Energiekrise, Heizungsgesetz, Haushalts-Chaos
Förderungen für Energieberater immer noch gestoppt: „Wir wissen gerade nicht viel“
VonAmy Walkerschließen
Trotz der Haushaltseinigung vor einer Woche sind viele Förderprogramme immer noch pausiert. Für Energieberater ist das eine Katastrophe.
Berlin – Der Dezember ist eigentlich die Zeit der Jahresrückblicke. Doch all diejenigen, die 2023 mit dem Thema Heizung, Gebäudesanierung und Energieberatung zu tun hatten, werden wohl eher froh sein, wenn dieses Jahr endlich vorbei ist.
Zu Beginn war es noch die Energiekrise und die befürchtete Gasmangellage, die dem Land den Atem raubte. Dann kamen im Februar die Debatten um das Heizungsgesetz und eine mögliche Sanierungspflicht in der EU, die Eigentümer extrem verunsicherte und quasi das ganze Land gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aufbrachte. Und als all das dann endlich vorbei war, kam das Urteil aus Karlsruhe und warf alles Beschlossene erstmal aus dem Fenster. Wenige Tage vor Weihnachten steht zwar formal eine Einigung darüber, wie es weitergeht. Beschlossen ist aber immer noch nichts.
Förderungen für Energieberatung immer noch gestoppt
Marcus Dietmann, Energieeffizienzexperte und Firmengründer von 42watt, will sich davon aber nicht abhalten lassen. Denn er ist sich sicher: „Diese Themen werden nicht verschwinden“. Er meint damit die Themen: Gebäudesanierung, Heizungstausch, energieeffizienter Alltag, Energiekosten. Trotz all der Widrigkeiten werden die Leute sich damit auch 2024 und darüber hinaus beschäftigen, das weiß er.
Erstmal aber müssen er und seine Kolleginnen und Kollegen in der Branche mit der aktuellen Situation umgehen. Denn auch wenn die Förderungen für den klimaneutralen Umbau im Gebäudebereich weiterhin gesichert sein sollen, hat in der Branche noch keiner einen verlässlichen Überblick. „Das ist ein großer Einschnitt, denn wir wissen gerade nicht viel. Es ist nicht gesichert, wie es weitergeht“, so Dietmann im Gespräch.
Die Förderungen für Energieberatung sind im Zuge der Haushaltssperre gestoppt worden. Das ist für Sanierungen besonders ärgerlich, da die staatlich geförderte Beratung häufig der erste Schritt in einem langen Prozess der Modernisierung ist. Für die Aufstellung eines sogenannten individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) bezuschusste der Bund bisher die Energieberatung mit bis zu 1300 Euro. Das macht für zahlreiche Energieberatungsunternehmen einen erheblichen Anteil ihrer Einnahmen aus. Seitdem das Förderprogramm gestoppt ist, haben Energieberater und ihre Kunden im Wesentlichen nur drei Möglichkeiten:
- Energieberatung ohne Förderung durchführen und der Eigentümer zahlt aus eigener Tasche
- Energieberatungen durchführen in der Hoffnung darauf, dass das Geld rückwirkend ausgezahlt wird
- Warten bis das Förderprogramm wieder an den Start geht - das Geschäft kommt (in diesem Bereich) zum Erliegen
Wer einen iSFP aufstellen lässt, erhält auf die Gesamtkosten der Sanierungsmaßnahmen in der Regel einen weiteren Bonus der Regierung, der iSFP-Bonus, in Höhe von 5 Prozent. Doch auch dieser ist aktuell durch die Haushaltssperre gestoppt.
Firmen, für die der staatliche Zuschuss den Großteil des Umsatzes ausmacht, sind die vergangenen Wochen also dramatisch gewesen. Der Verband der Energieberater sprach kürzlich sogar von „existenzbedrohenden“ Zuständen.
Hin und Her beim Heizungsgesetz: Viele offene Fragen
Auch für Marcus Dietmann sind es herausfordernde Wochen gewesen. Das merke er in Gesprächen mit Kunden, aber auch mit Handwerkern, die die Unsicherheit ebenfalls spüren. „Der Frust ist in der ganzen Branche gerade hoch“, sagt er.
Es sind aber nicht nur die künftigen Kunden, die durch das Förderchaos fernbleiben; auch bei bestehenden Projekten musste im vergangenen Jahr zu oft hin und her überlegt werden. Ein Beispiel: Als im Herbst die Bundesregierung beschloss, die Zuschüsse bei einer Gebäudesanierung ab 2024 nochmal zu erhöhen – es war von einem zusätzlichen „Konjunktur-Booster“ in Höhe von 10 Prozent die Rede – hätten einige Kunden von 42watt entschieden, mit der Sanierung bis nächstes Jahr zu warten. „Jetzt wurde dieser Booster wieder gestrichen und die Eigentümer fragen natürlich zu Recht, weshalb sie denn jetzt gewartet haben“, schildert der Energieeffizienzexperte. Ein Ärgernis für den Eigentümer – aber für Berater und Handwerker repräsentiert diese Zeit unzählige verloren gegangene oder verschobene Aufträge.
Weiterhin unklar sind derweil einige Details aus dem Heizungsgesetz, so Dietmann. Denn laut neuem Gesetz müssen Eigentümer, die eine neue fossile Heizung ab 2024 installieren lassen möchten, zuvor eine Energieberatung erhalten haben. Was bedeutet das jetzt konkret für Eigentümer ab 2024? „Das kann ich Ihnen nicht mit Sicherheit sagen“, sagt Dietmann. Was sie auch nicht wissen: Ob sie Eigentümern in solchen Fällen dann eine Bescheinigung aushändigen müssen, und wenn ja, wie diese auszusehen hat.
Dann noch die Frage nach den neuen Anforderungen für Gasheizungen ab 2024. Denn wer eine neue Brennwerttherme installiert, der muss sicherstellen, dass diese ab 2029 zu mindestens 15 Prozent, ab 2035 mindestens 30 Prozent und ab 2040 mindestens 60 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden kann (z.B. mit Biomethan). Doch wer ist für die Sicherstellung dieser Anforderungen verantwortlich? Der Energieberater? Der Heizungsbauer? Der Eigentümer?
Förderungen sollen 2024 starten - Termin wohl kaum zu halten
Dass die neuen Förderungen pünktlich zum 1. Januar 2024 in Kraft treten, bezweifelt daher nicht nur Dietmann. Innerhalb der Branche geht man generell davon aus, dass neue Anträge erst später gestellt werden können. Ein Schreiben aus dem Wirtschaftsministerium, in dem von einem Start der Förderungen ab Februar 2024 die Rede ist, kursiert schon seit Wochen. Offiziell verkündet wurde bisher: nichts. Solche Unsicherheiten macht das Leben von Marcus Dietmann als Berater gerade sehr kompliziert.
Beziehungsweise, es könnte es kompliziert machen. Da er jedoch sicher ist, dass sich eine neue Gasheizung 2024 für Einfamilienhäuser nicht lohne, rate er in den meisten Fällen davon ab. „Eine Wärmepumpe kann sich bei ordentlicher Auslegung ab dem ersten Monat lohnen, auch mit den hohen Anschaffungskosten“, weiß er. Er könne das jedem Eigentümer bei einer Energieberatung vorrechnen. Mit dem noch höher werdenden CO₂-Preis ab kommendem Jahr fällt die Rechnung gegen die Gas- oder Ölheizung noch deutlicher aus. Ganz davon abgesehen, sei „jede neue Gasheizung eine vertane Chance für den Klimaschutz“.
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