„Druck“ auf russisches LNG
Putins Antwort auf Sanktionen: Ausbau der Schattenflotten
VonBona Hyunschließen
Putin könnte auf Schattenflotten setzen, um sein LNG-Geschäft voranzutreiben. Dieses Vorgehen erinnert an frühere Taktiken. Experten warnen vor einem Katz-und-Maus-Spiel mit dem Westen.
Moskau – Sanktionen greifen Russlands Wirtschaft gezielter an – und bringen Russlands Präsident Wladimir Putin dazu, auf vergangene Muster zu setzen: Es gibt offenbar Anzeichen, dass Putin Pläne ins Rollen bringt, auch Schattenflotten für sein LNG-Geschäft anwachsen zu lassen. Die Vorgänge erinnern dabei stark an Putins Versuche, den Westen beim Ölembargo zu überlisten.
Sanktionen wirken: Putin will offenbar LNG-Geisterflotten anwachsen lassen
Wie die Financial Times berichtet, haben mysteriöse Käufer und Unternehmen mit mutmaßlichen Verbindungen zu Russland viele Schiffe erworben, die LNG transportieren könnten. Insider aus der Schifffahrtsbranche hätten mitgeteilt, dass der Erwerb vor allem im Jahr 2023 gestiegen sei. Die Unternehmen seien größtenteils in den Vereinigten Arabischen Emiraten registriert.
„Der Markt für alte LNG-Schiffe mit Dampfturbinen war mit den zunehmenden Umweltvorschriften und den dramatischen Verbesserungen in der LNG-Antriebstechnologie zurückgegangen“, sagte Toby Dunipace, Managing Director für LNG des Unternehmens SSY zur Financial Times. Zuletzt konnte allerdings ein Wiederanstieg des Wertes dieser Schiffstypen beobachtet werden.
Nach Angaben von Equasis, einer globalen Schifffahrtsdatenbank, wurden in den letzten drei Monaten die Eigentumsrechte von mindestens acht Schiffen auf wenig bekannte Unternehmen in Dubai übertragen. Das berichtet Bloomberg im Juni 2024. Diese Schiffe konnten noch nicht nachweislich in direkte Verbindung mit russischen Unternehmen gebracht werden. Vier von ihnen hätten jedoch bereits die Genehmigung erhalten, diesen Sommer in den arktischen Gewässern Russlands zu fahren. Die russische Regierung und das Energieministerium reagierten nicht sofort auf Bitten um Stellungnahme von Bloomberg.
Putin will LNG-Sanktionen umgehen – und betreibt „Katz-und-Maus-Spiel“ mit dem Westen
Experten stellen fest, dass gerade der Erwerb von (LNG)-Schiffen an Putins Vorgehen erinnert, als er sich sein Netzwerk für seine Öl-Schattenflotten aufbaute. Auch damals hatte die VAE laut der Financial Times als Knotenpunkt eine wichtige Rolle gespielt. Das Risiko- und Compliance-Team der Schiffsüberwachungsgruppe Kpler erklärte gegenüber der Financial Times, die Entwicklungen deuten „auf ein komplexes Netzwerk von maritimen Operationen hin, die möglicherweise mit russischen Interessen verbunden sind“.
Für Experten kommt es nicht unerwartet, dass Putin auch auf Schattenflotten setzen könnte, um sein LNG-Geschäft voranzutreiben. „Es ist keine Überraschung, dass Russland auf den Bau einer LNG-Schattenflotte zurückgreift, so wie es eine Öl-Schattenflotte aufgebaut hat, um die Preisobergrenze der G7 und der EU für russische Ölexporte zu umgehen“, so Agathe Demarais, von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations gegenüber Bloomberg. Demarais bezeichnete die Umgehung der Sanktionen als „Katz-und-Maus-Spiel“ zwischen Putin und dem Westen. „(...) sobald ein Netzwerk zur Umgehung von Sanktionen aufgebaut ist, werden westliche Behörden es ins Visier nehmen, und es wird dann in einem endlosen Katz-und-Maus-Spiel durch ein anderes ersetzt.“
So funktionieren Schattenflotten
Mit Schattenflotten, die auch als dunkle Flotte bezeichnet werden, sind zumeist ältere Schiffen gemeint, die ohne die branchenübliche westliche Versicherung fahren und unklare Eigentumsverhältnisse haben. Sie ändern laut der Denkfabrik Atlantic Council häufig ihren Namen und ihre Flaggenregistrierung ändern und im Allgemeinen außerhalb der Seeverkehrsvorschriften operieren.
Sanktionen gegen russisches LNG setzen Putin unter Druck
Seitdem die EU erstmals auch Sanktionen gegen russisches LNG verhängt hat, dürfte Putins Sorge um sein LNG-Geschäft gewachsen sein. Immerhin spielt der Handel mit LNG für den Kreml beim Aufstocken der Kriegskasse eine wichtige Rolle. Die Sanktionen unterbinden zwar nicht den direkten LNG-Import, allerdings verbieten sie die Umladung von russischem LNG innerhalb der EU. Für Russland bedeuten dies längere Transportzeiten, russisches LNG zu verschiffen, zudem wird das Exportvolumen eingeschränkt, wie auch schon eine Expertin im Gespräch mit Ippen.Media erklärte. Von daher wäre der Einsatz einer LNG-Schattenflotte für Putin ein neues, gefundenes Schlupfloch. (bohy)