„Historischer finanzpolitischer Wandel“

Finanzpolitische Wende: Milliarden für Verteidigung und Infrastruktur sind „Gamechanger“

  • VonMax Schäfer
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CDU und SPD stellen ein Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur zusammen. Wirtschaftsexperten betrachten die Maßnahmen als „Gamechanger“ und prognostizieren eine „Veränderung“.

Berlin – Union und SPD haben sich bei den Sondierungsgesprächen der Großen Koalition auf ein milliardenschweres Finanzierungspaket für Verteidigung und die Infrastruktur geeinigt. Große Verteidigungsausgaben sollen von der Schuldenbremse ausgenommen sein. Dazu soll es ein Sondervermögen von 500 Milliarden für Infrastrukturausgaben geben.

Durch Finanzierungspaket von Union und SPD: Stagnation der Wirtschaft dürfte „schnell überwunden sein“

Die Einigung sei ein „Gamechanger, ein wuchtiges und gutes Paket“, sagte Jens Südekum, Professor für Internationale Wirtschaft von der Universität Düsseldorf. Ebenfalls als „Gamechanger“ bezeichnete Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor am IMK-Institut, das Finanzierungspaket.

Leiten die Spitzen von CDU, CSU und SPD einen „historischen finanzpolitischen Wandel“ ein? Ökonomen sind angesichts der angekündigten Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur optimistisch.

Nicht nur würden dadurch die „dringend benötigten Investitionen“ kommen, sondern auch die Stimmung dürfte sich „massiv drehen“, erklärte Dullien. Seine Erwartung: „Deutschland ist wieder wirtschaftlich und militärisch handlungsfähig.“ Er rechnet dadurch mit einem Ende des wirtschaftlichen Tiefs. „Wenn das so gelingt, dann dürfte die Stagnation der deutschen Wirtschaft jetzt schnell überwunden sein.“

Groko-Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur als „historischer finanzpolitischer Wandel“

Auch Ökonomen der Deutschen Bank sehen nun einen „historischen finanzpolitischen Wandel“ heraufziehen, der zu einem Wachstumsimpuls für die Wirtschaft führen könne. „Ein großer Infrastrukturfonds würde der deutschen Wirtschaft ab 2026 einen deutlichen konjunkturellen Impuls verleihen“, sagte Deutsche-Bank-Ökonom Robin Winkler. Das Sondervermögen könne einen „signifikanten“ fiskalischen Impuls von bis zu zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes liefern. Auch er hebt die Infrastrukturausgaben hervor.

Auch ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski stellte die Bedeutung des Sondervermögens für die Infrastruktur in den Vordergrund. „Es ist natürlich das Sondervermögen für die Infrastruktur, das sofort helfen würde“, sagte der Ökonom. „Der Multiplikator wäre hier sicherlich um die 1. Heißt, das ausgegebene Geld geht auch in die Konjunktur und würde dazu noch das Wachstumspotenzial stärken.“

„Klein-Klein“ gehe bei Investitionen nicht mehr – laut Ökonom

Die Finanzierung von Verteidigung und Infrastruktur müssten jedoch auch über die neue Legislaturperiode hinaus gedacht werden, erklärte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. „Klein-Klein geht in Anbetracht der geopolitischen Entwicklungen nicht mehr.“ Der „Eklat im Weißen Haus“ habe geopolitisch die „Zeitenwende“ eingeläutet. „Europa kann sich auf die Unterstützung aus Washington nicht mehr verlassen und muss nun in neuen Dimensionen denken“, sagte Gitzel.

Auch Gitzel sieht das Finanzierungspaket von CDU, CSU und SPD als Chance. „Wenn die Rüstungsindustrie und auch die am Infrastrukturbau beteiligten Unternehmen Planungssicherheit haben, wird in Produktionskapazitäten investiert“, erklärte der Ökonom. Dies sei ein „Schlüssel für mehr binnenwirtschaftliche Dynamik in den kommenden Jahren“ und würde höhere Steuereinnahmen generieren.

Neben Sondervermögen: Union und SPD wollen wohl Reform der Schuldenbremse angehen

Konkret sollen gemäß der Einigung Verteidigungsausgaben über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts von der Schuldenbremse ausgenommen sein. Das Sondervermögen für Infrastrukturausgaben von 500 Milliarden Euro soll auf eine Dauer von zehn Jahren angelegt sein. Laut SPD-Chef Lars Klingbeil sollen 100 Milliarden Euro davon an die Länder fließen. Das Sondervermögen soll laut Tagesschau im Grundgesetz verankert werden – und ist damit ebenfalls von der Schuldenbremse ausgenommen. Die Entscheidung soll noch im alten Bundestag fallen.

Zusätzlich wollen Union und SPD laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur (DPA) eine Reform der Schuldenbremse angehen. Dazu solle eine Expertenkommission eingesetzt werden, wie die Agentur mit Verweis auf ein Papier zu den Sondierungsgesprächen berichtete. (ms/reuters)

Rubriklistenbild: © Kay Nietfeld/dpa

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