Rentenpaket II
Abschaffung der Rente mit 63: Heil findet deutliche Worte – und widerspricht führenden Ökonomen
VonAmy Walkerschließen
Die Ampel-Regierung will die gesetzliche Rente mit einem neuen Gesetz stabilisieren. Bei der Präsentation des Gesetzes findet er für Kritiker deutliche Worte: Eine Abschaffung der Frührente werde es nicht geben.
Berlin – Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will das gesetzliche Rentenalter nicht anpacken, das hat er schon mehrfach betont. So auch am Dienstag (5. März) wieder, bei der Vorstellung des Rentenpakets II der Bundesregierung. „Es ist klar, dass Menschen, die 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben und jetzt 64 Jahre alt werden, abschlagsfrei in Rente gehen können. Viel wichtiger, als eine Debatte über die Erhöhung des Rentenalters ist die darüber, dass Menschen länger arbeiten können“, sagte Heil vor Medien. Es gebe viele Menschen, die nicht länger arbeiten können und für die auch das Erreichen der gesetzlichen Rente von 67 schwer sein werde, betonte Heil.
Rente mit 63 wird vor allem von Gutverdienern genutzt
Mit seiner Position stößt der Arbeitsminister aber auf Kritik, insbesondere aus der Wirtschaft. Erst am Wochenende äußerte sich die Wirtschaftsweise Veronika Grimm erneut zu dem Thema: Die Rente mit 63 Jahren sollte zumindest eingeschränkt werden, empfahl die Ökonomin. „Ein frühzeitiger Renteneintritt ohne Abschläge sollte dann möglich sein, wenn es gesundheitliche Gründe gibt.“ Aktuell schaffe die Rente mit 63 für viele einen Anreiz, früher in den Ruhestand zu gehen, ob mit oder ohne Abschläge. „Vor allem Gutverdiener machen davon Gebrauch. Das verschärft den Fachkräftemangel.“
Dass letzteres der Fall ist, ist nicht einfach zu belegen – eine Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln aus dem Jahre 2022 hat aber versucht, anhand der Durchschnittseinkommen der Personen, die in Frührente gehen, genau das zu tun. Das Ergebnis der Untersuchung zeigt, „dass Menschen mit einem mittleren bedarfsgewichteten Haushaltsnettoeinkommen häufiger die abschlagsfreie ‚Rente mit 63‘ in Anspruch nehmen als andere Einkommensgruppen.“ Diejenigen, die höhere Einkommen haben, würden hingegen häufiger Abschläge in Kauf nehmen und so früher in Rente gehen, so die Ökonomen weiter. Niedrigere Einkommensgruppen würden hingegen häufiger „aus ökonomischen Gründen auf einen vorzeitigen Rentenbezug verzichten, selbst wenn dies ohne Inkaufnahme von Abschlägen möglich wäre.“
Auch eine Untersuchung des ifo-Instituts aus dem Jahr 2018 kam zu dem Ergebnis, dass die „Rente mit 63“, „vor allem von Männern, Fachkräften und Personen mit anerkanntem Berufsabschluss in Anspruch genommen wird“.
Personen mit geringem Einkommen brauchen die Rente mit 63 nicht
Es ist also anscheinend nicht zutreffend, wenn Hubertus Heil sagt, dass Personen in Pflegeberufen, auf dem Bau oder anderen körperlich anspruchsvollen Berufen die Möglichkeit der Frührente bräuchten. Aufgrund der niedrigeren Gehälter in diesen Berufen sehen diese sich nämlich offenbar häufiger gezwungen, länger zu arbeiten, als sie müssten. In Fällen, in denen das aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, greift außerdem noch die Erwerbsminderungsrente.
Aus diesem Grund vertreten so viele Rentenexperten mittlerweile öffentlich die Meinung, dass die abschlagsfreie Rente mit 63 abgeschafft oder zumindest angepasst werden müsste.
Dagegen wehrt sich die SPD – allen voran Minister Heil: „Es gibt gar keine Rente mit 63 mehr, das Eintrittsalter für besonders langjährig Versicherte liegt bei über 64 und wird auf 65 Jahre steigen“, sagte er noch zu Jahresbeginn. „Wer 45 Jahre lang gearbeitet hat, hat dann ein Recht darauf, früher abschlagsfrei in Rente zu gehen. Eine Rente mit 70, wie es viele Konservative wollen, wird es mit mir nicht geben“, sagte Heil. Solange er also Arbeitsminister ist, wird es wohl schwer mit der Abschaffung.
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