Gesetzesvorhaben nach Ampel-Aus
Kalte Progression und erhöhtes Kindergeld: Finanzminister sieht „positive Signale“ für Ampel-Projekte
VonFabian Hartmannschließen
Mit dem Ampel-Aus sind viele Gesetzesvorhaben ins Stocken geraten. Die Union stellte kürzlich klar, nicht der „Einwechselspieler“ der Regierung zu sein. Der SPD-Politiker Kukies bleibt optimistisch.
Berlin – Als die Entlassung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Monatsbeginn (6. November) den Bruch der Ampel-Koalition besiegelte, fürchteten viele, bis zu potenziellen Neuwahlen im Februar (23. Februar) könnten sich zähe Hängepartien um verbleibende Gesetzesvorhaben entwickeln. Denn während sich die FDP längst auf den oppositionellen Modus eingestellt hat, haben SPD und Grüne als verbleibende Bundesregierung keine Mehrheit mehr im Bundestag. Dem neuen, höchstwahrscheinlich übergangsweisen Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) kommt damit die Bürde zu, ohne Haushaltsbeschluss und ohne Mehrheit seiner Partei im Parlament die Finanzen des Bundes zu regeln.
Bundesfinanzminister Kukies betont: Für den Haushalt 2025 seien „alle Mittel vorgesehen“
Dennoch aber zeige sich Kukies am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ hinsichtlich der Finanzierung ausstehender Gesetzesentwürfe im Bundestag im vorläufigen Haushalt für 2025 zuversichtlich. Und das, obwohl SPD und Grünen ein Notlagenbeschluss wegen der fehlenden Mehrheit im Bundestag verwehrt bleibt, mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eigentlich noch 15 Milliarden Euro für das kommende Jahr hatte besorgen wollen.
Mit Blick auf das ausklingende Haushaltsjahr erklärte der Bundesfinanzminister, „täglich auf Einnahmen und Ausgaben zu schauen“, wonach es gut aussehe, dass sich das Jahr beenden ließe, „ohne Haushaltssperren verhängen zu müssen“. Vorbereitet werde sich sowohl auf das Szenario, dass die Regierung noch einen nachträglichen Haushalt für das laufende Jahr beschließet – oder, dass sich ohne auskommen lässt.
Beim vorläufigen Haushalt für das kommende Jahr sei es Kukies zufolge so, „dass wir für das kommende Jahr alle Mittel vorgesehen haben“, wie er im ARD-„Bericht aus Berlin“ erklärte. Das gelte für die Abmilderung der kalten Progression ebenso wie für die Erhöhung des Kindergelds. Kukies wies zudem darauf hin, dass auch die Förderung der E-Mobilität insbesondere bei Dienstwagen gedeckt wäre, selbst wenn kein neuer Haushalt verabschiedet wird.
Bundesfinanzminister Kukies pocht unter anderem auf das Steuerfortentwicklungsgesetz
Insbesondere das Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG), das aufgrund der fehlenden Mehrheit von SPD und Grünen aktuell noch als Gesetzesentwurf im Bundestag festhängt, ist ein zentrales Politik der Planungen für 2025. In seinem Zuge sollen neben einer Anpassungen des Einkommenssteuertarifs und der stufenweisen Anhebung des Kindergeldes auch mehrere Freigrenzen gleichzeitig angehoben werden, darunter etwa der Solidaritätszuschlag, der Kinderfreibetrag oder der Grundfreibetrag.
Ziel ist, der Kalten Progression entgegenzuwirken – also dem Umstand, dass Bürger durch schleichend ansteigende Steuern mehr an den Fiskus abtreten, wenn Gehaltserhöhungen nur die gestiegenen Kosten der Inflation ausgleichen. Der Abbau der kalten Progression ist ein Vorhaben von Ex-Bundesfinanzminister Lindner, der sich am Wochenende offen zeigte, die Steuererleichterung noch vor den potenziell vorgezogenen Neuwahlen im Bundestag gemeinsam mit SPD und Grünen zu beschließen. „Wenn sich SPD und Grüne dazu durchringen, dann wird die FDP zustimmen“, sagte Lindner dem Handelsblatt demnach.
Bundesfinanzminister Kukies betonte am Abend im Bericht aus Berlin der ARD weiter, wie wichtig Gespräche mit den anderen Parteien nun seien. „Jetzt sprechen wir mit den Fraktionen, um zu schauen, ob wir eine Mehrheit dafür im Parlament bekommen.“ Hierzu habe er bereits einige „positive Signale“ bekommen, führte Kukies weiter aus. Er betonte: „Wir müssen die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger dringend unterstützen und entlasten.“
Unionsfraktion betont weiterhin, Vorhaben der verbleibenden Ampel-Koalition „sicher nicht zustimmen“ zu wollen
Entgegen Kukies’ Aussage, positives Feedback von den übrigen Bundestagsfraktionen erhalten zu haben, reagierte die Spitze der Unionsfraktion im Bundestag ablehnend auf Kukies’ Forderung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, verwies in der ARD darauf, dass die kalte Progression und auch das Kindergeld Teil eines größeren Gesetzespakets seien, nämlich dem Steuerfortentwicklungsgesetz. Das jedoch enthalte in seiner Summe viele andere Aspekte, denen die Unionsfraktion keinesfalls mitgehen werde, betonte Frei. „Insofern kann man sagen, dass wir also jedenfalls diesem Gesetzespaket, das da auf dem Tisch liegt, sicher nicht zustimmen werden.“
Bereits nach dem Ampel-Bruch hatten Unionsvertreter, darunter auch Frei in einem ARD-Interview (14. November) betont, seitens der Unionsfraktion nicht als „Einwechselspieler“ für die verbleibende Ampel-Koalition fungieren zu wollen, damit die Restregierung ihre Vorhaben noch vor Vertrauensfrage und möglichen Neuwahlen durch den Bundestag bekommt. Angesichts der Tatsache, dass die Ampel-Koalition auch zur Zeit ihres Bestehens weder einen Nachtragshaushalt für das anhaltende Jahr, noch einen Haushalt für 2025 hatte beschließen können, formulierte Frei: „Da stelle ich mir jetzt wirklich die Frage, wie man auf die Idee kommen kann, dass jetzt eine Minderheitsregierung, eine rot-grüne, so ohne weiteres und über Nacht sozusagen mit der Union als Einwechselspieler Vorhaben zum Ergebnis bringen will, die die Union zuvor abgelehnt hat.“
Jene Vorstellung der verbleibenden Ampel-Koalition bezeichnete Frei zu jenem Zeitpunkt als „illusorisch“ und stellte außerdem infrage, wie die verbleibenden Vertreter der Regierung „so naiv“ sein könnten zu glauben, dass die Unionsfraktion dies mitgehen würde. (fh)
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