Experten nennen Ursachen
Überall ist es günstiger als in Deutschland: Warum so wenige Deutsche ein Eigenheim besitzen
- VonMax Schäferschließen
In Deutschland besitzen relativ wenig Menschen die Wohnung oder das Haus, in dem sie wohnen. Experten nenen die Ursachen.
München – Die Suche nach einer geeigneten Wohnung ist grade in Großstädten schwierig – besonders, wenn diese bezahlbar sein soll. Dennoch ist Deutschland eine Nation voller Mieter. In keinem anderen EU-Mitgliedsstaat leben so viele Menschen in Mietwohnungen. Im Umkehrschluss: In keinem Land ist die Eigenheimquote so gering. Ausnahme ist das Nicht-EU-Mitglied Schweiz.
46,5 Prozent der Deutschen besitzen laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat ein Eigenheim. Mehr als die Hälfte mietet. Zum Vergleich: Der europäische Durchschnitt liegt bei etwa 70 Prozent. Besonders niedrig ist der Eigenheim-Anteil in den großen Ballungsräumen. In Berlin sind es weniger als 14 Prozent. In Hamburg, Frankfurt, München und Köln ist es ähnlich. Auf dem Land besitzen dagegen mehr Menschen die Immobilien, in denen sie leben.
Viele Vorschriften treiben die Kosten beim Haus- und Wohnungsbau in die Höhe
Die hohen Bau- und Kaufnebenkosten sind laut Felix von Saucken, Head of Residential beim Immobiliendienstleister Colliers, Gründe für die niedrige Eigentumsquote. Diese seien im Vergleich zu den anderen europäischen Staaten hoch. Auch die Förderung fürs Eigentum seien demnach geringer. „Dort gibt es teilweise subventionierte Darlehen oder geringere Zinsen für den Kauf des ersten Hauses“, sagte von Saucken der Wirtschaftswoche. Bauen sei überall günstiger als in Deutschland.
Die Massivbauweise und zahlreiche Bauvorschriften sorgen dafür, dass schon die reinen Baukosten für Immobilien sehr hoch seien, erklärte auch Immobilienprofessor Günter Vornholz gegenüber Tagesschau.de. Es gibt eine Reihe von Bauvorschriften, die dazu in allen 16 Bundesländern unterschiedlich sind. Das Problem ist bekannt. So setzte sich bereits Barbara Hendricks (SPD) als damalige Bundesbauministerin für eine Vereinheitlichung der Regeln ein. Die Länder müssen jedoch die Anpassung vornehmen. Zusätzlich können Gemeinden den Bau eines Hauses regulieren.
Grunderwerbssteuer als eine Ursache für die niedrige Eigenheimquote in Deutschland
Beim Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung ist die Grunderwerbssteuer ein weiterer Kostentreiber. Die Bundesländer legen diese fest. Dabei gibt es Unterschiede. In Nordrhein-Westfalen beträgt diese 6,5 Prozent. Bei einer Wohnung für 300.000 Euro müssen Käufer schon 19.500 Euro als Steuer zahlen, berichtet die Wirtschaftswoche.
Allein für die Erwerbsnebenkosten müsse man „schon rund zehn bis zwölf Prozent des Kaufpreises gespart haben“, sagte Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) gegenüber Tagesschau.de. Diese seien ein „ganz großes Hemmnis“.
Guter Markt und traditionelle Förderung von Mietwohnungen in Deutschland
Der Markt für Mietwohnungen ist laut den Experten in Deutschland dagegen besser als in anderen Ländern Europas. Auch in den teuren Großstädten seien die Mietpreise im Vergleich zu anderen Metropolen im Ausland noch relativ günstig. Die Fachleute verweisen zudem auf den guten Mieterschutz.
Zudem gibt es laut dem Ökonomen Michael Voigtländer eine Besonderheit auf dem Wohnungsmarkt. Dieser sei relativ divers. „Dass ich tatsächlich auch ein Einfamilienhaus oder eine hochwertige Wohnung in unterschiedlichsten Größen zur Miete bekommen kann, gibt es in anderen Ländern nicht.“
Die Ursachen für die niedrige Eigentumsquote beim Wohnen sind jedoch nicht nur die hohen Kosten und der Förderung. Bereits im Rahmen der Industrialisierung im 19. Jahrhundert sind in Städten große Komplexe mit Mietwohnungen entstanden. In den zerstörten Städten nach dem Zweiten Weltkrieg mussten ebenfalls schnell viele Wohnungen gebaut werden. „In den 50er und 60er-Jahren wurden vor allem schnell Mietwohnungen gebaut“, erklärte Günter Vornholz Tagesschau.de.
Experte nennt Methoden, um mehr Menschen den Besitz von Häusern oder Wohnungen zu ermöglichen
Um mehr Menschen selbstgenutzte Eigentumswohnungen oder Häuser zu ermöglichen, ist laut Felix von Saucken eine Reform der Bauvorschriften sowie eine Anpassung an den Steuern nötig. „Die Auflagen müssten entschlackt werden und die Grunderwerbssteuer muss runter“, sagte der Brancheninsider der Wirtschaftswoche. Finanzminister Christian Lindner hatte die Streichung der Steuer angeregt, passiert ist jedoch nichts. Die Grunderwerbsteuer ist nämlich Ländersache.
Zudem seien Zuschüsse für Darlehen oder ein staatlicher Eigenkapitaleinsatz eine Option, um jungen Menschen einen Immobilienkauf zu ermöglichen. Ein Experte gibt Tipps, wie man beim Immobilienkauf sparen kann. (ms)
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