Energiespeicher

China revolutioniert Herstellung von E-Auto-Batterien: Warum deutsche Autobauer zittern müssen

  • Patrick Freiwah
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Die Herstellungskosten von Elektroauto-Batterien in China sind entscheidend für die globale Preisentwicklung. Das wird auch Auswirkungen auf Europas Automärkte haben.

Peking/München - Die Herstellungskosten von Elektroauto-Batterien sind ein großer Preistreiber und Grund, warum Stromer in der Anschaffung teurer sind als vergleichbare Modelle mit Verbrennungsmotor. Die Weiterentwicklung bestehender Technologien durch China sorgt jedoch dafür, dass die Energiespeicher zu immer günstigeren Bedingungen produziert werden.

In der Folge setzen die sinkenden Batteriekosten den globalen Automobilmarkt unter Druck und auch europäische Hersteller von Akkus für E-Autos stehen vor einer riesigen Herausforderung.

Herstellungskosten von E-Auto-Batterien in China um die Hälfte gefallen

Die Entwicklung bei Lithium-Eisen-Phosphat-Batteriezellen (LFP) verdeutlicht das: Laut Bloomberg (via Telepolis) sind die Preise in der Volksrepublik im vergangenen Jahr um satte 51 Prozent gefallen: Eine Kilowattstunde (kWh) Batterieleistung kostete in der Produktion nur noch umgerechnet 53 US-Dollar, während der weltweite Durchschnitt bei 95 US-Dollar lag.

Dabei tragen mehrere Faktoren zum Preisverfall bei - ein wesentlicher Grund sind offenbar erheblich gesunkene Rohstoffkosten. Der Anteil der Kathode an den Gesamtkosten einer LFP-Zelle habe dem Bericht zufolge in China Anfang 2023 50 Prozent betragen, ist mittlerweile auf unter 30 Prozent gesunken.

Chinas E-Auto-Innovationen lassen die Preise sinken

Auch Überkapazitäten bei der Produktion beschleunigten die Preissenkungen. So übersteigt die chinesische Akkufertigung angeblich bereits die weltweite Nachfrage nach rein elektrischen Fahrzeugen. Daher seien die Hersteller dem Bericht zufolge gezwungen, ihre Innovationen für weniger Geld anzubieten. Daraus resultiere mitunter eine Verringerung der Kapazitätsauslastung von Batteriefabriken im Reich der Mitte.

Warum die schnellen Entwicklungsszyklen bei E-Auto-Batterien mitsamt aggressiver Preisgestaltung auch für deutsche Autobauer von Bedeutung sind: Chinesische Autohersteller setzen für den Ausbau des Marktanteils auf den strukturellen Kostenvorteil und geben diesen an Endkunden weiter.

Elektroauto-Produktion in China: Die Herstellungskosten für Batterien sind in der Volksrepublik massiv gesunken.

Batterieentwicklung: Chinas Vorsprung als Gefahr für europäische Hersteller

Laut einer Studie der Unternehmensberatung AlixPartners liegen die Herstellungskosten im Vergleich zu einem europäischen Elektroauto rund 35 Prozent niedriger, speziell aufgrund des technischen Vorsprungs bei der Batterieentwicklung. Was nach freier Marktwirtschaft klingt, droht jedoch zur Gefahr zu werden: Weil hiesige Autohersteller mit diesem Preisgefüge nicht mithalten, drohen dem Industriestandort negative Folgen.

Chinesische Elektrokonzerne wie BYD oder CATL setzen zunehmend Branchenstandards und damit die deutsche Automobilwirtschaft unter Druck. Alix-Experte Fabian Piontek fasst das so zusammen: „Das traditionelle Betriebsmodell der Automobilindustrie in Deutschland muss sich ändern, wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen.“

Innovative E-Auto-Batterien ermöglichen niedrigere Preise

Dabei trifft der Preisverfall in China Bloomberg zufolge auch heimische Hersteller, weil die Gewinnmargen sinken. Dennoch investieren Technologiekonzerne den Angaben zufolge massiv in Forschung, Entwicklung, Automatisierung sowie den Ausbau von Produktionskapazitäten - auch in Europa. Für die Energiewende und den Verkehrssektor ist dieser Fortschritt eine gute Nachricht, dank der niedrigeren Herstellungskosten bei Batterien können E-Autos in absehbarer Zeit Verbrennermodelle beim Preis unterbieten.

Für die Verkaufszahlen der konkurrierenden deutschen Hersteller könnte sich das als weniger gute Entwicklung erweisen, im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit.

Von der Bildfläche verschwunden: Zehn große Automarken, die es nicht mehr gibt

Ein Simca 1100 GLS Baujahr 1972 auf einer Oldtimermesse
Simca – Die Geschichte von Simca (Société Industrielle de Mécanique et Carrosserie Automobile) begann 1934 als Lizenzfertiger von Fiat-Fahrzeugen in Frankreich. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden auch eigene Modelle produziert. Im Jahr 1978 wurde der Autobauer von Peugeot übernommen und die Marke Simca aufgegeben. Die noch existierenden Modellreihen wurden bis 1986 unter dem Markennamen Talbot verkauft. © Sebastian Geisler/Imago
Ein Oldsmobile Vista Cruiser
Oldsmobile – Hierzulande weitgehend unbekannt, gehörte Oldsmobile in den USA vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren zu den erfolgreichsten Marken. Ein bekanntes Modell war beispielsweise der Vista Cruiser (Foto): Ein markant gestalteter Kombi, von dem zwischen 1964 bis 1977 mehr als 360.000 Exemplare gebaut wurden. Anfang der 2000er-Jahre gingen die Verkäufe stark zurück, sodass die Mutter General Motors im Jahr 2004 die Produktion von Fahrzeugen der Marke komplett einstellte. © Pond5 Images/Imago
Ein NSU Prinz auf einem Oldtimer-Treffen
NSU Motorenwerke – Die Geschichte des Unternehmens begann in den 1870er-Jahren als Hersteller von Strickmaschinen. Später produzierte das Unternehmen Fahr- und Motorräder. Erst Ende 1958 kam mit dem Prinz das erste Automodell des Herstellers auf den Markt – es wurde in mehreren Generationen bis 1973 produziert. Bereits 1969 fusionierten NSU und Auto Union zur Audi NSU Auto Union AG, die 1985 wiederum in Audi umfirmierte – mit diesem Schritt verschwand auch der Name NSU. © CEPix/Imago
Ein Plymouth Superbird in einem Museum
Plymouth – Einst gehörte Plymouth zu den erfolgreichsten Automobilmarken der USA und war in den 1940er-Jahren sogar der zweitgrößte US-Hersteller – noch vor Ford. Anfang der 1960er-Jahre verlor die Marke jedoch rapide Marktanteile, bevor man ab 1965 mit Muscle-Car-Modellen wie dem Barracuda oder Road Runner kurzfristig wieder Boden gut machen konnte. Eines der bis heute legendärsten Modelle war der Plymouth Superbird (Foto): eine stark modifizierte Version des Road Runner. Das Modell mit dem gigantischen Spoiler fand jedoch Anfang der 1970er-Jahre kaum Kunden, weshalb weniger als 2.000 Exemplare gebaut wurden. Nach und nach verlor die Marke immer mehr ihre Identität. 2001 entschied die Mutter DaimlerChrysler schließlich, die Marke Plymouth einzustellen. © Pond5 Images/Imago
Eine Borgward Isabella auf einer Messe
Borgward – Zu den größten Verkaufserfolgen des Bremer Autobauers Borgward zählte die von 1954 bis 1962 gebaute Isabella (Foto). Doch bereits ab Mitte der 1950er-Jahren ging es mit dem Unternehmen wirtschaftlich bergab. Anfang der 1960er-Jahre führten die Probleme schließlich zum Untergang. Mitte der 2010er-Jahre wurden die Markenrechte nach China verkauft. Mit SUV-Modellen wurde schließlich ein Comeback-Versuch gestartet, der aber nach kurzer Zeit im Sande verlief. © Pond5 Images/Imago
Ein Daewoo Matiz auf einer Automesse
Daewoo – Mitte der 1990er-Jahre versuchte sich in Europa die koreanische Marke Daewoo zu etablieren – unter anderem mit dem Kleinstwagen Matiz (Foto). Allerdings war dem Hersteller kein Erfolg beschieden: Nachdem das Unternehm in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, wurde die Pkw-Sparte von einem Konsortium um General Motors übernommen. Ab 2005 wurden die Daewoo-Modelle (auch der Matiz) dann unter dem Namen Chevrolet verkauft.  © Papsch/Imago
Der 1.000.000 Trabant im Museum
Trabant – Obwohl der Trabant bereits in den 1960er-Jahren als veraltet galt, war er ein echter Verkaufsschlager – allerdings gab es in der ehemaligen DDR auch kaum Alternativen zu dem von Sachsenring produzierten Zweitakter. Geduld war nicht nur aufgrund der geringen Motorleistung, sondern auch wegen der durchschnittlichen Wartezeiten auf ein Fahrzeug von mehreren Jahren gefragt. Dennoch: Mehr als drei Millionen „Trabis“ liefen zwischen 1958 und 1991 vom Band. Das Foto zeigt das 1.000.000-ste Exemplar, das im November 1973 gebaut wurde. Mit dem Ende der DDR endete auch bald die Produktion des Trabis. © Eberhard Thonfeld/Imago
Ein Pontiac Firebird Trans Am, Baujahr 1984
Pontiac – Die US-Marke Pontiac war vor allem in den 1960er-Jahren sehr erfolgreich. Hierzulande kennen viele den Hersteller vor allem aus Serien und Filmen. Der schwarze Pontiac Firebird Trans Am (zweite Generation) mit dem riesigen Adler auf der Haube faszinierte die Zuschauer in „Smokey and the Bandit“ (1977). Die dritte Generation des Firebird (Foto) wurde in den 1980er-Jahren als Basis des Serien-Wunderautos K.I.T.T bekannt. Der große Erfolg früherer Jahre stellte sich dennoch nicht mehr ein: 2010 legte der General-Motors-Konzern die Marke Pontiac auf Eis. © Pond5 Images/Imago
Ein Saab 900 Cabrio Baujahr 1991
Saab – Das erste Pkw-Modell des Herstellers ging 1949 als Saab 92 in Serie. Wirklich große Stückzahlen produzierte der schwedische Autobauer zwar nie, dennoch gelten einige Baureihen wie der 900 (Foto zeigt die Cabrio-Version) als legendär. 1998 ging Saab eine Kooperation mit General Motors ein. Fortan wurden viele Gleichteile aus dem Konzernverbund eingesetzt, dennoch stellte sich auf lange Sicht kein wirtschaftlicher Erfolg ein. 2011 meldete Saab Insolvenz an.  © Sebastian Geisler/Imago
Ein Rover 75
Rover – Die Geschichte des englischen Automobilherstellers Rover geht bis ins Jahr 1896 zurück. Über viele Jahrzehnte konnten sich die Briten im Automobilgeschäft behaupten, bis das Unternehmen 1967 Teil der British Leyland Motor Cooperation wurde. Durch eklatante Fertigungs- und Qualitätsmängel ruinierte die Marke ihren Ruf – bis es Anfang der 1980er-Jahre durch eine Kooperation mit Honda wieder etwas bergauf ging. 1994 übernahm schließlich BMW die britische Marke – und versenkte dadurch Milliarden. 2000 zog der bayerische Autobauer die Reißleine und gliederte Rover wieder aus. 2005 folgte die Insolvenz. © Heritage Images/Imago

Elektroautos in China bereits günstiger als Verbrennermodelle

Dem Bericht zufolge sind in China schon heute fast zwei Drittel der BEV-Modelle günstiger als Autos mit Benzin- oder Dieselmotor. Viele dieser Fahrzeuge sollen auch außerhalb der Volksrepublik Abnehmer finden - wie in Europa. Die Utopie von günstigeren Elektroautos würde demnach in absehbarer Zeit zur Realität werden.

Möglicherweise werden sich dann auch deutsche Autokonzerne hauptsächlich der E-Mobilität verschreiben: In Automärkten in und außerhalb von Europa gibt es eine zunehmende Akzeptanz von Plug-in-Hybridfahrzeugen. Für Piontek führt die Vielfalt an Antriebsvarianten, die derzeit vorgehalten werden müssen, um den Markt bedienen zu können, zu „ultimativer Kapitalvernichtung“ bei deutschen und europäischen OEMs. (PF)

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