Neue Zahlen veröffentlicht

Das Wärmepumpen-Desaster: Verkäufe brechen ein, Milliardenschaden befürchtet

  • Amy Walker
    VonAmy Walker
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Wärmepumpen werden als Heizsystem der Zukunft gefeiert. In der EU sollten Millionen Geräte pro Jahr installiert werden. Doch der Markt bricht ein.

Berlin/Brüssel – Die Wärmepumpe gilt als Hoffnungsträger, um den Wärmesektor für die Zukunft klimaneutral zu machen. In Europa müssten Millionen dieser Geräte in den kommenden Jahren in private Wohngebäude eingebaut werden. Als die Energiekrise durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine losging, erlebte die Branche einen Nachfrage-Boom. Es folgten auch politische Entscheidungen, die die Wärmepumpe in den Fokus rückte – so wie in Deutschland das Heizungsgesetz der Ampel-Regierung.

Wärmepumpen-Verkäufe brechen europaweit ein

Um den zukünftigen Bedarf zu decken, haben die Hersteller auch massiv investiert: sieben Milliarden Euro bis 2025 nach Angaben des europäischen Wärmepumpenverbands EHPA. So hat beispielsweise Heizungsbauer Viessmann vor, in Polen ein neues Werk zu bauen, mit einem Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro. Und der deutsche Konkurrent Vaillant hat zwischen 2022 und 2023 seine Wärmepumpenherstellung verdoppelt, auf 150.000 Geräte pro Jahr. Ebenfalls investiert haben Hersteller wie Panasonic und Mitsubishi, Daikin und Bosch.

Diese Milliarden-Investitionen werden jetzt aber gefährdet. Denn damit sich der Ausbau der Produktion auch lohnt, müssen schließlich am Ende die Wärmepumpen auch verkauft werden. Und an der Stelle sieht es aktuell ganz und gar nicht gut aus, wie neue Zahlen des EHPA zeigen. Demnach sind die Wärmpumpenverkäufe in Europa überall eingebrochen – außer in Deutschland.

Wärmepumpen-Verkäufe in Europa brechen 2023 unerwartet ein

Am dramatischsten sieht die Lage in Österreich, Dänemark, Finnland und Italien aus: Dort sind die Verkäufe von Wärmepumpen im drittel Quartal 2023 um zwischen 33 und 66 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. In absoluten Zahlen: Wurden in Finnland Ende 2022 noch 70.000 Wärmepumpen abgesetzt, sind es im Herbst 2023 nur noch 17.000 gewesen. In Italien wurden 2022 mehr als 100.000 Wärmepumpen pro Quartal verkauft und im dritten Quartal 2023 rutschte das auf 68.000 Geräte ab.

Deutschland steht besser da: Wärmepumpen aber hinter Gasheizungen

Interessant ist, dass Deutschland als einziges Land in der Liste keinen Verkaufseinbruch zeigt. Im Vergleich zum Vorjahresquartal wurden im dritten Quartal des Jahres 60 Prozent mehr Geräte verkauft. Das ist zwar ein schwächeres Plus als noch Anfang des Jahres, als die Verkäufe um 120 Prozent zulegten. Doch damit steht Deutschland viel besser da, als man es vermuten würde, wenn man sich nur die nationalen Zahlen ansieht.

So treiben die Wärmpumpenzahlen in Deutschland dem Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) schon seit Wochen Sorgenfalten in die Stirn. Auch sie stellen zwar fest, dass bis September 2023 die Verkäufe um 86 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 295.500 abgesetzte Geräte stieg. Doch aus Sicht des Verbands sind diese positiven Zahlen noch auf Aufträge aus dem Vorjahr und Anfang des Jahres zurückzuführen. Außerdem bleiben Gasheizungen den Wärmepumpen zahlenmäßig überlegen: Bis September wurden davon nämlich 625.000 verkauft.

Strompreise zu teuer, Unsicherheit bei Förderungen

Warum aber kaufen die Menschen plötzlich wieder weniger Wärmepumpen? Nach Ansicht des Wärmepumpenverbands hat der Einbruch auch politische Gründe. So habe es in allen Ländern neue Beschlüsse gegeben, teilweise wurden auch Förderungen gekappt oder verändert, was bei Kunden für Unsicherheit sorgt. Was ebenfalls eine große Rolle spielen dürfte, ist die Stabilisierung der Preise für fossile Energieträger, wie Öl und Gas, während die Strompreise immer noch höher sind.

„Wärmepumpen sind die klimafreundlichste und günstigste Option für Heizen und Kühlen, doch Verbraucher sehen sie immer noch als teuer und als unsichere Investition an“, sagt Thomas Nowak, der Vorsitzende des europäischen Wärmepumpenverbands. „Die Politik muss sich als Ziel setzen, die Strompreise für Verbraucher, Gewerbe und Industrie zu senken. Strom darf nicht das doppelte kosten wie fossiles Erdgas“.

Wärmepumpen werden in ganz Europa weniger nachgefragt, als erwartet.

In Deutschland sieht man insbesondere die Debatte um das Heizungsgesetz als Grund für die rückläufigen Aufträge. „So hat die langwierige und öffentlich geführte Debatte rund um das GEG dafür gesorgt, dass viele Hausbesitzer sich im Jahresverlauf für eine Heizungsmodernisierung entschieden haben, um den Anforderungen des GEG zuvorzukommen. Diese Dynamik schwächt sich jedoch zunehmend ab“, sagt der Verband. „Diese Entwicklung lässt sich auch an den rückläufigen Förderanträgen für Wärmepumpen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ablesen. Diese bewegen sich seit Monaten auf einem sehr niedrigen Niveau.“ Noch dazu kommen die Unsicherheiten zu den Förderungen ab 2024 – noch immer ist nicht klar, ab wann die neue Förderrichtlinie für Wärmepumpen im neuen Jahr starten wird.

Derweil will man sich auf EU-Ebene bald mit einem Aktionsplan Wärmepumpe beschäftigen. Diese sieht vor, bis 2027 mindestens 10 Millionen neue Wärmepumpen in Europa einzubauen. Bis 2030 sollen 30 Millionen mehr Wärmepumpen in Betrieb sein, als noch 2020. Geplant sind mehrere Richtlinien und Gesetze, die die Erreichung dieses ambitionierten Ziels möglich machen sollen. Ein erster Entwurf des Aktionsplans wird im Januar 2024 erwartet.

Rubriklistenbild: © IMAGO/SVEN SIMON

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