Chery Automobile
Manager erklärt Erfolgsstrategie von China-Autos – „Die waren völlig fassungslos“
VonPatrick Freiwahschließen
Chinesische Hersteller drängen auf den europäischen Automarkt. Mit welcher Erfolgsstrategie? Ein deutscher Manager des größten Autoexporteurs klärt auf.
Raunheim/München - In westlichen Märkten wie Europa und Nordamerika spielen asiatische Autohersteller bei den Kfz-Neuzulassungen längst eine bedeutende Rolle. Waren es früher japanische und koreanische Marken, nehmen nun chinesische Konzerne die hiesigen Märkte ins Visier. Denn im Gegensatz zu anderen Bereichen spielt China im Autosektor in Ländern wie Deutschland (noch) eine sehr kleine Rolle.
Doch das könnte sich ändern: Im Zeitalter der Elektromobilität wandelt sich das Marktumfeld massiv und Anbieter wie BYD oder auch Chery Automobile wollen auch in westlichen Ländern signifikant wachsen, was traditionelle Konzerne wie Volkswagen vor eine riesige Herausforderung stellt.
Chery: Chinesische Autohersteller wesentlich flexibler als Ford und Co.?
Diese Vision zu verwirklichen, ist die Aufgabe des deutschen Managers von Chery, Jochen Tüting: Der gelernte Maschinenbauer verbrachte 13 Jahre beruflich bei Ford, ehe er 2013 zu Chery Automobile wechselte - und nun in der Zentrale im hessischen Raunheim die Fäden der Europa-Expansion zieht. Auch wenn Chery hierzulande noch eher unbekannt ist: Es handelt sich um die globale Nummer eins unter den chinesischen Pkw-Exporteuren.
Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit bei US-Hersteller Ford ist Tüting prädestiniert, einen traditionellen westlichen Konzern mit dem vergleichsweise jungen Unternehmen aus dem Reich der Mitte (gegründet 1997) zu vergleichen. Der 49-Jährige erläutert gegenüber Merkur.de, dass Chery aus seiner Sicht große Vorteile in Sachen Flexibilität habe: „Der größte Unterschied ist wahrscheinlich die Geschwindigkeit, mit der Entscheidungen getroffen werden und auf den Markt reagiert wird.“ Tüting bezieht sich auch auf die Zeitspanne zwischen Produktänderungsentscheidungen bis hin zur Markteinführung.
Chinas Autobauer: Handlungsschnelligkeit als Vorteil im Kampf um Marktanteile
Auch wenn es um die kurzfristige Behebung von Missständen geht, haben Hersteller wie Chery offenbar Vorteile. Der deutsche Manager des chinesischen Autobauers schildert ein Beispiel der jüngeren Vergangenheit:
„Ich war in Spanien zur Produkteinführung. Wir sprachen mit Händlern über ihr Feedback für unsere Vorserienfahrzeuge. Als ich dann nach vier Monaten wieder mit den Händlern gesprochen habe, nahmen diese einen riesigen Unterschied wahr: Die Fahrzeuge anderer Hersteller haben nach zehn Jahren im Grunde immer noch die gleichen Unzulänglichkeiten. In unserem Fall war es so, dass sie zum Marktstart die finale Version der Chery-Modelle bekommen haben und dann wurde festgestellt, dass 90 Prozent der Themen, die sie bemängelt hatten, in nur vier Monaten umgesetzt waren und jetzt in der Serienversion bereits enthalten sind. Die waren völlig fassungslos und das positiv.“
Chery Automobile mit starkem Wachstum: Europa-Manager erklärt Erfolgsstrategie
Woher nimmt Chery diese Vorteile im Hinblick auf Handlungsschnelligkeit? „Unsere Flexibilität ist der Tatsache geschuldet, dass wir (...) vielleicht auch eine andere Reaktionsfähigkeit mit unseren Zulieferern haben, dass sowas extrem schnell umgesetzt werden kann.“ Darüber hinaus gebe es zwischen China und Europa bzw. den USA natürlich kulturelle Unterschiede und eine andere Führungskultur. „Genau dafür wurde ich damals auch mit nach China geholt, um die Internationalisierung der Entwicklungsabteilung mit voranzutreiben“, führt Tüting aus.
Auch das Jahr 2024 hat für Chery gut begonnen: Der Wachstumskurs hält an, am Jahresende soll die Wachstumsrate 10 bis 20 Prozent über dem Branchenniveau liegen. Die Bilanz des vergangenen Jahres verdeutlicht den Höhenflug: 2023 verkaufte die Chery Holding weltweit 1.881.316 Modelle, das bedeutet gegenüber dem Jahr zuvor einen Anstieg von 52,6 Prozent. Mehr als die Hälfte des Absatzes von Chery wurde außerhalb Chinas eingefahren.
In Deutschland vollzieht der chinesische Konzern 2024 die Markteinführung der Konzernmarken Omoda und Jaecoo - und Modellen mit Verbrennermotor. (PF)
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