufnahme lehnt er allerdings ab. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz äußerte sich ähnlich. Eine Debatte über zusätzliches Geld für die Verteidigung sei unausweichlich, es dürfe aber nicht nur darum gehen.

Rubriklistenbild: © Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa