Es ist nicht BYD

Erster China-Hersteller produziert in Europa – „Reindustrialisierung von Katalonien und Spanien“

  • Patrick Freiwah
    VonPatrick Freiwah
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China-Hersteller Chery besiegelt in Spanien die Produktion neuer Autos. Es handelt sich um ein Novum – und auch Rückschlag für den deutschen Standort.

Barcelona – 2024 will Chinas größter Autoexporteur Chery in Deutschland über niedergelassene Händler erstmals Elektro- und Verbrennerfahrzeuge anbieten. Andernorts in Europa ist der Hersteller aus dem Reich der Mitte weiter: In Spanien wurde jüngst ein Joint-Venture beschlossen, das einer ganzen Region zu einem wirtschaftlichen Aufschwung verhelfen soll.

Denn gemeinsam mit Ebro EV, der Wiedergeburt einer spanischen Marke für Nutzfahrzeuge und Geländewagen, wird Chery ein stillgelegtes Fabrikgelände in der katalanischen Metropole Barcelona zu neuem Leben erwecken.

China-Hersteller lässt stillgelegtes Fabrikgelände in Spanien wieder aufleben

Kürzlich hat der chinesische Hersteller die Zusammenarbeit mit dem katalanischen Unternehmen abgeschlossen: Gemeinsam werden in der „Zona Franca“ von Barcelona die Marken Omoda (Chery) und Ebro produziert. Damit wird nicht etwa BYD, sondern Chery der erste chinesische Autokonzern, der in Europa eine Fabrik zur Fertigung von Autos eröffnet. Die Modernisierung soll Berichten zufolge ein Volumen von 400 Millionen Euro umfassen, verteilt auf öffentlichen und privaten Schultern.

Das spanische Unternehmen Ebro-EV Motors und Chery Automobile aus China werden in einem Joint-Venture gemeinsam Elektroautos entwickeln.

Im Vorlauf fanden mehrere Besuche von Delegationen beider Länder zu dem potenziellen Partnerunternhmen statt. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sieht den Deal zwischen Chery und Ebro-EV Motors als Symbol für die „Reindustrialisierung nicht nur der Region Katalonien, sondern von ganz Spanien“. Die Kooperation bringe neues Leben im Industrie- und Logistikbezirk „Zona Franca“ zurück.

Chery Automobile produziert in Europa – Beginn bereits am Jahresende 2024

Vor wenigen Jahren hatte der japanische Autobauer Nissan auf dem Areal die Produktion eingestellt, was zu diesem Zeitpunkt einen schweren Schlag für Barcelona bedeutete und während der Pandemie tausende Arbeitsplätze kostete. Früher nutzte bereits der spanische Nutzfahrzeughersteller Ebro den Standort, diese Marke soll nun mithilfe des Partners aus der Volksrepublik wieder aufleben. Bei der Zeremonie in Barcelona waren hochrangige Politiker und Wirtschaftsbosse anwesend.

Elektroauto-Markt in China boomt: Zehn Marken, die Sie kennen sollten

Elektrotransporter von Maxus.
Platz 10 – Maxus: Ford, VW und Mercedes aufgepasst. Mit Maxus greifen die chinesischen Hersteller auch bei den Nutzfahrzeugen an. Die Modelle der 2011 gegründete Tochter von SAIC Motors sind unter anderem bei der österreichischen Post und Ikea im Einsatz. Verkauft werden die Transporter über eigene Händler. © GlobalImagens/Imago
Der Aiways U5.
Platz 9 – Aiways: 2017 ging der Hersteller in China an den Start. Schon zwei Jahre später folgte die erste Niederlassung in Europa. Im selben Jahr kam mit dem U5 das erste Auto in China auf den Markt. 2020 folgte Deutschland.  © Aiways
Der Wey Coffee 01
Platz 8 – Wey: Ihr Debüt feierte die Marke 2016 im Rahmen der Guangzhou Auto Show. Ab 2017 wurden die ersten Autos verkauft. In Europa ist Wey seit 2022 vertreten. Mit dem Coffee 01 will die Tochter von Great Wall in Deutschland durchstarten. Mit dem Plug-in-Hybrid Cooffee 02 legen die Chinesen im Herbst nach. Vertrieben werden die Fahrzeuge vom Importeur Emil Frey. © Wey
Lynk & Co 01
Platz 7 – Lynk & Co: Auch hinter diesem Hersteller, der 2016 gegründet wurde, verbirgt sich wieder Geely. Der Plug-in-Hybrid 01 wird dabei vor allem im Abo vertrieben. Das Modell kann aber auch gekauft oder geliehen werden. Entwickelt und entworfen wurde der Lynk & Co in Schweden bei der Konzernschwester Volvo.  © Lynk & Co
Der MG 4 EV.
Platz 6 – MG: Tot gesagte Leben länger. Das gilt auch für die britische Traditionsmarke MG. Allerdings nicht mehr unter der Flagge ihrer Majestät. Nach der Insolvenz erwarb zunächst die Nanjing Automobile Group im Juni 2005 die Markenrechte für 53 Millionen Pfund Sterling (ca. 61 Millionen Euro). Inzwischen gehört der Hersteller zu SAIC Motor. Dort wurde MG mit Roewe in der Abteilung Passenger Vehicle zusammengefasst. Seit Januar 2021 ist MG auch wieder auf dem deutschen Markt vertreten – unter anderem mit dem 4 EV. © MG
Der Xpeng P7.
Platz 5 – Xpeng: Wie viele chinesische Hersteller ist auch Xpeng noch relativ jung. Erst 2014 wurde das Unternehmen gegründet, konnte in den vergangenen Jahren seine Stückzahlen aber immer weiter steigern. In Europa ist Xpeng bisher lediglich in Schweden, Norwegen, Dänemark und den Niederlanden vertreten. Wann der Hersteller nach Deutschland kommt, ist unklar. © Zuma Wire/Imago
Der Zeekr 001.
Platz 4 – Zeekr: Auch wenn der Name so gar nicht chinesisch klingt, stammt der Hersteller dennoch aus dem Reich der Mitte. Der Markenname setzt sich aus Generation Z und dem Begriff Geek zusammen. Hinter dem erst 2021 gegründeten Autobauer steckt Geely. Mit der neuen Tochter möchte man im Premiumsegment Fuß fassen. Zeekr arbeitet zudem mit Waymo an einem vollelektrischen, autonom fahrenden Ride-Hailing-Fahrzeug für die USA. Zusammen mit Mobileeye will man bis 2024 autonomes Fahren in Serie bringen. 2023 soll die Marke in Schweden und den Niederlanden mit den Modellen 001 und X ihren Europa-Start feiern. © Zeekr
Der Ora Funky Cat.
Platz 3 – Ora: Wie Wey gehört auch Ora zu Great Wall Motor. Gegründet wurde die Elektro-Tochter erst im Jahr 2018. Trotz ihrer noch recht jungen Geschichte hat die Marke schon für einen Aufreger gesorgt und eine dreiste Kopie des VW Käfer auf den Markt gebracht. In Europa gibt es das Modell jedoch nicht, dafür aber den Funky Cat. © Ora/GWM
Der NIO ES6 steht auf einer Messe.
Platz 2 – NIO: Der Name des 2014 gergründeten Herstellers ist eine Anspielung auf den Smog über den Großstädten Chinas. Nio,in chinesischen Schriftzeichen „Weilai“, bedeutet übersetzt „Der Himmel wird blau“. Eine Besonderheit der Marke ist die Battery-Swap-Technologie. In fünf Minuten wird der Akku gegen einen neuen ausgetauscht. Sein Europa-Debüt gab Nio 2021 in Norwegen. Seit 2022 sind die Elektroautos auch in Deutschland erhältlich. © VCG/Imago
Der BYD Seal.
Platz 1 – BYD: Unter den chinesischen Autobauern ist Built Your Dreams (BYD) fast schon so was wie der Opa. Seit 1995 gibt es das Unternehmen bereits. Autos spielten am Anfang jedoch noch keine Rolle, stattdessen baute man wiederaufladbare Batterien. Erst 2003 stieg man durch den Kauf der angeschlagenen Xian Qinhuan Automobile in das Automobilgeschäft ein. Inzwischen ist BYD einer größten Automobilproduzenten Chinas und der Welt. In Deutschland sind die Chinesen derzeit mit den Modellen Atto3, Han und Tang vertreten. © VCG/Imago

Viel Zeit für die Modernisierung der Anlage bleibt nicht: Laut Ebro-CEO Pedro Calef soll bereits im vierten Quartal 2024 die Produktion des Chery Omoda 5 beginnen, einer sowohl elektrisch als auch mit Verbrenner erhältlichen Mittelklasse. Für Ende des Jahres sind zudem zwei SUV-Modelle von Ebro angekündigt, die auf der technischen Plattform aus dem Hause Chery basieren. Zuletzt erklärte der Chef der Chery Europe GmbH gegenüber IPPEN.MEDIA, dass es im Hinblick auf Geschwindigkeit und Flexibilität gegenüber traditionellen Autobauern aus Europa und den USA Vorteile gebe.

Chery macht es ähnlich wie Ford: Spanien statt Deutschland

Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) ist die Investition von Chery übrigens keine gute Nachricht für den Standort Saarlouis, noch bis 2025 in den Händen von Ford: Denn der US-Autobauer habe mit den Chinesen über eine Übernahme verhandelt, im Zuge des nahenden Produktionsendes. Doch trotz der Zusage von staatlichen Fördergeldern sei es mit dem Investor zu keiner Einigung gekommen und Tausende Mitarbeiter stehen vor einer ungewissen Zukunft. Auch dort ist Spanien der Nutznießer: Ford verlagert die Produktion von Elektroautos ins spanische Valencia.

Bei dem Joint Venture zwischen Ebro-EV Motors und Chery Automobile sollen etwa 1250 neue Arbeitsplätze entstehen, ab dem Jahr 2029 ist das anvisierte Produktionsziel 150.000 Einheiten pro Jahr, die dann u. a. nach Deutschland ausgeliefert werden. (PF)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Joan Gosa

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