Kaum Fachkräfte

Fatale Auswertung der Einwanderung: Der Arbeitsmarkt profitiert noch nicht von Migration

  • VonMax Schäfer
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Die deutsche Ökonomie ist auf Zuwanderung angewiesen, doch das bisherige Ergebnis ist enttäuschend. Die erwartete positive Auswirkung auf den Arbeitsmarkt bleibt aus.

Berlin – Die Politik streitet über Migration. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte dazu im Bundestag erstmals mit Stimmen der AfD einen Entschließungsantrag zu schärferen Regeln durchgebracht, war jedoch nur zwei Tage später mit einem Gesetzentwurf gescheitert – wegen einzelnen abweichenden Stimmen aus den eigenen Reihen. Dennoch bleibt die Migration ein bestimmendes Thema vor der Bundestagswahl – aus einer sicherheitspolitischen Perspektive.

Deutsche Wirtschaft benötigt Migration: 288.000 internationale Arbeitskräfte gefragt

Zuwanderung spielt dagegen eine wichtige Rolle für die deutsche Wirtschaft. Der Arbeitsmarkt ist stark von Migration abhängig, denn der Fachkräftemangel kostet Milliarden. Hintergrund ist die alternde Gesellschaft. Ohne Zuwanderung sinkt die Zahl der Arbeitskräfte bis 2040 um zehn Prozent, stellte etwa eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung fest. Bis 2040 brauche es jährlich rund 288.000 internationale Arbeitskräfte, stellten die Autoren Alexander Kubis vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und Lutz Schneider von der Hochschule Coburg fest. Sie gehen dabei von 44,3 Millionen benötigten Arbeitskräften 2040 aus.

Deutschland braucht laut IAB-Prognose jährlich 288.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland, doch die bisherige Bilanz enttäuscht. (Symbolfoto)

Die Ampel-Koalition wollte die Einwanderung von Fachkräften fördern – und hat etwa das Fachkräfteeinwanderungsgesetz auf den Weg gebracht. Nach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sollte es das „modernste“ Gesetz „der Europäischen Union“ werden – „eines, das sich im weltweiten Vergleich sehen lassen kann und ganz vorne steht“.

Zuwanderung hat noch nicht die gewünschet Wirkung auf den Arbeitsmarkt

Hinter den ehrgeizigen Zielen bleibt Deutschland jedoch bisher zurück. Zwar seien nach Inkrafttreten des Einwanderungsgesetzes über zehn Prozent mehr Visa zu Erwerbszwecken erteilt worden. Konkret sollen die Zahl auf 200.000 gestiegen sein. „Das Gesetz wirkt, die Visaerteilung und die Beratungsgespräche im Ausland sind auf Rekordniveau“, hatte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärt.

Tatsächlich kommt jedoch nur ein Teil der Fachkräfte mit ihrem Visum auch nach Deutschland. Das berichtet nun die Welt. Für 2024 gebe es noch keine Zahlen. 2023 seien jedoch nur 70.459 zusätzliche Personen mit Arbeitserlaubnis von außerhalb der EU gezählt worden – von 177.578 erteilten Erwerbsvisa, berichtete die Zeitung mit Verweis auf eine Analyse der Bertelsmann-Stiftung. Das sei weniger als die Hälfte.

Nur wenige Firmen werben ausländische Arbeitskräfte – wegen rechtlichen Hürden

Nur sechs Prozent werben laut einer Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Fachkräfte aus dem Ausland an. Vor allem rechtliche Hürden und Schwierigkeiten bei der Einschätzung der Qualifikation seien Gründe, wieso Unternehmen auf das Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland verzichten.

Eine mögliche Erklärung für die Nennung bürokratischer Hürden als Ursache könne sein, dass die gesetzlichen Änderungen vielen Betrieben nicht bekannt seien, sagte jedoch IAB-Forscher Florian Zimmermann.

Bestehende Migration von Asylbewerbern hat noch nicht die erhoffte Wirkung für die Wirtschaft

Von der bestehenden Migration, vor allem aus Fluchtgründen und zum Familiennachzug, profitieren Unternehmen bisher nur teilweise. Zwar steigt die Beschäftigungsquote mit der Dauer des Aufenthalts deutlich, bisher liegt die Beschäftigungsquote von anerkannten Geflüchteten laut Daten der Bundesagentur für Arbeit vom November 2024 bei 46,2 Prozent, während knapp die Hälfte – 49,7 Prozent – Bürgergeld bezieht. Eine Hürde ist dabei das Aufenthaltsgesetz selbst: Die Agentur für Arbeit verweigert vielen Geflüchteten die Aufnahme von Arbeit – gelegentlich wegen zweifelhaften Kriterien.

Dennoch arbeiten mehr als eine Million Asylbewerbern, knapp 880.000 davon im Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Im Zeitraum von Juni 2018 bis Juni 2023 seien laut Bundesregierung 1,46 Millionen Ausländer in solche Beschäftigungsverhältnisse kommen. Dementsprechend sei die Bedeutung der Migration für die Sozialsysteme wie Rente, Krankenkassen und Pflegeversicherung. „Damit trägt diese Personengruppe zu stabilen Einnahmen der beitragsfinanzierten Sozialsysteme bei“, erklärte die Regierung auf eine Große Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag.

Rubriklistenbild: © Friso Gentsch/dpa