Senioren laufen auf der Strandpromenade im Ostseebad Binz auf der Insel Rügen
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Debatten über ein höheres Renteneintrittsalter stoßen häufig auf Unmut

Forderungen zur Diskussion

Steigendes Rentenalter und Ende der Frührente im Fokus – Rentner könnten in Armut enden

  • Bona Hyun
    VonBona Hyun
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Die Debatte um ein späteres Renteneintrittsalter und das Ende der Rente mit 63 wird intensiver – die Folgen könnten schwerwiegend sein: Zahlreiche Rentner könnten in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Berlin – Arbeiten mit 70 oder länger? Debatten über ein höheres Renteneintrittsalter stoßen häufig auf Unmut. Angesichts des demografischen Wandels werden die Forderungen nach einer Anpassung des Renteneintrittalters allerdings immer lauter. Denn langfristig schrumpft die Zahl der Beitragszahler, während die Zahl der Rentenbezieher steigt. Auch präsenter wird der Vorschlag, die „Rente mit 63“ abzuschaffen. Doch was genau würden die Maßnahmen bedeuten?

Forderung nach Abschaffung der Rente mit 63 und höheres Renteneintrittsalter erhitzt alle Gemüter

Jüngst hatte die CDU Pläne angekündigt, das Eintrittsalter in die Rente zu erhöhen. Langfristig sollen die Menschen also noch später in Rente gehen als mit 67 Jahren wie derzeit geplant. „Es wird auch im Regierungsprogramm – wie im Grundsatzprogramm – stehen müssen, dass wir die Regelaltersgrenze an die Lebenserwartung anpassen“, sagte die Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung MIT, Gitta Connemann, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S) am Samstag (17. August 2024).

„Sollten wir regieren, werden wir diese Kopplung auch schon in der nächsten Legislaturperiode beschließen müssen.“ Auch die „Rente mit 63“ will sie abschaffen. „Zum Mut gehören auch Zumutungen“, fügt sie hinzu. „Wenn wir das System nicht stabil halten, leiden diejenigen am allermeisten, die ausschließlich auf die gesetzliche Rente angewiesen sind.“

Zur Information: Hinter dem Begriff „Rente mit 63“ versteckt sich die Rente für besonders langjährig Versicherte. Sie wird oft „Rente mit 63“ genannt, weil alle vor 1953 Geborenen nach einer Versicherungszeit von 45 Jahren ohne Abschläge mit 63 Jahren in Rente gehen konnten. Diese Altersgrenze wird für die Geburtenjahrgänge 1953 bis 1963 Jahr für Jahr angehoben.

SPD ist gegen ein späteres Renteneintrittsalter – und hält an Rente mit 63 fest

Die SPD hatte der Forderung, die „Rente mit 63“ abzuschaffen, bereits eine klare Absage erteilt. „Das wird mit uns nicht geändert“, sagte Kanzler Olaf Scholz zum SPD-Wahlkampfauftakt zu Europawahl in Hamburg. Es sei „nicht vertretbar“, wie jetzt über Menschen geredet werde, die 45 Jahre Beiträge in die Rentenkasse gezahlt hätten und deshalb mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen könnten. Scholz lehnte zudem ebenso wie SPD-Chef Lars Klingbeil ein späteres Renteneintrittsalter ab, weil dies faktisch einer Rentenkürzung gleichkomme.

Seit 2012 steigt die Altersgrenze für den Renteneinstieg in Deutschland stufenweise von 65 auf 67 Jahre. Das heißt aber nicht, dass alle Rentenversicherten so lange warten müssen, bis ihre Rente beginnt. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es außerdem möglich, schon früher in Rente zu gehen

Höheres Renteneintrittsalter zur Debatte: hohes Armutsrisiko im Alter

Was genau hätte eine Erhöhung des Renteneintritts zur Folge? Wenn man das Renteneintrittsalter erhöht, sollte man zunächst die gesundheitlichen Faktoren in Betracht ziehen. Es stellt sich die Frage, ob die meisten Menschen es überhaupt gesund bis zum höheren Renteneintrittsalter schaffen würden.

Sollte beispielsweise ein Krankheitsfall eintreten, könnten mehr Menschen in die Erwerbsminderungsrente rutschen, welche die Rente ersetzt, wenn man aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig ist. Das wiederum könnte allerdings das Armutsrisiko und die soziale Ungleichheit erhöhen, argumentiert DIW-Präsident Marcel Fratzscher in einer Kolumne für die Zeit vom Mai 2023. Ungefähr 1,8 Millionen Versicherte der Deutschen Rentenversicherung beziehen laut der Deutschen Rentenversicherung derzeit eine Erwerbsminderungsrente.

Ähnlich sieht das Philipp Frey vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) in Karlsruhe. „Weil sehr viele eher gehen müssten, wäre das eine Rentenkürzung durch die Hintertür, vorwiegend für Menschen mit ohnehin schon eher kleinem Gehalt“, sagt er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vergangenen Oktober.

Diskussion über Forderungen für die Rente – positive Effekte auf Gesundheit denkbar

Wirtschaftswissenschaftler schließen nicht aus, dass ein längeres Verbleiben im Job auch positive Effekte auf die geistige Fitness haben kann. Sie kämen allerdings eher bei Menschen mit höherem Qualifikationsniveau vor. Außerdem komme es dabei stark auf das Arbeitsumfeld der einzelnen Personen an, sagte Wirtschaftswissenschaftlerin Han Ye von der Universität Mannheim dem SWR. 

Die Forschungsgruppe von Han Ye schlägt als mögliche Lösung vor, in Altersteilzeit zu arbeiten. Während der Altersteilzeit arbeiten Mitarbeitende nur die Hälfte ihrer bisherigen Arbeitszeit. Das Entgelt wird während der gesamten Laufzeit entsprechend reduziert. Dazu erhalten sie einen Aufstockungsbetrag vom Arbeitgeber. Außerdem empfiehlt die Forschungsgruppe von Han Ye, eine weitere Anhebung des Rentenalters grundsätzlich mit einer besseren Gesundheitsvorsorge zu koppeln. (bohy)

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