„Absatz wird bald wieder wachsen“

Insolvenz trifft renommierten Fahrradproduzenten: E-Bikes zum Schnäppchenpreis

  • Lars-Eric Nievelstein
    VonLars-Eric Nievelstein
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Der renommierte Fahrradproduzent Simplon hat Insolvenz angemeldet. Parallel dazu sinken die Preise auf dem Fahrradmarkt. Ein Branchenverband äußert sich vorsichtig optimistisch.

Hard am Bodensee – Sei es ein Billigflieger aus Kanada, eine große Baufirma aus Ostdeutschland oder ein etabliertes Maschinenunternehmen: Immer wieder ist dieser Tage von neuen Insolvenzen zu hören. Auch die Fahrradbranche ist davor nicht gefeit. Das zeigte der Fall eines finnischen Herstellers, der im April Insolvenz anmeldete. Der neueste Fall betrifft einen bekannten Hersteller aus Österreich.

Insolvenz bei Fahrradhersteller – Simplon will sanieren

Die Simplon Fahrrad GmbH, ein bekannter Fahrradhersteller aus Österreich, hat vor wenigen Tagen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. „Nicht zuletzt durch die Coronapandemie kam es zu einigen Turbulenzen am internationalen Markt, etwa durch eine stark schwankende Nachfrage, Lieferkettenprobleme und als Folge hoher Lagerbestände“, begründete Simplon diesen Schritt. Die Branche hätte bereits seit dem Frühjahr rückgängige Verkaufszahlen zu verzeichnen, obwohl die Lager bei Händlern und Herstellern „noch immer sehr voll“ seien. So hatte die österreichische Kronen Zeitung Jakob Lusch, Geschäftsführer von Simplon, zitiert.

Der renommierte Fahrradproduzent Simplon ist insolvent. Parallel dazu gibt es am Fahrradmarkt jede Menge Rabatte. Ein Verband äußert sich gemäßigt optimistisch (Symbolfoto)

Trotz eines strikten Sanierungskurses, den Simplon vor Monaten eingeschlagen hatte, sei das Radunternehmen in die Insolvenz gerutscht. In einer Pressemeldung hieß es, dass Simplon Verbindlichkeiten in Höhe von 44,5 Millionen Euro nachkommen müsse, die Aktiva beliefen sich auf 33,2 Millionen Euro. Innerhalb der nächsten zwei Jahre peilt Simplon eine Zahlungsquote von 30 Prozent an.

Durch die Sanierung in Eigenverwaltung hat Simplon das „Ruder vollumfänglich selbst in der Hand“, erklärte ein Pressesprecher auf Anfrage von IPPEN.Media. Das Unternehmen „wird von Rechtsanwälten begleitet, die den Gläubigerschutz sicherstellen.“ Die jetzige Insolvenz sei auch im harten Konkurrenzkampf und einem hohen Preisdruck innerhalb der Fahrradbranche begründet.

Rabatte bei E-Bikes – Teil von Simplons Strategie in der Insolvenz?

Das Portal Efahrer.com nutzt die Gelegenheit, um auf aktuelle Angebote von Simplon-Fahrrädern hinzuweisen. Ein Bewertungsartikel zeigte, dass zum Beispiel das Simplon Rapcon Pmax II GX1 Eagle von 2023 derzeit um 29 Prozent reduziert sei (Lucky Bike, 27. September). Statt rund 9.000 Euro bezahlen Kunden nurmehr rund 6.300 Euro. Der Fahrradhändler Lucky Bike ist damit kaum allein: Der traditionsreiche Händler Switchbike Bornemann bietet jede Menge Simplon-Fahrräder mit Rabatten zwischen 14 Prozent und 30 Prozent an. Ähnlich sieht es beim großen Fahrradhändler vitbikes aus. Vom Simplon Chenoa MAX Uni Deore-10 LG (minus 25 Prozent) bis zum Simplon Inissio Pmax GRX 600 (ebenfalls minus 25 Prozent) sind Dutzende Modelle im Angebot.

Das hat jedoch nicht zwangsläufig mit der Insolvenz und der Eigensanierung bei Simplon zu tun. Auf Anfrage von IPPEN.Media, ob Simplon im Rahmen der Eigensanierung Kostennachlässe plane, sagte ein Pressesprecher: „Die Preispolitik von Simplon orientiert sich an der Marksituation. Dieser ist noch immer von starkem Preisdruck in der gesamten Branche gekennzeichnet.“

Volle Lager am Fahrradmarkt – Lage ist angespannt, das Interesse jedoch ungebrochen

Vielmehr steht die gesamte Fahrradbranche unter Druck – das zeigen ähnliche Rabatte, die verschiedene Händler auf die Fahrräder anderer Hersteller gelegt haben. „Die Situation bei Handel und Herstellern ist weiterhin von vollen Lagern geprägt“, erklärte der Verband ZIV Die Fahrradindustrie. Der Lagerbestand im Handel sei mit 1,45 Millionen Fahrrädern doppelt so hoch gewesen wie in „normalen“ Jahren (Stand 2023), aber weit entfernt vom Durchschnittsabsatz – dieser würde bei 4,3 Millionen Rädern pro Jahr liegen. „Produktion und Import sind in den ersten Monaten 2024 geringer als in den Vorjahren“, hieß es Anfang Juli.

Auch die Produktion lag unter dem Niveau vom Vorjahr. In den ersten vier Monaten 2024 produzierten die Hersteller rund 630.000 E-Bikes (ZIV, minus 16 Prozent) und 340.000 normale Fahrräder (minus 21 Prozent). Beim Export sah es ähnlich aus; 30 Prozent weniger Fahrräder verließen Deutschland. Der ZIV gab eine eher gedämpfte Prognose ab. Für Hersteller von Fahrrädern und E-Bikes sowie für die Komponenten- und Zubehörhersteller sah der ZIV eine „angespannte Lage“ voraus. Aber: „Das Interesse am Fahrrad und E-Bike ist ungebrochen. Deswegen haben wir keinen Zweifel daran, dass der Absatz bald wieder anwachsen wird.“

Ab 2025 geht der Verband von einer „deutlichen“ Erholung aus und verwies außerdem darauf, dass die Absätze über dem Vor-Corona-Niveau lägen.

Rubriklistenbild: © IMAGO/Jochen Tack

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