Mittelstand in Gefahr
300.000 Schließungen drohen: Traditionsunternehmen „vor dem Abgrund“
Bis 2028 könnten mehr als 300.000 Betriebe in Deutschland zur Schließung gezwungen sein. Der Grund ist eine bedenkliche Entwicklung in der Bevölkerung.
Nicht nur große Einzelhandelsketten wie Depot drohen Schließungen. Auch den Mittelstand trifft die Krise hart. In Deutschland überlegen immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer, ihren Betrieb zu schließen, weil sie keine Nachfolge finden. Eine Studie der KfW zeigt, dass bis Ende 2025 etwa 231.000 Betriebe aus diesem Grund dichtmachen könnten – so viele wie noch nie. Das sind rund 67.500 mehr als im Vorjahr.
Auch in den nächsten Jahren sieht es nicht viel besser aus: Bis 2028 könnten weitere 310.000 Unternehmen schließen. Gleichzeitig planen etwa 532.000 Betriebe, ihre Firma an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu übergeben.
Massen-Schließungen drohen: Altersproblem und fehlende Nachfolger
Ein Hauptgrund für das Problem: Viele Unternehmerinnen und Unternehmer sind schon älter. Im Durchschnitt sind sie 54 Jahre alt, fast 40 Prozent sind sogar über 60. Seit Jahrzehnten leiten sie ihre Traditionsunternehmen und stehen nun vor dem Ende. Besonders kritisch ist es für diejenigen, die innerhalb der nächsten zwei Jahre eine Nachfolge regeln wollen – sie sind im Schnitt bereits 65 Jahre alt. Für viele wird es jetzt knapp, denn sie haben noch nicht einmal mit der Suche begonnen. Rund 43.000 Betriebe werden daher wohl keine Nachfolge mehr finden.
Ein weiteres Problem: Es gibt zu wenige Menschen, die bestehende Unternehmen übernehmen wollen. Es gründen zwar jedes Jahr viele neue Firmen, aber nur wenige entscheiden sich für eine Übernahme. Das reicht nicht, um den Bedarf im Mittelstand zu decken.
„Situation wird sich verschärfen“: Immer mehr Schließungen drohen
Dr. Michael Schwartz, Experte für den Mittelstand bei der KfW, fordert mehr Unterstützung für Unternehmensnachfolgen. Die Selbstständigkeit müsse in Deutschland attraktiver gemacht werden – schon in Schulen sollte Unternehmertum als echte Karriereoption vermittelt werden.
„Der Mittelstand steht vor dem Abgrund“, schrieb Unternehmensberater Tim Richter dazu schon 2023 bei LinkedIn. „Unternehmen, die keine:n passende:n Nachfolger:in finden, haben meist nur zwei Möglichkeiten: verkaufen oder schließen. Doch ob sich für alle Unternehmen, die dann zum Verkauf stehen, ein Käufer finden wird, ist fraglich. Somit werden wahrscheinlich (leider) viele Unternehmer:innen sich für den Weg der Liquidierung entscheiden (müssen).“ Die Situation werde sich in den kommenden Jahren noch verschärfen.