„Können in die Milliarde gehen“
Bei Rosneft-Enteignung: Putin könnte Entschädigung fordern – auf Kosten deutscher Staatsgelder
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Eine mögliche Enteignung von Rosneft stellt Habeck vor ein Dilemma. Deutsche Steuergelder in Millionenhöhe könnten Putins Kriegskasse füllen.
Berlin – Eine Enteignung von Rosneft könnte Deutschland in ein schweres Rechtsrisiko bringen. Neben der Gefahr russischer Vergeltungsmaßnahmen gegen deutsche Unternehmen könnte auf Deutschland bei einer Enteignung milliardenschwere Entschädigungsforderungen zukommen. Die Pläne von Robert Habeck erregen zudem internationale Aufmerksamkeit.
Habeck will Rosneft enteignen – Entschädigung droht, auch US-Portal greift das Thema auf
So griff das US-Magazin Politico die mögliche Rosneft-Enteignung in einem Artikel auf. Bislang ist die PCK-Raffinerie, die zu 54 Prozent zu Rosneft gehört, unter Kontrolle des Bundes. Im Falle einer Enteignung würde Rosneft Anteile an der Raffinerie PCK in Schwedt verlieren.
Mit einer Enteignung könnte jedoch die Gefahr laut Politico wachsen, dass Russland die Ölversorgung aus Kasachstan verhindert. Die Raffinerie PCK in Schwedt wird derzeit mutmaßlich mit Öl aus Kasachstan beliefert, nachdem Deutschland im Zuge der EU-Sanktionen gegen Russland freiwillig auf russische Ölimporte verzichtet hat. Viktor Katona, leitender Rohölanalyst beim Marktforschungsunternehmen Kpler, befürchtet, dass Russlands angekündigte Vergeltungsmaßnahmen zu einer Versorgungslücke bei Öl führt. Es würde zudem „sofort zu Preisanstiegen kommen“, so Katona gegenüber Politico.
Im Falle einer Rosneft-Enteignung: Putin könnte Millionen-Zahlung als Entschädigung fordern
Ein weiteres großes Problem für die Bundesregierung im Falle einer Enteignung von Rosneft besteht laut Politico, dass Deutschland eine sehr hohe Entschädigungssumme zu zahlen hätte. Katona schätzt den Betrag auf eine bis zwei Milliarden Euro. Eine solche Summe an den Kreml mitten im Ukraine-Krieg zu zahlen, könnte Deutschland in kein gutes Licht rücken, so Politico.
Rein rechtlich hätte Rosneft einen Anspruch auf Entschädigung, erklärte der auf Energierecht spezialisierte Anwalt Christian von Hammerstein gegenüber der Welt. Von Hammerstein zufolge könnte Russland dabei vom Schutz des Eigentums nach Artikel 14 des Grundgesetzes Gebrauch machen. Ob der Schutz auch für ein im Eigentum des russischen Staates stehendes Unternehmen gelte oder eine entschädigungslose Enteignung des russischen Konzerns möglich sei, „ist zumindest fraglich und müsste vor Gericht abschließend geklärt werden.“
Das Risiko einer Klage von Rosneft vor einem internationalen Schiedsgericht schätzt Patrick Abel vom Lehrstuhl für internationales Wirtschaftsrecht der Universität Passau als hoch ein. Der Konzern könne unabhängig von einer Entschädigung Schadenersatzansprüche geltend machen, sagt der Jurist gegenüber dem Tagesspiegel. „Diese Forderungen können höher sein als die Entschädigungssumme und ebenfalls in die Milliarden gehen“, so Abel.
Sorge um Versorgung bei Rosneft-Enteignung – Polen würde PCK weiter mit Öl versorgen
Zumindest bei möglichen Versorgungsengpässe im Falle einer Rosneft-Enteigung scheint Habeck eine Lösung gefunden zu haben. Dabei setzt er Hoffnung auf Polen. Bei einem Besuch in Warschau deutete der Grünen-Politiker am Dienstag (13. Februar) an, dass Polen mehr Rohöl über den Hafen Danzig nach Schwedt liefern würde. Weil Rosneft noch beteiligt sei an der Raffinerie, sei Polen bislang skeptisch. Das könne sich aber ändern, sollten die Russen rausgedrängt werden. Ein Sprecher des deutschen Wirtschaftsministeriums bestätigte laut Politico, dass Beamte „in Gesprächen mit Unternehmen aus Polen“ über Lieferungen seien.
Die Versorgung der Raffinerie in Schwedt mit Rohöl würde sich bei einer möglichen Enteignung des russischen Konzerns Rosneft Bundeswirtschaftsminister Habeck zufolge vermutlich verbessern. „Polen hat in der Vergangenheit sehr geholfen, die Ölversorgung im Osten Deutschlands sicherzustellen“, sagte Habeck.
Rosneft wehrt sich mit allen Mitteln gegen Enteignung – hält Habeck an Plänen fest?
Russland hatte bereits Maßnahmen angekündigt, sollten die Pläne für die Enteignung umgesetzt werden. Man werde keinen Schritt ausschließen, um russische Interessen zu verteidigen, teilte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag (8. Februar) mit. „Das ist nichts anderes als die Enteignung fremden Besitzes, das sind alles Schritte, die wahrscheinlich die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen der europäischen Staaten untergraben“, wetterte Peskow gegen die Pläne zur Verstaatlichung von Rosneft. Das berichtete die Nachrichtenagentur Interfax.
Rosneft Deutschland will zudem eine mögliche Enteignung offenbar nicht hinnehmen. Die Berliner Anwaltskanzlei Malmendier Legal, die Rosneft vertritt, sagte ebenfalls am Donnerstag: „Rosneft wird als börsennotierte Aktiengesellschaft alle Maßnahmen ergreifen, um die Rechte ihrer Aktionäre zu schützen.“ Derzeit wird eine Enteignung von der Bundesregierung geprüft, eine Entscheidung soll im März getroffen werden. (bohy)
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