DIW-Studie

Kontroverse Forderung: Eine spezifische Gruppe soll weniger Rente erhalten

  • Bona Hyun
    VonBona Hyun
    schließen

Personen mit höherem Einkommen haben eine längere Lebenserwartung und einen höheren Rentenanspruch. Forscher argumentieren, dass diese Verbindung in der Rentenpolitik stärker beachtet werden sollte und unternehmen einen kühnen Schritt.

Berlin – Das Rentensystem in Deutschland wackelt und wird zunehmend zu einer Herausforderung. Die Rufe nach Anpassungen und Reformen werden lauter, auch in den letzten Wochen vor der Bundestagswahl kommt das Thema Rente immer wieder auf. Ein zentraler Punkt, der nun nochmals befeuert wird, ist die Berücksichtigung der Lebenserwartung. Diese hängt auch oft von dem Einkommen ab. Beides könnte sich auf die Rente auswirken. Vor dem Hintergrund soll Raum für Kürzungen für eine Gruppe geschaffen werden.

Rente von Menschen mit höherer Rente kürzen? Diskussion flammt wieder auf

Besser verdienende Beschäftigte und Selbstständige erwerben in der Berufsphase nicht nur einen höheren Rentenanspruch als Niedriglohnbeziehende; sie leben in aller Regel auch länger und beziehen deshalb im Alter länger Rente als Geringverdiener. Johannes Geyer und Peter Haan, Sozialexperten beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, fordern in ihrer „Sonderausgabe zur Bundestagswahl 2025“ vom 3. Februar 2025 deshalb, dass dieser Zusammenhang stärker in der Rentenpolitik berücksichtigt wird.

Wissenschaftliche Untersuchungen hätten belegt, dass Menschen mit höherem Einkommen eine höhere Lebenserwartung haben und länger ohne Pflegebedarf leben. Frauen mit höherem Haushaltseinkommen hätten zudem in der Regel auch höhere Hinterbliebenenrentenansprüche und profitieren somit länger vom Rentensystem.

Rente von Menschen mit höherer Rente kürzen? Diskussion flammt wieder auf  

Dass Menschen mit höherem Einkommen eine höhere Lebenserwartung haben, ist keine neue Erkenntnis. Bereits im Juni 2024 veröffentlichte das DIW eine Studie, worin der Zusammenhang beleuchtet wurde. Damals forderte Geyer, geringere Rentenansprüche aufzuwerten. „Bei der Rente wird teilweise von unten nach oben umverteilt. Unsere Studienergebnisse sprechen daher für eine Aufwertung von niedrigen Rentenansprüchen, wie das etwa bei der Grundrente passiert“, so Geyer.

Forscher plädieren bei Rente für Zulassung einer Kürzung – für Personen mit höherer Rente

In ihrer aktuellen Studie plädieren Geyer und Haan dafür, dass zukünftige Rentenreformen „vom System der Beitragsäquivalenz abweichen, um die Sicherungsfunktion für Menschen mit geringen Einkommen zu stabilisieren“, fordern Geyer und Haan. Nach dem in der deutschen Rentenversicherung bisher geltenden Äquivalenzprinzip muss jeder im Berufsleben gezahlte Euro an Rentenbeiträgen später zu einem gleich hohen Rentenanspruch führen. 

Problematisch sei, dass die Lebenserwartung so stark mit dem Einkommen zusammenhängt, auf dem die Rente im Wesentlichen beruht. Laut Geyer und Haan sollten die Unterschiede beim Lebenseinkommen und die Auswirkungen auf die Rente bei Diskussionen über künftige Rentenreformen stärker thematisiert werden. „Auch die Forderung nach einer progressiven Rentenformel, die das Rentenniveau für Personen mit niedrigen Renten stabilisiert, für Personen mit höheren Renten aber eine Kürzung zulässt, kann mithilfe dieses empirischen Befunds gerechtfertigt werden“, schreiben die Experten.

Der große Renten-Ratgeber

Mit unserem umfangreichen Renten-Ratgeber erhalten Sie alle wichtigen Informationen und Tipps rund um das Thema Rente übersichtlich zusammengefasst. Jetzt kostenlos herunterladen.

Geringere Rente für Besserverdienende? Vergangene Vorschläge schlugen hohe Wellen

Seit längerem gibt es Diskussionen über eine Umverteilung innerhalb der Rente. So hatte der generelle Vorstoß einer geringeren Rente für Besserverdienende in der Vergangenheit bereits für Aufruhr gesorgt. Gutverdienern die Renten zu kürzen, weil sie im Durchschnitt länger leben, ist eine absurde Idee, argumentierte Ökonom und Rentenexperte Peter Bofinger im Gespräch mit der Wirtschaftswoche im Februar 2023. Die Rente sei kein Instrument zur Umverteilung.

Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hatte im selben Jahr vorgeschlagen, eine Umverteilung innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung, um eine Zunahme der Altersarmut zu verhindern: Besserverdiener sollen einen Teil ihrer Rente abgeben, um die Renten von Geringverdienern zu erhöhen. (bohy)

Rubriklistenbild: © Sven Simon/Imago

Mehr zum Thema