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Heizungsgesetz durch die CDU korrigieren? „Das ist unbestreitbar“, so dieser Heizungsbauer
VonAmy Walker
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Mit dem Beginn der Arbeit der neuen Bundesregierung in diesem Jahr, wird die Energiewende ein zentrales Thema sein. Besonders im Gebäudesektor besteht noch Handlungsbedarf.
München – In einem Monat wird in Deutschland eine neue Bundesregierung gewählt. Im Wahlkampf sind zentrale Projekte der Ampel-Koalition auf den Prüfstand gekommen, besonders im Fokus: das umstrittene Heizungsgesetz. Die Union will das Gesetz bei einer neuen Regierungsbeteiligung offenbar ändern, was in der Heizungsbranche für Unmut sorgt. Die Sorge: Eine neue Debatte könnte die Menschen weiter verunsichern und die Wärmewende weiter ausbremsen.
Ein Vertreter dieser Branche ist Hagen Fuhl, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei der Firma SenerTec, die sich auf Kraft-Wärme-Kopplung spezialisiert hat. Im Interview mit IPPEN.MEDIA fordert Fuhl eine Rückkehr zu mehr Pragmatismus in der Klimapolitik und befürwortet eine Änderung des Heizungsgesetzes. Gleichzeitig erwartet er von allen demokratischen Parteien ein Bekenntnis zu den Klimazielen – und weniger „Gerangel“.
„Dieses Heizungsgesetz muss einfacher werden“: Unternehmer fordert mehr Fokus auf CO₂-Einsparung
Herr Fuhl, wir stehen wenige Wochen vor der Bundestagswahl, das Thema Energie spielt eine so wichtige Rolle wie selten. In den nächsten Jahren wird es sicher turbulent werden – egal, wer an der Macht ist. Was erhoffen Sie sich von der neuen Bundesregierung als Unternehmer in dieser Branche?
Wir müssen in der Energie- und Klimapolitik wieder den Fokus auf CO₂-Einsparung richten, das ist doch das eigentliche Ziel unserer Klimapolitik. Heißt, wir sollten allen Technologien, die zur CO₂-Reduktion beitragen können, den Zugang ermöglichen. Da darf es keinerlei Einschränkungen oder Ausgrenzungen geben – Technologieoffenheit eben. Das haben wir bei der Ampel-Regierung vermisst.
Sie spielen auf Ihr zentrales Geschäftsfeld an, die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die in der vergangenen Legislaturperiode kaum eine Rolle gespielt hat.
Ja, das Potenzial der KWK wurde von den politisch Verantwortlichen leider nicht erkannt. Dabei ist KWK ein idealer Partner im Zusammenspiel mit den erneuerbaren Energien – zum Beispiel als Hybridlösung mit einer Wärmepumpe, oder mit Solaranlagen. Denken Sie an die Situation Anfang November und Dezember in Deutschland: Über mehrere Tage herrschte eine sogenannte Dunkelflaute, in der der Wind kaum wehte und die Sonne nur wenig schien. In dieser Zeit mussten konventionelle Kraftwerke und KWK-Anlagen einspringen, um die Energieversorgung sicherzustellen. Zudem wurde Strom aus dem Ausland zugekauft – da zeigt sich, wie anfällig unser Gesamtenergiesystem ist, wenn wir uns allein auf erneuerbare Energien verlassen. KWK trägt entscheidend dazu bei, Versorgungslücken zu schließen – sei es in Privathaushalten, im Gewerbe oder in der kommunalen Energieversorgung.
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
Die Kraft-Wärme-Kopplung ist die Umwandlung von Energie in Strom und Wärmenergie zugleich. Es wird also Energie in Strom umgewandelt und die dabei freiwerdende Wärme wird zum Heizen verwendet. Zur Erzeugung des Stroms werden unterschiedlichen Energieträger verwendet, vorrangig in Deutschland Erdgas oder Biomasse. Durch die gleichzeitige Erzeugung von Wärme und Strom in einem Prozess wird weniger Energie verwendet, da aus der Primärenergie gleich zwei Nutzungsmöglichkeiten entstehen. Es gibt sowohl große KWK-Anlagen, die zum Beispiel in der Fernwärme Verwendung finden, als auch kleinere Anlagen für den Privatverbrauch.
Im Heizungsgesetz, wie das Gebäudeenergiegesetz umgangssprachlich ja heißt, wird KWK zwar nicht explizit als Erfüllungsoption aufgeführt, aber sie ist auch nicht ausgeschlossen.
Der Einsatz von KWK bleibt weiterhin möglich. Allerdings hätte eine klare Darstellung der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von KWK im GEG uns viel Aufwand bei der Erklärung und Überzeugung von Planern, Heizungsbauern und letztlich auch bei den Kunden erspart. Unser Wunsch – und damit sind wir nicht allein – an die zukünftige Regierung lautet: Das Heizungsgesetz muss einfacher, technologieoffener und selbsterklärender werden. Es muss den Fokus wieder mehr auf CO₂-Einsparung richten, sodass es auch nachvollziehbar wird.
Steigende CO₂-Preise bergen große Gefahr für die EU: „Klimapolitisch kontraproduktiv“
Die Union verspricht in ihrem Wahlprogramm, das Heizungsgesetz zu korrigieren, es ist sogar teilweise von einer Abschaffung der Förderungen die Rede. Was halten Sie davon?
Dass es korrigiert werden muss, ist unbestreitbar, jedoch stehen wir alle in der Verantwortung, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und die eingeschlagene Richtung auch beizubehalten. Denn wir als Unternehmer können nicht nach Ablauf jeder Legislaturperiode, also alle vier Jahre, wieder Neuausrichtungen unserer Produktpalette vornehmen. Optimierungen und Anpassungen sind gut, aber wir sollten hier nicht wieder alles auf Null setzen. Eine langjährige Planungssicherheit brauchen nicht nur wir Unternehmer, sondern auch Investoren, Planer, Heizungsbauer, Bürger und Bürgerinnen etc. Im schlimmsten Fall wird vor lauter Irritation, was nun eigentlich gilt, am Schluss gar nichts gemacht.
Als Nächstes sollten wir versuchen, weg von Verboten und hin zu mehr Anreizen zu kommen. Dabei dürfen die Hürden bezüglich der Anforderungen nicht zu groß sein, das schreckt nur ab und verhindert Investitionen. Es muss jeder die Möglichkeit haben, bei der Energiewende mitzumachen. So könnte man Steuererleichterungen oder Förderungen danach ausrichten, wie viel CO₂ ein Haushalt, Gewerbe, Industrie oder Kommune einspart. Dann kann jeder nach seinen finanziellen Möglichkeiten entscheiden, wie viel er zum Klimaschutz beitragen kann – je mehr eingespart wird, desto mehr Steuern werden gespart oder desto mehr Förderungen kann man beantragen.
Die Besteuerung ist nicht sehr viel anders als der CO₂-Preis, der ohnehin jetzt schon greift und ab 2027 nochmal stärker anziehen wird. Dieses Instrument würde die Union laut Wahlprogramm weiter ausbauen wollten. Ist das eine gute Idee?
Die CO₂-Bepreisung ist ein gutes Instrument zur Dekarbonisierung von Verkehr, Landwirtschaft, Gebäude, Energie und Industrie, aber eins muss uns bewusst sein: Wir in Deutschland sind vielleicht in der Lage, einen hohen CO₂-Preis finanziell zu verkraften. Was passiert aber in den ärmeren Ländern der EU, die das nicht können? Die haben den gleichen CO₂-Preis wie wir. Da müssen wir uns jetzt schon Gedanken darüber machen, wie wir es schaffen wollen, gemeinsam ans Ziel zu kommen, ohne eine Überlastung des Einzelnen herbeizuführen. Wir können den CO₂-Preis gar nicht so schnell nach oben treiben, weil wir sonst Gefahr laufen, Länder auf dem gemeinsamen Weg zur Klimaneutralität zu verlieren. Das wäre klimapolitisch kontraproduktiv. Hier eine gesunde Balance zu finden, wird eine Herausforderung werden.
Deutsche Haushalte sollten mit der Wärmewende nicht mehr länger warten
Wir hinken in Deutschland im Gebäudebereich ohnehin hinterher. 40 Prozent der Treibhausgasemissionen kommen aus diesem Bereich. Wie können wir hier aus Ihrer Sicht endlich mal vorankommen?
Die Kosten im Gebäudebereich sind mittlerweile enorm gestiegen, wenn man dann noch zusätzlich die Anforderungen, um überhaupt Förderungen zu bekommen, weiter verschärft, darf man sich nicht wundern, wenn entsprechende Investitionen sowohl in den Neubau als auch in der Sanierung ausbleiben. In 2024 wurden statt der geplanten 400.000 Neubauwohnungen nur etwa 200.000 Wohnungen fertiggestellt! Investitionsbereitschaft kann nur ausgelöst werden, wenn das Ganze finanzierbar bleibt. Mit der Staffelung der Förderung nach CO₂-Einsparung kann jeder Einzelne nach seinen finanziellen Möglichkeiten zum Klimaschutz beitragen, dabei müssen alle Technologien zugelassen werden, die CO₂ einsparen. Die Bürger und Bürgerinnen haben – so ist unser Eindruck aus zahlreichen Gesprächen - überwiegend aus der kommunalen Wärmeplanung die Botschaft mitbekommen, bis Mitte 2026 oder Mitte 2028 – je nach Größenordnung der Kommune - mit der Entscheidung bezüglich Austausch ihrer eigenen Heizung zu warten. Das blockiert die Wärmewende.