Politik entfremdet sich von Versicherten

Statt Rente mit 70: Mehrheit der Deutschen will bis maximal 63 arbeiten

  • VonMax Schäfer
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Politiker und Ökonomen fordern eine längere Arbeitszeit zur Entlastung der Rente. Mehrheitsfähig ist das laut einer Umfrage nicht. Was sich die Beschäftigten wirklich wünschen.

Berlin – Deutschland-Rente der CDU-Hessen, Abschaffung der Rente mit 63 und ein flexibles Eintrittsalter bei der FDP: Die Politiker und Ökonomen werden nicht müde, neue Vorschläge für die Rente in Deutschland zu machen. Sie wollen den Problemen der Demografie entgegenkommen: Die Menschen werden immer älter, die geburtenstarke Boomer-Generation geht in den Ruhestand. Immer weniger Erwerbstätige finanzieren immer mehr Rentner.

Die Tendenz der Vorschläge von Politikern, Ökonomen und Arbeitgebern geht dabei zu einem späteren Renteneintrittsalter. Mehrheitsfähig ist diese Forderung nicht. Das zeigt nun eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Verian (ehemals Kantar) im Auftrag der IG Metall, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Nur eine Minderheit will demnach länger arbeiten.

Rente mit 63: Mehrheit der Deutschen strebt frühen Ruhestand an

Eine Mehrheit von 51 Prozent der befragten Nichtruheständler erklärte dagegen, gern bis zu einem Alter zwischen 60 und 63 Jahren arbeiten zu wollen. Elf Prozent wollen sogar bis maximal 60 Jahre arbeiten. 27 Prozent sprachen sich für ein Renteneintrittsalter von 64 bis 67 Jahren aus. Nur drei Prozent wollen bis 68 arbeiten.

Bis 67 im Werk? Eine von der IG Metall beauftragte Umfrage zeigt, dass die Mehrheit spätestens mit 63 in Rente will. (Symbolfoto)

Auch die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren stieß bei den Befragten auf eine deutliche Zustimmung. 93 Prozent sprachen sich dafür aus. Das Modell heißt umgangssprachlich „Rente mit 63“, bei der Beschäftigte, die 45 Jahre lang in die Rente eingezahlt haben, vor 67 in Rente gehen können. Für alle vor 1953 Geborenen war das tatsächlich mit 63, nun steigt das Eintrittsalter gerade schrittweise auf 65 Jahre.

Die Mehrheit der befragten Erwerbstätigen glaubt laut der Umfrage nicht daran, mit den derzeitigen Arbeitsbedingungen bis 67 arbeiten zu können. Etwas weniger als die Hälfte (44 Prozent) kann sich das vorstellen, jedoch geben nur 13 Prozent davon an, es „auf jeden Fall“ zu können.

Umfrage zur Rente: Deutsche wollen höheres Rentenniveau – und sind bereit dafür zu zahlen

Immer wieder warnen Fachleute auch vor höheren Rentenbeiträgen. Im Rentenpaket II hat die Ampel-Koalition deshalb die sogenannte Generationenrente vorgesehen, um etwa zehn Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt anzulegen und die Beitragszahler über die Erträge zu entlasten.

Dennoch gibt eine Mehrheit von 67 Prozent der Befragten an, dass das Rentenniveau noch über die garantierten 48 Prozent steigen solle, auch wenn es etwas höhere Beiträge bedeute. Lediglich neun Prozent erklärten, dass es sinken solle, damit die Beiträge langfristig stabil bleiben. 13 Prozent waren sich unsicher. 29 Prozent der Beschäftigten seien in der Umfrage zudem bereit, freiwillig zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. 41 Prozent seien prinzipiell auch bereit dazu, wenn der Arbeitgeber die Hälfte übernehme. Für 28 Prozent kommt das nicht infrage.

IG Metall-Vorstandsmitglied: „Den Versicherten ist eine auskömmliche Rente und ihre Finanzierung buchstäblich etwas wert“

„Die Wünsche der Menschen und die Realität der Arbeitswelt sprechen eine andere Sprache als jene Ökonomen und Politiker, die in der massenhaften Arbeitsaktivierung der Alten die Antwort auf den demografischen Wandel sehen“, sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban dem RND. „Den Versicherten ist eine auskömmliche Rente und ihre Finanzierung buchstäblich etwas wert.“ Das widerspreche den Debatten über Kürzungen von Leistungen oder die Erhöhung von Altersgrenzen.

Rubriklistenbild: © Rolf Vennenbernd/dpa

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